MELISSA
Nur ein klein wenig.
Margaret
Sind Sie hier aus der Gegend, Melissa?
MELISSA
Ich stamme eigentlich aus Dallas.
Margaret
Ich hab eine Schwester in Dallas. Das ist ja inzwischen eine richtig große Stadt geworden.
Melissa Ja, allerdings.
Margaret
(weiß nichts Rechtes zu sagen)
Ja, ja das ist wahr.
Die Situation droht peinlich zu werden. Da kommt Jim herbei, legt den Arm um Melissa und führt sie zum Tisch.
Jim
Kommen Sie, meine Liebe, wir gehen mal besser rüber. Sonst putzen uns die Jungs zuvor noch das Tischtuch weg.
Melissa quetscht sich an eine Ecke des Tischs. Man reicht ihr zu essen, aber noch immer reden alle pausenlos. Rick türmt ihr einen Teller voll.
Rick
Besser, Sie halten sich tüchtig ran. In dem Geschäft weiß man nie, wann man wieder mal was zu futtern kriegt.
Larry
Damit man groß und stark bleibt.
Melissa greift sich eine Gabel, zögert aber doch. Das alles ist nicht ihr Stil. Sie sieht kurz über den Tisch hinüber zu Bill. Er ist beim Essen, aber schweigsam. Timmy sieht, wie Melissa zögert.
TIMMY
Hier, Sie brauchen Soße dazu.
Er gießt ihr einen vollen Schöpflöffel braune Soße auf den Teller. Rick Margarets braune Soße ist berühmt.
Larry
Macht doch das Essen erst komplett.
Timmy
Ja, und wir haben sie schon seit ... - Sag, Jim, wann war hier der letzte Twister?
Bill
’92.
Jim
Genau, Bill, richtig, ’92 ... Das war das Jahr, in dem du und
Jo-
Margaret rempelt Jim an. Melissa schneidet wütend an ihrem Fleisch herum.
Dusty
Sagen Sie, Jim, haben Sie je herausgefunden, wem das Bein gehört hat?
Timmy
(erklärt es Melissa)
Bei dem Tornado damals flog ein Bein von jemandem auf Jims Dach.
Melissa sieht zum Dach des Hauses hinauf.
Jim
War ganz schön kompliziert, es da runterzuholen.
Die Jungs haben mir geholfen.
Jo
(mit vollem Mund)
Hatte auch einen schönen Schlangenlederstiefel an.
RICK
Schon irre, wenn man sich das so vorstellt. Liegt ein ganzes
Bein einfach so auf dem Dach.
Melissa ist entsetzt. Alle essen weiter, während sie reden, und reden weiter, während sie essen.
Sie schneidet langsam weiter an ihrem Steak herum.
Dusty
Was haben Sie denn schließlich mit dem gemacht, Jim, mit dem Bein?
Jim
Ins Gefrierfach gelegt. Margaret war ziemlich sauer deswegen.
MARGARET
(nickt dazu, während sie weiter Essen austeilt)
Das kannst du laut sagen.
Jim
Aber ich dachte mir, irgendwer wird ja wohl kommen und es holen wollen. Konnte natürlich auch von Tulsa herübergeweht sein. Hunderte von Meilen vielleicht.
TIMMY
So wie der Vogelkäfig.
Jim
Ja.
(zu Melissa)
Mein Bruder in Shawnee, wissen Sie, findet einen Vogelkäfig in seinem Feld. Noch mit dem Vogel drin, der kreischt wie verrückt. Und der Käfig hat noch einen Aufkleber dran von einem Tiergeschäft in Norman, das ist achtzig Meilen weg. Mein Bruder hat da angerufen, und bald kam auch wer und hat ihn abgeholt. War auch noch irgendein ganz teurer exotischer Vogel. Die waren vermutlich ganz schön froh, daß sie ihn wiederhatten.
Timmy
Und das Bein, was war mit dem? Haben Sie es noch immer?
Jim
Na ja, keiner ist jemals gekommen. Da haben wir es dann irgendwann beerdigt.
Margaret
Ich brauchte das Gefrierfach für meine Steaks.
Melissa, die eben in ein Stück ihres Steaks beißen will, hält inne.
Jim
Da drüben bei dem Petunienbeet haben wir es eingegraben. Die wachsen jetzt besonders schön.
Donner rollt. Bill steht vom Tisch auf und betrachtet sich den Himmel.
Margaret
Macht mich immer nervös, wenn er so grummelt.
Der Himmel
Wolken rollen dahin, Goldstreifen blitzen zwischen ihnen in der hereinbrechenden Dämmerung auf.
Bill starrt den Himmel an nachdenklich
Wieder hinter dem haus/später
Es ist inzwischen dunkel, sie haben fertig gegessen, auf dem Tisch stehen Laternen zur Beleuchtung, während alle, sich immer noch lebhaft unterhaltend, zum Haus gehen, in dem die Lichter an sind. Melissa ist mit Timmy noch draußen beim Abräumen.
Jimmy
Und diese ... Fortpflanzungsprobleme ..., mit denen Sie da in Ihrer Praxis zu tun haben ... liegt das im allgemeinen immer am Mann?
Melissa blickt an Timmy vorbei zum Haus. Durch das Küchenfenster sieht sie Jo und Bill an der Spüle, wie sie gemeinsam Geschirr spülen. Es passiert nichts weiter, aber sie sind beieinander und arbeiten selbstverständlich und reibungslos zusammen.
MELISSA
(zerstreut)
Nein, da gibt es verschiedene Ursachen ...
TIMMY
Weil ich nämlich gelesen habe, daß schütteres Haar ein Zeichen von Männlichkeit ist.
MELISSA
(hört gar nicht richtig zu)
Was ist es?
TIMMY
Na, schütteres Haar, dünnes. Das ist ein Zeichen von, Sie wissen schon ... Männlichkeit ...
MELISSA
Ja, ja, da gibt es Studien, daß kahlköpfige Männer hohe Testosteronwerte haben. Ja, ja ...
Während sie spricht, greift sie sich einige Teller, um sie hineinzubringen - als Vorwand, um hineinzugehen.
MARGARET
Kommen Sie, lassen Sie mich das machen.
MELISSA
Es macht keine Umstände.
MARGARET
Aber kommt nicht in Frage! Gäste arbeiten bei uns nicht.
Melissa blickt weiterhin zum Küchenfenster, hinter dem Bill arbeitet.
Innen/Küche/Abend Margaret kommt herein.
Margaret
Bill, ich muß dich jetzt wieder rausschmeißen. Ich hab dich immer gerne ein paar Stunden hier, aber wir wissen doch beide, wo du auch bist, gibt’s früher oder später Sturm.
Bill
Die nächste Zeit nicht, Margaret. Die Luft ist zu trocken.
Margaret
Sagst du. Ich aber will dich raus haben,
Jo
Wir müssen sowieso die Packs richten. Und die Fahrzeuge müssen auch nachgesehen werden. Ist die Tankstelle von Henderson immer noch die ganze Nacht auf, Mam?
Margaret Denke schon.
Aussen/Vor dem Haus/Nacht
Alle verabschieden sich, Umarmungen, steigen in die Fahrzeuge ein. Margaret gibt Rick ein großes, in Alufolie verpacktes Paket mit.
RICK
Oh, danke, ein kleiner Imbiß später wird mir guttun.
Der erste Motor wird angelassen. Melissa auf dem Rücksitz mit Bill, sie winkt Jos Eltern. Jo umarmt ihre Mutter, Abschiedskuß. Die Mutter flüstert ihr ins Ohr:
Margaret
Sei klug, mein Kleines.
Jo
Paß gut auf dich auf, Mam.
Wagen fährt fort. Jo läuft zu Dustys Fahrzeug, winkt zum Abschied, alle fahren ab.
Aussen/Tankstelle/nacht
Die Tankstelle wie zuvor schon, aus den 50er Jahren, mit einem MOBILOIL-LOGO (DAS FLIEGENDE PFERD) und einem Motel daneben -eine Reihe kleiner Holzhütten. Ein summendes Neonschild »FREE TV IN EVERY ROOM«.
In einiger Entfernung das Drive-in-Kino mit nur ein paar Besucherwagen, die Leinwand riesig und blau.
Die Fahrzeuge des Teams stehen um die ganze Tankstelle herum. Die Werkstattür ist offen und die Abschmierstation grell erleuchtet.
Innen/Werkstätte/Nacht
Auf der Rampe steht der Kombi. Ein MECHANIKER, Ende 20, hilft Tim in der Grube bei der Arbeit. Bill macht sich an einer Werkbank zu schaffen, Jo holt Schachteln aus dem Fond der Limousine.
Von der Straße Hupen. Jo dreht sich um und sieht hinaus.
Jonas und sein Team sausen in schneller Fahrt und laut hupend vorbei und verschwinden wieder in der Nacht. Jonas winkt freundlich heraus.
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