Wir wissen jetzt, wie groß die Vielfalt der Welten in unserer Galaxis ist. Es gibt blaue, gelbe, grüne, weiße, rote, orangefarbene Sterne, sie alle sind Wasserstoff-Helium-Sterne, nur nach den verschiedenen Zusammensetzungen ihrer Oberfläche und ihres Kerns werden sie Kohlenstoff-, Zyan-, Titan-, Zirkoniumsterne genannt, mit verschiedenem Strahlungscharakter, mit hohen und niedrigen Temperaturen, mit verschiedener Zusammensetzung ihrer Atmosphären und Kerne. Wir kennen sehr unterschiedliche große Planeten, die sich in ihrer Dichte, in der Zusammensetzung und Dichte ihrer Atmosphäre und Hydrosphäre, in der Entfernung von ihrer Sonne und in ihren Rotationsbedingungen stark voneinander unterscheiden. Unser Planet stellt einen selten günstigen Nährboden für pflanzliches und tierisches Leben dar, reich an Biomasse und an ununterbrochenen mannigfaltigen Veränderungen, denn seine Oberfläche ist zu siebzig Prozent von Wasser bedeckt, und durch seine verhältnismäßig geringe Entfernung zur Sonne wird er mit einem gewaltigen Energiestrom versorgt.
Deshalb hat sich das Leben bei uns schneller entwickelt als auf anderen Planeten, wo es durch Mangel an Wasser oder Sonnenenergie in seiner Entfaltung gehemmt war. Und auch schneller als auf Planeten, auf denen zuviel Wasser vorhanden ist. In Sendungen über den Großen Ring konnten wir die Entwicklung des Lebens auf stark überfluteten Planeten beobachten, eines Lebens, das sich verzweifelt an den Stengeln der Wasserpflanzen emporwand.
Auch unser wasserreicher Planet besitzt verhältnismäßig wenig Festland, auf dem mit Hilfe von Nutzpflanzen für Ernährungszwecke oder einfach durch thermoelektrische Anlagen Sonnenenergie aufgefangen werden kann.
In den ältesten Perioden der Erdgeschichte entwickelte sich das Leben in den Sumpfgebieten der flachen Kontinente des Paläozoikums langsamer als auf den hohen Festlandflächen des Känozoikums, wo der Kampf nicht nur um Nahrung, sondern auch um Wasser ging.
Wir wissen, daß für die üppige Entfaltung des Lebens ein bestimmtes Verhältnis zwischen Wasser und Land notwendig ist. Unser Planet kommt diesem optimalen Koeffizienten nahe. Es gibt wenige solcher Planeten im Kosmos, und jeder ist als Siedlungs- und Entwicklungsgebiet für die Menschheit von unschätzbarem Wert.
Schon längst fürchtet die Menschheit nicht mehr eine Übervölkerung, das einstige Schreckgespenst unserer fernen Vorfahren. Dennoch streben wir unaufhaltsam in den Kosmos, um das Siedlungsgebiet der Menschen immer weiter auszudehnen. Auch das ist Vorwärtsbewegung, ist ein unausweichliches Entwicklungsgesetz. Es war sehr schwierig, neue Planeten zu erschließen, denn sie unterschieden sich in ihren physikalischen Bedingungen weitgehend von der Erde. So befaßte man sich bereits vor langer Zeit mit dem Projekt, Menschen auf speziell gebauten gigantischen Stationen ähnlich den künstlichen Satelliten im Kosmos anzusiedeln. Wie Sie wissen, entstand solch eine Weltrauminsel kurz vor der Epoche des Großen Rings — ich spreche vom ›Nadir‹, der achtzehn Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist. Dort leben noch heute einige Menschen. Doch der Mißerfolg dieser künstlichen Raumstationen, die die Entfaltung des menschlichen Lebens hemmten, war so offensichtlich, daß man sich über unsere Vorfahren nur wundern kann, ungeachtet der Kühnheit ihrer Idee.
Die Zwillingsplaneten des grünen Zirkoniumsterns sind unserem Planetentyp sehr ähnlich. Sie sind für die zartgliedrigen Bewohner des Planeten ZR 5 19, die Entdecker, kaum geeignet, deshalb gaben sie unverzüglich diese Informationen an uns weiter, wie auch wir ihnen sofort unsere Entdeckungen mitteilen.
Der grüne Stern befindet sich so weit entfernt von uns, wie bisher noch keines unserer Sternschiffe geflogen ist. Wenn wir seine Planeten erreichen, sind wir weit in den Kosmos vorgedrungen. Nicht die kleine Welt eines künstlichen Satelliten haben wir erschlossen, sondern eine starke Basis auf großen Planeten, die Raum genug für ein angenehmes Leben und eine starke Technik bieten.
Deshalb habe ich Ihre Aufmerksamkeit so lange für die Planeten des grünen Sterns in Anspruch genommen — ich halte es für außerordentlich wichtig, sie zu erforschen. Die Entfernung von siebzig Lichtjahren kann heutzutage ein Sternschiff vom Typ ›Lebed‹ ohne weiteres zurücklegen. Des halb sollten wir die achtunddreißigste Sternenexpedition vielleicht zum Achernar schicken!“
Grom Orm betätigte einen kleinen Hebel am Rednerpult und kehrte an seinen Platz zurück.
Dort, wo eben noch der Ratsvorsitzende gestanden hatte, tauchte ein kleiner Bildschirm aus der Versenkung auf, und die Zuschauer sahen die kräftige Gestalt Dar Weters. Der ehemalige Leiter der Außenstationen lächelte, lautlos begrüßten ihn die vielen grünen Lämpchen.
„Dar Weter befindet sich gegenwärtig in der radioaktiven Wüste von Arizona; von dort aus werden die Raketenserien für den Bau des neuen Satelliten 750000 Kilometer hochgeschossen“, erklärte Grom Orm. „Er möchte Ihnen seine Meinung als Ratsmitglied darlegen.“
„Ich schlage die einfachste Lösung vor“, begann Dar Weter mit fröhlicher Stimme, „nicht eine, sondern drei Expeditionen zu entsenden!“
Die Mitglieder des Rates und die übrigen Versammelten waren starr vor Überraschung.
„Der ursprüngliche Plan, zwei Sternschiffe als achtunddreißigste Expedition zu dem dreifachen Stern JE 7725 zu entsenden…“
Mwen Mass stellte sich diesen Dreierstern vor, dessen alte Bezeichnung Omikron 2 Eridani war. Dieses mindestens fünf Parsek von der Sonne entfernte Sternsystem, bestehend aus einem gelben, einem blauen und einem roten Stern, besaß zwei völlig unbewohnte Planeten. Doch das Interesse der Forschung galt nicht ihnen. Der blaue Stern in diesem System, ein weißer Zwerg, hatte zwar die Ausmaße eines großen Planeten, seine Masse aber war nur etwa halb so groß wie die der Sonne. Das mittlere spezifische Gewicht der Materie dieses Sterns betrug das Zweitausendfünfhundertfache der Dichte des schwersten irdischen Metalls, des Iridiums. Die Erforschung seiner Gravitation, seiner elektromagnetischen Felder und der Entstehungsprozesse schwerer chemischer Elemente aus möglichst geringer Entfernung war von großem Interesse, um so mehr, als die zehnte Sternenexpedition zum Sirius zugrunde gegangen war. Noch kurz vor ihrem Untergang hatte sie vor der Gefahr warnen können. Der unweit der Sonne gelegene blaue Doppelstern Sirius verfügte gleichfalls über einen weißen Zwerg mit niedrigerer Temperatur und größeren Ausmaßen als Omikron Eridani sowie einer fünfundzwanzigtausendmal größeren Dichte als Wasser. Es hatte sich jedoch als unmöglich erwiesen, diesen nahe gelegenen Stern zu erreichen, denn rings um ihn kreuzten ausgedehnte Meteoritenströme die Flugbahn. Damals, vor dreihundertundfünfzehn Jahren, hatte man schon einmal eine Expedition nach Omikron 2 Eridani erwogen.
„… ist jetzt“ — Dar Weter hatte inzwischen weitergesprochen — „nach dem Versuch von Mwen Mass und Ren Boos von so eminenter Bedeutung, daß wir ihn nicht aufgeben können. Andererseits könnte uns die Erforschung des fremden Sternschiffes, das von der siebenunddreißigsten Expedition gefunden wurde, zu Erkenntnissen verhelfen, welche die Entdeckung der ersten Untersuchung weit übertreffen. Wir sollten uns über die früheren Sicherheitsregeln hinwegsetzen und es wagen, die Sternschiffe aufzuteilen. Die ›Aella‹ wird zum Omikron 2 Eridani geschickt und die ›Tintaschel‹ zum T-Stern. Beide sind Sternschiffe erster Klasse, wie die ›Tantra‹, die allein mit ungeheuren Schwierigkeiten fertig wurde…“
„Romantik!“ rief Pur Hiss laut und verächtlich dazwischen, duckte sich aber sofort, als er die allgemeine Mißbilligung bemerkte.
„Ja, natürlich, wirkliche Romantik!“ gab Dar Weter belustigt zurück. „Romantik ist notwendig in einer wohlgeordneten Gesellschaft. Bei einem Überschuß an physischen und psychischen Kräften entsteht im Menschen schneller der Drang nach Neuem, nach Veränderungen. Daraus resultiert eine besondere Einstellung zu den Erscheinungen des Lebens — das Bestreben, mehr als nur die gleichmäßige Alltäglichkeit zu fordern, vom Leben ein höheres Maß an Prüfungen und Eindrücken zu erwarten.“
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