Das wiederum führte zur Passagierliste der SBR, mit der Sie von Auckland nach Winnipeg flogen. Dort verloren wir Sie für kurze Zeit, bis mein dortiger Agent feststellte, daß Sie den Hafen in der Begleitung des Captain der SBR verlassen hatten. Als wir mit ihm sprachen — Captain Tormey —, zeigte er sich hilfsbereit, aber Sie waren bereits abgereist. Es freut mich, Ihnen mitteilen zu können, daß wir Captain Tormey diesen Gefallen zurückzahlen konnten. Interne Informationen versetzten uns in die Lage, ihm Bescheid zu geben, daß er und seine Frau in Kürze durch die örtliche Polizei verhaftet werden sollten.“
„Um Himmels willen! Weshalb denn?“
„Nach außen hin geht es um die Beschuldigung einen feindlichen Ausländer bei sich aufgenommen zu haben. Außerdem sollen die beiden während des amtlichen Notstands eine unregistrierte Bürgerin des Imperiums bei sich beherbergt haben. Im Grund interessiert sich das Revier Winnipeg der Ortspolizei aber nicht für Sie oder Dr. Perreault; das ist nur ein Vorwand, um die Tormeys festzusetzen. Man fahndet nach ihnen wegen einer weitaus schlimmeren Sache die aber noch nicht offiziell zur Anklage reif ist. Ein gewisser Lieutenant Melvin Dickey wird vermißt.
Das letzte war seine mündliche Äußerung im PolizeiHQ er wolle jetzt Tormeys Haus aufsuchen, um Dr.
Perreault abzuholen. Man vermutet ein Verbrechen.“
„Aber das ist doch kein Beweis gegen Jan und Ian!
Das sind die Tormeys.“
„Richtig. Deshalb will die Provinzpolizei die beiden ja auch wegen der unwichtigeren Beschuldigung festnehmen. Das ist noch nicht alles. Lieutenant Dikkeys AAF stürzte in der Nähe von Fargo im Imperium ab. Niemand saß darin. Die Polizei legt großen Wert darauf, das Wrack auf Fingerabdrücke zu untersuchen. Möglicherweise sind die Beamten in diesem Augenblick schon dabei da den Nachrichten zufolge die gemeinsame Grenze zwischen dem ChicagoImperium und Britisch-Kanada vor etwa einer Stunde wieder geöffnet wurde.“
„Oh, mein Gott!“
„Beherrschen Sie sich! An den Kontrollen des AAF befanden sich tatsächlich Fingerabdrücke, die nicht Lieutenant Dickey gehörten. Sie entsprachen Captain Tormeys Abdrücken, wie sie im Archiv von ANZACSkyways enthalten waren. Bitte beachten Sie, daß ich in der Vergangenheitsform gesprochen habe; die Abdrücke waren dort, sie sind dort aber nicht mehr auszumachen. Freitag, obwohl ich es für geraten hielt unser Aktionszentrum aus dem Imperium zu nehmen, bin ich dort nach den vielen Jahren meiner Tätigkeit nicht ohne Kontakte. Und nicht ohne Agenten.
Es gibt viele Leute, die mir einen Gefallen schuldig sind. Jetzt befinden sich keine Abdrücke in dem Wrack, die auf Captain Tormey hindeuten, sondern Abdrücke vieler anderer lebender und toter Verursacher.“
„Chef, dürfte ich Ihnen die Füße küssen?“
„Halten Sie sich zurück. Ich habe dies nicht getan um die Britisch-Kanadische Polizei zu ärgern. Mein Einsatzagent in Winnipeg verfügt nicht nur über unsere normale Ausbildung sondern ist darüber hinaus klinisch geschulter Psychologe. Seiner fachlichen Meinung nach sind sowohl Captain Tormey als auch seine Frau in der Lage, in Notwehr zu töten, doch müßte schon eine schlimme Notlage eingetreten sein um sie dazu zu bringen, einen Polizisten zu beseitigen. Dr. Perreault scheint mir nach seiner Einschätzung noch weniger geneigt, gewaltsame Lösungen anzustreben.“
„Ich habe ihn umgebracht.“
„Das hatte ich schon vermutet. Andere Erklärungen paßten nicht zu den vorhandenen Daten. Möchten Sie darüber sprechen? Geht es mich irgend etwas an?“
„Hmm, ich glaube nicht. Außer daß Sie die Sache an sich zogen, als Sie die belastenden Fingerabdrücke verschwinden ließen. Ich brachte den Mann um, weiler Janet, Janet Tormey, mit der Waffe bedrohte. Natürlich hätte ich ihn lediglich entwaffnen können; ich hätte Zeit gehabt, den Schlag abzuschwächen. Aber ich wollte ihn töten und tat es.“
„Ich wäre sehr enttäuscht, wenn Sie sich jemals damit begnügten, einen Polizisten zu verwunden. Ein verwundeter Polizist ist gefährlicher als ein angeschossener Löwe. Ich hatte die Vorgänge in etwa so rekonstruiert, außer daß ich annahm, Sie wollten Dr.
Perreault schützen — da Sie ihn für einen annehmbaren Ersatz-Mann zu halten schienen.“
„Das ist er durchaus. Durchgedreht bin ich aber beim Anblick des verrückten Idioten, der Janets Leben in Gefahr brachte. Chef, bis zu dem Augenblick wußte ich nicht, daß ich Janet liebte. Ich hatte keine Ahnung, daß ich überhaupt so intensiv für eine Frau empfinden konnte. Sie wissen mehr über meinen Entwurf, das haben Sie jedenfalls angedeutet. Ist mein Drüsensystem durcheinander?“
„Ich weiß so einiges über Ihren Entwurf, werde aber auf keinen Fall mit Ihnen darüber sprechen; das sind Informationen, die Sie nicht zu besitzen brauchen. Ihr Hormonsystem ist nicht mehr durcheinander als bei jedem gesunden Menschen — insbesondere haben Sie kein überflüssiges Y-Chromosom. Alle normalen Menschen sind da mehr aus dem Gleichgewicht mit ihren Drüsen. Die Rasse ist in zwei Hälften gespalten: in die, die es wissen, und in die, die keine Ahnung haben. Hören Sie mit dem dummen Gerede auf; das steht einem Genie nicht!“
„Oh, jetzt bin ich also auch noch ein Genie. Na ganz toll, Chef!“
„Kommen Sie mir nicht so! Sie sind ein Supergenie,haben Ihre volle Leistungsfähigkeit aber bei weitem noch nicht erkannt. Genies und Supergenies schaffen sich im Hinblick auf den Sex wie auf alles andere ihre eigenen Regeln; sie richten sich nicht nach der Hackordnung der ihnen Unterlegenen. Kehren wir zum Thema zurück! Ist es denkbar, daß der Tote gefunden wird?“
„Ich würde hoch dagegen wetten.“
„Hat es Sinn, mit mir darüber zu sprechen?“
„Hm, ich glaube nicht.“
„Dann muß ich das auch nicht wissen und werde davon ausgehen, daß die Tormeys unbedenklich nach Hause zurückkehren können, sobald die Polizei zu dem Schluß kommt, daß sie die Tat nicht nachweisen kann. Zwar ist dazu die Leiche nicht erforderlich doch ist dann die Anklage viel schwerer auf eine sichere Grundlage zu stellen. Würden die Tormeys verhaftet, könnte ein guter Anwalt sie in fünf Minuten wieder herausholen — und ich kann Ihnen versichern, daß Sie einen sehr guten Anwalt haben würden. Sie werden sich außerdem freuen zu erfahren daß Sie den beiden bei der Flucht außer Landes geholfen haben.“
„Ach, wirklich?“
„Sie und Dr. Perreault. Indem Sie Britisch-Kanada als Captain Tormey und Frau verlassen haben, indem sie die Kreditkarten der beiden benutzten und auf ihren Namen Anträge auf Touristenvisas stellten. Sie beide hinterließen eine Spur, die ›beweist‹, daß die Tormeys unmittelbar nach Lieutenant Dickeys Verschwinden aus dem Land flohen. Das klappte so gut daß die Polizei mehrere Tage damit verschwendete die Verdächtigen in der Kalifornischen Konföderationaufzuspüren — ihren Mangel an Erfolg schrieb sie natürlich der Unfähigkeit der konföderierten Kollegen zu. Es überrascht mich allerdings ein wenig, daß die Tormeys nicht bei sich zu Hause verhaftet wurden, da mein Agent keine große Mühe hatte, dort mit ihnen zu sprechen.“
(Mich überrascht es nicht. Wenn ein Bulle erscheint — husch! Hinab ins Loch! Stellt es sich heraus, daß da kein Bulle geklingelt hat und daß der Mann sich Ian gegenüber als einwandfrei ausweisen kann …) „Chef, hat Ihr Winnipeg-Agent meinen Namen genannt? ›Marjorie Baldwin‹, meine ich.“
„Ja. Ohne diesen Namen und ein Bild von Ihnen hätte Mrs. Tormey ihn auf keinen Fall hereingelassen.
Ohne die Tormeys hätten mir wichtige Daten gefehlt die mir halfen, Sie auf Ihrem ziemlich gewundenen Weg aufzuspüren. Wir halfen uns gegenseitig. Die Tormeys halfen Ihnen bei der Flucht; ich verhalf ihnen zur Flucht, nachdem ich — mein Agent vor Ort — ihnen mitgeteilt hatte, daß die Polizei aktiv nach ihnen fahndete. Ein schönes Ende.“
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