»Regierung.« Seine Haut fühlte sich kalt an unter ihren Fingerballen, seine Muskeln waren hart und bebten, ob nun wegen der vergleichsweisen Kälte im großen Raum der Brücke oder aus irgendeinem anderen Grund. »Regierung dieses Systems. Hani?«
»Mahendo‘sat-Station. Auch sie mögen die Kif nicht sonderlich. Niemand tut das, aber man kann sie nicht loswerden. Mahendo‘sat, Kif, Hani, Tc‘a, Stsho, Knnn, Chi… alle treiben hier Handel. Wir mögen uns nicht alle gegenseitig, aber wir kümmern uns um unsere eigenen Angelegenheiten und tauschen Waren und manchmal Informationen aus.«
Schweigend hörte er allem zu, was er von dem verstand, was sie sagte. Wieder meldete sich der Kom mit dem Pfeifen und Wimmern der Knnn.
»Manche von ihnen«, sagte Pyanfar, »sind noch fremdartiger als du. Aber du kennst die Namen nicht, oder? Diese ganze Region des Alls ist dir fremd.«
»Weit, weit von mein Welt«, sagte er.
»Tatsächlich?«
Das trug ihr einen zweifelnden Blick von ihm ein. Er entzog sich ihrer Hand, betrachtete sie und die anderen.
»Wo auch immer sie sein mag«, sagte Pyanfar lässig. Sie wandte sich zu Haral und Hilfy um. »Ich glaube, das dürfte genug sein. Unser Fahrgast ist müde und kann in sein Quartier zurück.«
»Ich wollen mit dir reden«, sagte TuIIy. Er hielt sich am nächststehenden Sessel fest, widerstand jedem Versuch, ihn wegzuführen. »Ich wollen reden.«
»Wirklich?« fragte Pyanfar. Er streckte die Hand nach ihr aus. Sie hielt mühsam still, aber er berührte sie gar nicht, sondern zog die Hand zurück. »Worüber willst du reden?«
Stehend stützte er sich mit beiden Händen auf den Sessel. Seine blassen Augen waren aufmerksam und wild, und welche Emotion sein Gesicht auch immer anzeigte, es legte stets ein hohes Maß von Erregung an den Tag. »Du #### mich. Arbeiten, verstehen. Ich bleiben dieses Schiff, und ich arbeiten wie Besatzung. Alles du wollen. Wohin zu gehen. # geben mir ###.«
»Ah«, sagte sie. »Du bietest an, für deine Passage zu arbeiten.«
»Arbeiten auf dieses Schiff, ja.«
»Verstehe.« Sie hätte lieber auf ihn hinabgeblickt, aber war gezwungen, aufzublicken. »Du machst einen Handel, nicht wahr? Du arbeitest für mich, Außenseiter? Du tust, was ich sage? In Ordnung. Du ruhst dich jetzt aus. Du gehst zurück in deine Kabine und lernst deine Wörter und machst dir darüber Gedanken, wie du mir sagst, was die Kif von dir wollen — denn die Kif wollen dieses Schiff immer noch, verstehst du; sie wollen dich, und sie suchen nach diesem Schiff.«
Er dachte einen Augenblick lang darüber nach. Beinahe schien es, als würde er reden; seine Lippen formten ein Wort und nahmen es wieder zurück, wurden zusammengepresst.
Und etwas schloss sich hinter seinen Augen, als er das tat, eine Ödnis, schlimmer als sie je dort gewesen war. Ein Prickeln lief ihre Wirbelsäule hinab. Diese Kreatur denkt ans Sterben, erkannte sie. Es war der Blick wie von der Wand her und aus der Ecke des Waschraums, nur noch kälter. »Hör zu!« sagte sie in ihrer besten Umgangsart und legte ihm die Hand auf die gebeugte Schulter, grob, aber vorsichtig mit den Krallen. Sie schüttelte ihn. »Tully, du bist noch nicht stark genug, um zu arbeiten. Es reicht, wenn du dich ausruhst. Du bist in Sicherheit, verstehst du? Hani handeln nicht mit Kif.«
Daraufhin gab es ein Aufflackern, einen plötzlichen Bruch in diesem Siegel. Er streckte völlig unerwartet die Hand aus und ergriff ihre andere, und seine stumpfen Finger hielten und erforschten sie gleichzeitig, die pelzige Schwimmhaut, die ihm fehlte, die Ballen an den Fingerspitzen. Ein Druck traf das Zentrum der Hand und die Krallen führen heraus, aber nur ein wenig; sie war vorsichtig, obwohl ihre Ohren sich warnend senkten. Zu ihrer weiteren Beunruhigung legte er ihr die andere Hand auf die Schulter, zog dann beide Hände wieder zurück und sah sich zu Haral und Hilfy um, dann wieder zu ihr. Sie hielt ihn für verrückt. Und dann dachte sie an die Kif und ging davon aus, dass er das Recht auf ein wenig Seltsamkeit hatte. »Ich werde dir etwas sagen«, begann sie, »und zwar umsonst. Die Kif sind dir durch das Treffpunkt-Dock zu meinem Schiff gefolgt. Sie folgten meinem Schiff hierher nach Urtur, und jetzt sitzen wir hier und versuchen nichts anderes, als so ruhig zu sein, dass die Kif uns nicht finden. Versuchen zu entscheiden, wie wir am besten wieder von hier wegkommen. Es gibt einen bestimmten Kif, der den Befehl über ein Schiff namens Hinukku hat. Akukkakk.
»Akukkakk«, wiederholte er und versteifte sich plötzlich. Sein Gesicht wurde noch weißer.
Das Wort erreichte sie, wie bei Namen nicht anders möglich, durch das andere Ohr, durch seine eigene Stimme. Seine Augen waren geweitet.
»Aha. Du weißt Bescheid.«
»Er wollen mich bringen sein Schiff. Großes. Autorität.«
»Sehr groß. Sie haben ein Wort dafür; kennst du es? Hakkikt. Das bedeutet: er jagt, und andere sammeln die Reste auf, die er liegen lässt. Ich habe am Treffpunkt etwas verloren: ein Hani-Schiff und meine gesamte Ladung; und das hat dieser große Hakkikt, dieser große und mächtige Kif angerichtet. Du bist ihm entkommen! Du bist ihm davongelaufen. Also ist es mehr als Profit, worauf er in dieser Sache aus ist. Er will dich, Tully, um Rechnungen zu begleichen. Sein Stolz ist es, der auf dem Spiel steht, sein Ruf. Für einen Kif ist das das Leben selbst. Er wird nicht aufgeben. Weißt du, er hat versucht, dich mir abzukaufen. Gold hat er mir angeboten, viel Gold. Vielleicht hätte er sich sogar an den Handel gehalten und sich nicht mit Piraterie aufgehalten. Er ist dermaßen verzweifelt.«
Tullys Augen schweiften von ihr zu den anderen und wieder zurück. »Du handeln mit ihm?«
»Nein. Ich will etwas für tote Hani und verlorene Fracht. Ich will diesen großen Hakkikt. Verstehst du mich, Tully?«
»Ja«, sagte Tully plötzlich. »Ich wollen auch.«
»Tante«, protestierte Hilfy mit schwacher Stimme.
»Du willst arbeiten«, sagte Pyanfar, ohne sich um die Besorgnis ihrer Nichte zu kümmern.
»Du wirst Gelegenheit dazu bekommen. Aber du wirst warten, Tully, dich ausruhen. Bei Schichtwechsel rufe ich dich wieder. Du wirst mit uns essen. Essen, verstehst du? Aber zuerst wirst du etwas schlafen, hörst du? Du arbeitest auf meinem Schiff, also nimmst du als erstes Befehle entgegen. Befolgst die Anweisungen. Richtig?«
»Ja«, sagte er.
»Dann geh! Haral und Hilfy bringen dich wieder nach unten. Geh!«
Er nickte und überließ sich wieder Haral und Hilfy; keine von beiden blickte zurück, als sie ihn hinausführten. Und er auch nicht. Pyanfar schaute ihnen nach und ertappte sich dabei, wie sie die Hand rieb, die er berührt hatte.
Das Wimmern des Knnn-Liedes verklang wieder. Die Knnn waren Nachbarn der Kif. Das trug Erinnerungen in sich. Dieser Knnn war ungewöhnlich gesprächig. Niemand wusste jemals, was die Knnn dachten oder was ihre Reisen von Stern zu Stern bewirkte.
Sie wandte sich der Kom-Bank zu, schaltete auf Aufzeichnung und ließ den Gesang noch einmal durch den Übersetzer laufen. Er gab ihr auch diesmal nicht mehr Informationen als beim vorherigen Mal. Der Gesang endete, und es blieb nur das Flüstern des Staubes.
Überall im Urtur-System war es sehr still geworden.
Der Übersetzer sendete weiterhin weißes Rauschen, auch Harals Stimme oder Hilfys. Der Außenseiter sagte nichts, während er zu seinem Quartier zurückgebracht wurde. Pyanfar fühlte sich etwas unbehaglich, weil er sich nicht mehr in ihrem Blickfeld befand. Vielleicht war er letztlich doch wahnsinnig. Vielleicht brachte er sich um und ließ ihnen nichts anderes mehr als eine Fehde mit den Kif, als einziges, was sie für den Zusammenstoß vorzuweisen hatten. Bis zu einem gewissen Punkt konnte sie ihn nicht daran hindern, sich zu töten, außer eben Maßnahmen zu ergreifen, die ihn zu dem Entschluss nicht ermutigten.
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