Doch nichts, keine Reaktion.
Um nicht gleich mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, entsenden sie zunächst keine große, sondern eine eher kleine Scheuchmaschine mit ferngesteuerten Schreckschrauben: Sie soll hingehen, dieses Ding da verscheuchen, und dann wird wieder Frieden herrschen. Die Maschine erhebt sich in die Luft, sämtliche Schreckschrauben sind in Alarmbereitschaft, und in ihrem Innern summen die Programme, eines schrecklicher als das andere. Sie nähert sich — hei, wie sie zischt, hei, wie sie faucht! Sie ist so furchteinflößend, daß ihr selbst ein wenig angst und bange wird — doch dieses Ding da zeigt keine Reaktion. Sie versucht es ein zweites Mal, jetzt auf einer anderen Frequenz, doch es will ihr nicht gelingen, denn sie schreckt und scheucht ohne das nötige Selbstbewußtsein.
Die Stahlagmiten sehen, man muß etwas anderes versuchen. Sie sagen: „Laßt uns ein größeres Kaliber nehmen, mit hydraulischem Getriebe, Differential aus härtestem Stahl, Rückkopplungen auf jeder Seite, unbegrenzter Schußweite, damit sie zuschlagen kann, und zwar kräftig. Doch wird sie es auch schaffen? Ruhig Blut, an Bord sind atomare Waffen.“
Und so ließen sie die Maschine starten: in jeder Hinsicht universal, mit doppeltem Differential, vollgepumpt mit Feedback, Laser-Kanonen am Heck, drinnen aber sitzen ein Mechaniker und ein Mechanist, damit sie gut zu steuern ist; doch das ist noch nicht alles, denn um ganz sicher zu gehen, hatten sie am Bug dieses Wunderwerks noch eine ihrer allerschrecklichsten Schreckschrauben montiert. Nun schwebt sie heran, ganz ohne Brummen und Knirschen, denn im hydraulischen Getriebe fehlt kein Tropfen Öl; sie schraubt sich in die Höhe, holt zum allesentscheidenden Schlag aus und beginnt mit dem tödlichen Countdown: „Noch fünf Sekunden, dann schlag ich dir Wunden, vier— drei— zwei, gleich ist's vorbei, noch eine, noch null Sekunden, schon bist du verschwunden!“ Hei, wie es blitzt und donnert! Steinpilze schießen aus dem Boden, sie wachsen schnell und strahlen hell, denn sie sind radioaktiv; das Öl ist ausgelaufen, das Getriebe knirscht; Mechaniker und Mechanist spähen durch die Luke: Haben wir's geschafft? Doch weit gefehlt, nicht einmal einen Kratzer hat das Ding davongetragen!
Die Stahlagmiten hielten Kriegsrat; dann bauten sie einen Mechanismus, der seinerseits einen derartigen Megalomechanismus konstruierte, daß die nächstgelegenen Sterne vor ihm zurückweichen mußten. Und in seiner Mitte befand sich eine Maschine mit öltriefenden Zähnen und Zahnrädern, in deren Inneren wiederum lauerte ein vollautomatisches Schreckgespenst, denn diesmal meinten sie es wirklich ernst.
Der Megalomechanismus nahm alle Kraft zusammen und schlug los. Donnergrollen, eine gewaltige Explosion und ein Pilz, so riesig, daß man einen ganzen Ozean gebraucht hätte, um daraus Suppe zu kochen; Zähne knirschen, es ist dunkel, so dunkel, daß man nicht ausmachen kann, wessen Zähne es sind. Die Stahlagmiten schauen und schauen — nichts, aber auch absolut nichts, nur daß all ihre Maschinen und Mechanismen dort als Schrott herumliegen und keinen Mucks von sich geben.
Jetzt krempelten sie die Ärmel hoch: „Schließlich“, sagten sie, „wir sind Mechaniker und Mechanisten, von ausgesprochen mechanischer Mentalität, und wir haben eine Maschine, einen Traum von einer Maschine, mit Spannfedern und Zahnrädern, und vollkommen in jeder Beziehung, wie könnte ihr dieses eklige Ding standhalten, das da sitzt und sich nicht rührt?“
Diesmal konstruierten sie nicht mehr und nicht weniger als eine Kyberberitze-Haubitze. Diese gigantische Giftpflanze sollte sich unauffällig heranschleichen, so als könne sie kein Wässerchen trüben, zwei drei Wurzeln treiben, in Lauerstellung bleiben, von unten still und leise heranwachsen und zum entscheidenden Schlag ausholen; schon hätte die Not ein Ende. Alles kam so, wie sie es vorgesehen hatten, nur mit dem Ende wollte es nicht klappen, und so blieb alles beim alten.
Sie fielen in Verzweiflung, doch sie wußten nicht einmal, was das ist, weil es ihnen zuvor niemals widerfahren war; sie mobilisierten und analysierten, probierten es mit Netzen, Schlingen, Leimruten und Fangeisen, legten künstliche Sümpfe und wassergefüllte Fallgruben an; vielleicht verstrickt, verfängt und erwürgt es sich, vielleicht versinkt es, vielleicht ertrinkt es — sie versuchen es in diesem und jenem Stil, doch keine Methode führt zum Ziel. Sie zermartern sich das Hirn, doch der rettende Gedanke will nicht kommen. Sie wollen schon alle Hoffnung aufgeben, da erblicken sie plötzlich jemanden am Horizont, er sitzt zu Pferde, doch nein, Pferde haben keine Räder — also offenbar ein Fahrrad, aber ein Fahrrad hat keine Bugspitze, also wohl doch eine Rakete, aber Raketen haben keinen Sattel. Niemand weiß, was für ein Vehikel sich da in rasender Geschwindigkeit nähert, doch jedermann weiß, wer da in untadeliger Haltung im Sattel sitzt, es ist Trurl selbst, der große Konstrukteur, der gerade einen Spaziergang oder eine seiner berühmten Reisen macht; er lächelt heiter, schwebt heran und setzt geschickt zur Landung an — doch selbst als er noch weit entfernt war, spürte man bereits, daß da nicht einfach irgendjemand daherkam.
Er stellt kurze Fragen, vernimmt ihre Klagen und läßt sich Einzelheiten erzählen: „Wir sind die Stahlagmiten, wir haben eine Maschine, einen Traum von einer Maschine, mit Spannfedern und Zahnrädern, und vollkommen in jeder Beziehung; unsere Atome sammelten wir in eine Terrine und bauten daraus die Wundermaschine, und wir fürchteten nichts auf der Welt weder traditionelle Normen noch kühne Reformen, weder helle Nächte noch finstere Mächte, doch dann kam dieses Ding herbeigeflogen, ließ sich dort nieder und rührt sich nicht.“
„Habt ihr versucht, es zu verscheuchen?“ fragte Trurl mit gütigem Lächeln.
„Wir versuchten es mit unserer besten Scheuchmaschine, mit einem vollautomatischen Schreckgespenst und einem Megalomechanismus, alle hydraulisch und von großem Kaliber, sie schossen mit Neutronen, Mesonen und Photonen, doch nichts wollte helfen.“
„Mit Maschinen war also nichts zu machen?“
„Absolut nichts.“
„Hm… interessant. Und was ist dieses Ding nun eigentlich?“
„Das wissen wir nicht. Es war plötzlich da, niemand weiß, was es ist, doch es ist gräßlich, und ganz gleich, unter welchem Blickwinkel man es betrachtet, es wird nur noch gräßlicher. Es flog herbei, ließ sich auf dem höchsten Gipfel nieder, so schwer und massig, daß es nicht zu glauben ist, und nun sitzt es dort und rührt sich nicht. Doch es ist ein Ärgernis und eine wahre Plage.“
„Eigentlich habe ich nicht viel Zeit“, sagte Trurl. „Ich könnte höchstens ein paar Tage hierbleiben, und zwar als euer Berater. Seid ihr damit einverstanden?“
Die Stahlagmiten sind es mit Freuden und fragen sogleich, was sie ihm bringen sollen — Photonen, Schrauben, Hämmer, Kanonen, vielleicht Dynamit oder TNT? Und was wünscht der Gast, Kaffee oder Tee? Beides natürlich aus dem Äutomaten.
„Kaffee wäre nicht schlecht“, sagt Trurl, „aber nicht für mich, sondern für die Sache, um die es geht. Auf all die anderen Dinge können wir wohl verzichten. Wenn man bedenkt, daß weder die besten Scheuchmaschinen noch vollautomatische Schreckschrauben, ja nicht einmal eine Berberitze-Haubitze etwas ausrichten konnten, dann sind andere Methoden angezeigt, archaische und archivalische, legalistische und somit sadistische. Außerdem habe ich noch nie gehört, daß ein gebührenpflichtiges Einschreiben nicht gewirkt hätte.“
„Wie bitte?“ fragen die Stahlagmiten, doch Trurl hält sich nicht mit Erklärungen auf, sondern fährt fort: „Eine ganz einfache Methode, man braucht nur Papier, Tinte, Stempel, Siegel, Siegelwachs, Heftklammern, Streusand, Löschpapier, einen Schalter mit Fenster, einen Teelöffel aus Zink — den Kaffee haben wir schon — und einen Postboten. Und etwas zum Schreiben, habt ihr das?“
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