Die beiden wunderschönen Braunen trabten einige Meter weit den Rodeo Drive hinauf, ehe Mosby antwortete. „Also gut. Gott steh uns bei, wenn Sie den Mund aufmachen! Sie würden das nicht lange überleben. Wir erhöhen den Bonus. Und …“
„Sie werden den Bonus verdoppeln und ihn vor dem Warpen meinem Konto gutbringen. Das ist die Sorte Job, bei der die Leute gern vergeßlich sind wenn alles getan ist.“
„Also — ich tue, was ich kann. Wir werden mit Mr.
Sikmaa essen — und Sie übersehen gefälligst die Tatsache, daß er der persönliche Vertreter des Ersten Bürgers mit dem Interwelt-Rang eines Sonderbotschafters und Ministers zbV ist. Und sitzen Sie gerade und achten Sie auf Ihr Benehmen bei Tisch!“
Vier Tage später benahm ich mich erneut bei Tisch — jetzt aber zur Rechten des Kapitäns der H.S. Forward.
Ich trat als Miß Marjorie Freitag auf und war so unverschämt reich, daß man mich mit Mr. Sikmaas persönlicher Antigrav-Jacht vom Boden in die Stationärstation geschafft und auf kürzestem Wege an Bord der Forward gebracht hatte, ohne daß ich mich mit so plebejischen Dingen wie Paß- und Gesundheitskontrolle abgeben mußte. Das Gepäck war zur gleichen Zeit an Bord gebracht worden — zahllose Koffer voller kostbarer, modischer Kleidung und dem dazugehöri-gen Schmuck. Aber darum kümmerten sich andere.
Ich brauchte mir um nichts Sorgen zu machen.
Drei Tage hatte ich in Florida in einem Institut zugebracht, das sich wie ein Krankenhaus anfühlte, in Wirklichkeit aber (ich wußte es!) ein hervorragend ausgestattetes Labor für genetische Forschung war.
Ich hätte mir auch denken können, um welches Institut es sich handelte, doch ich behielt meine Gedanken für mich, da Mutmaßungen jeder Art nicht zu meiner Aufgabe gehörten. Während des Aufenthalts hatte man mich der gründlichsten Untersuchung unterzogen, die ich je erlebt hatte. Ich wußte nicht, warum man meine Gesundheit in einem Ausmaß überprüfte, wie es bisher nur für Staatsoberhäupter und die Vorsitzenden multinationaler Konzerne reserviert gewesen ist, doch ich vermutete, daß man niemandem, der nicht bei bester Gesundheit war, eine Eizelle anvertrauen wollte, die im Laufe der Jahre zum Ersten Bürger des ungeheuer vermögenden Planeten Sternenreich werden sollte. Es war eine Zeit, den Mund zu halten.
Mr. Sikmaa verzichtete auf die scharfen Töne, die Fawcett und Mosby angeschlagen hatten. Als er sich zu dem Schluß durchgerungen hatte, daß ich der richtige Kurier war, schickte er Mosby nach Hause und kümmerte sich dermaßen großzügig um mich daß ich keinen Grund mehr hatte, meine Forderungen zu erhöhen. Fünfundzwanzig Prozent Taschengeld? Nicht genug, erhöhen wir auf fünfzig Prozent!
Hier ist die Anweisung; nehmen Sie sie — in Gold und in Goldzertifikaten auf Luna City — und wenn Sie mehr brauchen, sagen Sie dem Zahlmeister Bescheid und quittieren Sie dafür, eine Ziehung auf mich.Nein, wir legen unsere Vereinbarung nicht schriftlich fest; um einen solchen Auftrag handelt es sich nicht.
Sagen Sie mir nur, was Sie wollen; Sie sollen es bekommen. Und hier ist ein kleines Buch. Darin steht wer Sie sind, wo Sie zur Schule gegangen sind, und so weiter. In den nächsten drei Tagen haben Sie genug Zeit, sich das alles einzuprägen, und sollten Sie vergessen, das Büchlein zu verbrennen, keine Sorge; die Papierfibern sind imprägniert, und innerhalb von drei Tagen findet die Selbstvernichtung statt — seien Sie also nicht überrascht, wenn die Seiten am vierten Tag gelb und brüchig geworden sind.
Mr. Sikmaa hatte an alles gedacht. Ehe wir Beverly Hills verließen, mußte eine Photographin kommen; sie nahm mich aus mehreren Blickwinkeln auf, lächelnd, mit hohen Absätzen, mit flachen Schuhen barfüßig. Als mein Gepäck in der Forward eintraf paßte jedes Stück vorzüglich, Design und Farben waren auf mich abgestimmt, und in den Sachen standen die Namen aller möglichen berühmten Modehäuser von Paris, Rom, Florenz, Mailand, Bei-Jing und so weiter.
Ich war es nicht gewöhnt, „Haute Couture“ zu tragen und weiß mich nicht so recht darauf einzustellen.
Aber auch dafür hatte Mr. Sikmaa gesorgt. An der Luftschleuse trat mir ein hübsches kleines Orientalenmädchen namens Shizuko entgegen und offenbarte mir, daß sie meine Kammerzofe sei. Da ich mich seit dem fünften Lebensjahr selbst gewaschen und angezogen hatte, sah ich nicht recht ein, wozu eine Zofe nützlich sein sollte, doch dies war eindeutig ein Auftrag, von dem ich mich mitreißen lassen mußte.
Shizuko führte mich zur Kabine BB (die nicht ganzso groß war wie ein Volleyballfeld). Kaum war die Tür hinter uns geschlossen, schien Shizuko der Ansicht zu sein, daß wir kaum noch genug Zeit hatten mich zum Abendessen vorzubereiten.
Da es noch drei Stunden hin waren, kam mir das übertrieben vor. Aber sie gab nicht nach, und ich ließ sie gewähren — ich brauchte keine Zeichnung, um zu erkennen, daß Mr. Sikmaa sie mir als Aufpasserin beigegeben hatte.
Sie badete mich. Während dies im Gange war, gab es ein plötzliches Schwanken in der Grav-Kontrolle — das Schiff warpte in den Hyperraum. Shizuko hielt mich fest und verhinderte eine katastrophale Überschwemmung so geschickt, daß ich gleich wußte, daß sie sich in Warp-Schiffen auskannte. Allerdings schien sie dafür im Grunde noch nicht alt genug zu sein.
Eine volle Stunde lang konzentrierte sie sich auf mein Haar und mein Gesicht. Bisher habe ich mir das Gesicht gewaschen, wenn ich das Bedürfnis dazu verspürte, und mir das Haar gerichtet, indem ich es mehr oder weniger energisch aus dem Weg kämmte.
Nun wurde mir klargemacht, was für eine graue Maus ich gewesen war. Während Shizuko mich zur Göttin von Liebe und Schönheit umgestaltete, klingelte das winzige Terminal der Kabine. Auf dem Schirm erschienen Buchstaben, während sich dieselbe Nachricht wie eine frech herausgestreckte Zunge aus dem Printout schob.
Der Kapitän des HyperSpace-Schiffs FORWARD würde es als Ehre empfinden Miß Marjorie Freitagauf Sherry und gute Laune um neunzehnhundert Uhr im Salon des Kapitäns begrüßen zu können Bitte nur bei Absage Nachricht geben Ich war überrascht. Shizuko dagegen nicht. Sie hatte bereits ein „Cocktail“-Kleid herausgehängt und durchgesehen. Es bedeckte mich von Kopf bis Fuß, trotzdem bin ich nie zuvor so unanständig bekleidet gewesen.
Shizuko ließ es nicht zu, daß ich pünktlich kam. Sie führte mich genau um neunzehn-null-sieben zum Salon des Kapitäns, wo ich mich dem Herrn unseres Schiffes präsentierte. Die Ober-Stewardeß kannte natürlich meinen (derzeitigen) Namen, und der Kapitän beugte sich über meine Hand. Kein Zweifel — in einem Raumschiff als VIP zu reisen, ist entschieden besser als den Schiffspolizisten zu spielen.
„Sherry“ — dazu gehörten Highballs, Cocktails, der Schwarze Tod von Island, Frühlingsregen aus dem Sternenreich (ein gefährliches Getränk — lassen Sie die Finger davon!), dänisches Bier, irgendein rosa Zeug von Fiddler’s Green und sicher auch Pantherschweiß wenn man danach fragen würde. Ferner zählte ich einunddreißig verschiedene Sorten leckerer Happen die man mit den Fingern zum Mund führen mußte.
Ich machte Mr. Sikmaa keine Schande; ich beschränkte mich auf ein kleines Glas Sherry und lehnte auch immer wieder standhaft ab, wenn mir die einunddreißig Versuchungen angeboten wurden.
Und nur gut so. In diesem Schiff werden die Haferbeutel achtmal am Tag umgehängt (wieder zählteich genau nach): Kaffee am frühen Morgen (Café
Complet, mit Backwaren), Frühstück, eine Vormittagserfrischung, Lunch, Nachmittagstee mit belegten Broten und frischen Backleckereien, dann die Hors D’Œuvres zur Cocktailstunde (eben jene einunddreißig leckeren Fallstricke), schließlich das Abendessen (sieben Gänge, wenn man es bis zum Schluß durchhält) und ein Mitternachtsbuffet. Aber sollte man sich auch zwischen diesen Ereignissen irgendwie hungrig fühlen, kann man stets belegte Brote oder andere Appetithappen kommen lassen.
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