Clemens Setz - Die Frequenzen

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Walter und Alexander waren Freunde, als sie noch Kinder waren — nun kreuzen sich ihre Wege wieder
Dies ist die Geschichte von Walter, dem Sohn eines Architekten mit Einfluss. Er will Schauspieler werden — oder will es nur sein Vater? Walter bekommt seine Chance, als ihn Valerie, eine Psychotherapeutin, die bessere Tage gesehen hat, engagiert, um in Gruppensitzungen fiktive Patientenrollen zu spielen. Doch er geht zu sehr in seiner Rolle auf.
Dies ist die Gechichte von Alexander. Er ist Altenpfleger, ein junger Mann mit ausufernder Phantasie, die sich im Schatten einer einsamen Kindheit entwickelt hat. Alexander kündigt seinen Job, und er will seine Freundin loswerden, um mit Valerie zusammenzuleben. Doch die wird eines Tages brutal zusammengeschlagen…
Nach "Söhne und Planeten", seinem Debüt, das ihm einhelliges Lob der Kritik einbrachte, legt Clemens J. Setz ein Werk vor, das alle Erwartungen sprengt: atemberaubend kraftvoll, bunt, sprachgewaltig und zart.

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Lydia

Jede Geschichte aus der Sicht eines Badezimmerspiegels ist eine Liebesgeschichte.

Die vorsichtigen Bewegungen des Rasierapparats auf dem Gesicht, dessen Blick kritisch auf sich selbst gerichtet ist. Salben, Entzündungen. Geplatzte Adern im Auge wie winzige Flussdeltas. Grimassen. Seemannsbärte aus Seifenschaum. Die schwarzen dünnen oder roten dicken Striche, mit denen einsame Comicfiguren am Morgen seufzend ihre Konturen nachziehen. Paare, die sich beim Liebesspiel selbst beobachten. Bei der Verwandlung in einen Vertreter des anderen Geschlechts. Das ungläubige Starren spätnachts, wenn der normale Hausverstand sich von einem geheimnisvollen Novizen mit Tonsur und langen, schwarz gefärbten Fingernägeln vertreten lässt. Die Schrift, die immer wieder erscheint, wenn jemand ein heißes Bad nimmt, eine unnötig oft wiederholte Botschaft, ein sinnloses Wort, achtlos hingeschrieben, etwa: Hallo , oder: Fuck , oder: Spiegel , oder noch besser: Geisterschrift — ein Zugeständnis an die Selbstreferenzialität, die in allen Romanen vorhanden zu sein hat.

Unerklärliche Szenen etwas speziellerer Art: Zwei Menschen, er in ihrem Bademantel (der in einem früheren Leben ein Priestergewand gewesen ist), sie nackt und meerschaumgeboren (auf ihrer Schulter befindet sich noch ein weißer Rest Schaum), und er ist gerade noch vor ihr gekniet, jetzt spült er sich den Mund aus und sie sieht ihm dabei zu, ungläubig, voller Unverständnis: Bin ich wirklich so ekelhaft, bin ich unhygienisch? Das Balancierspiel mit den Kontaktlinsen, der Kampf gegen die nervös flatternden Augenlider, die blind zuschnappen wie die Mäuler kleiner, verängstigter Tiere. Der Mann, der sich im Spiegel betrachtet, während er pinkelt. Aus seinem Körper ragt ein kräftiger Urinstrahl von der Form einer durchgebogenen Angelrute und er grinst über sich selbst: Ha, das bin ich, tatsächlich ich, mein dummes Grinsen .

Und ganz zuletzt dieses junge, konzentrierte Gesicht, spätnachts. Das Licht geht an im Hintergrund.

— Bist du im Bad?

— Ja.

— Was machst du … weißt du, wie spät …?

Er drückt mit seiner Hand müde in seinem Gesicht herum, findet endlich die Augen, reibt.

— Geh ruhig wieder schlafen, sagt sie. Ich hab was im Auge.

— Was?

— Was im Auge.

— Und?

— Und es tut höllisch weh.

— Ach so. Lass mich dir helfen … warte …

Aber seine Bewegungen sind noch verschlafen und grob, auch scheinen seine Hände für ihr schmales Gesicht viel zu groß, seine Finger spinnenartig und zittrig. Er tastet auf ihren Wangenknochen herum.

— Lass mich, ich kann’s schon selbst.

Sie wendet sich wieder ihrem Spiegelbild zu. Er verschmilzt augenblicklich mit dem Hintergrund, wie Tiere bei Nacht, verschwindet im dunklen Wohnzimmer.

— Soll ich dir wirklich nicht helfen?

— Nein, sagt sie, ich mach schon … Und sonst, auch egal. Wenn ich’s nicht rausbekomme. Warten wir eben ein Jahr … oder zwei … und dann hab ich eine Perle …

— Was?

— Eine Perle. Die darfst du dann ernten.

Er erscheint noch einmal in der Badezimmertür, aber er sieht nicht so aus, als hätte er ihren Satz verstanden. Schade, denn es war ein sehr hübscher Satz, denkt Lydia. Das Beste, was sie heute Abend von sich gegeben hat. Unschlüssig betastet er den Türrahmen, als wollte er sagen: Hier irgendwo muss ich durchgekommen sein, auf meinem Weg hierher . Dann wankt er zurück in die Dunkelheit und träumt weiter.

Wie alle Glühbirnen auf diesem Planeten so sind auch alle Badezimmerspiegel miteinander verbunden, man könnte auch sagen: vernetzt.

Noch immer etwas durchgefroren von meinem Heimweg durch die winterliche Stadt, stand ich in der Dunkelheit und betrachtete mein fast unsichtbares Spiegelbild, und Lydia plätscherte in dem vom Warten bitter gewordenen Badewasser.

— Es tut mir leid, sagte ich leise.

Ein kurzes Plätschern war die Antwort. Lydia stieg aus der Wanne. Meine Augen hatten sich bereits ein wenig an die Dunkelheit im Bad gewöhnt und ich wurde Zeuge eines seltsamen Bildes: Lydia kratzte sich auf der nackten Brust, sogar recht heftig, das lange Liegen im Wasser musste ihre Haut gereizt haben. Die Brustwarze schlüpfte zwischen Zeige- und Mittelfinger hindurch.

— Idiot, sagte sie und ging an mir vorbei ins Wohnzimmer. Du hättest anrufen können.

— Hab ich doch.

— Ja. Einmal.

Ich folgte ihr ins Wohnzimmer und trat mit meinen Socken in ihre feuchten Fußspuren.

Als ich Lydia kennen gelernt habe, hatte sie ihre schlimmste Zeit bereits hinter sich. Begonnen hatte es mit sechzehn. Sie fühlte sich in ihrem Körper nicht mehr wohl. Die Wangen waren eingefallen, ihr Hintern war zu fett, alles an ihr war zweitrangig und unangenehm. Eine von der Natur im Scherz gemachte Kopie einer hübschen Frau. Sie stand vor dem Spiegel und hasste sich, hasste den Spiegel, dann wieder sich. Langsam, je länger sie sich anstarrte, verwandelte sie sich in ein Monster. Manchmal trieb sie dieses selbstzerstörerische Geduldspiel so lange, bis sie ihr eigenes Gesicht gar nicht wiedererkannte. Es war dann das Gesicht einer scheußlichen Puppe aus einem anderen Jahrhundert.

Sie hatte mit dem Spiegel einen Pakt geschlossen, so wie andere Leute einen Pakt mit dem Teufel eingehen.

Anfangs schminkte sie sich sehr stark, dann half auch das nichts mehr. Sie rasierte sich den Kopf, aber das Haar wuchs nach. Sie begann abwechselnd alles in sich hineinzustopfen und zu hungern. Gott sei Dank hatte sie in einem hellsichtigen Moment ihrer frühen Kindheit eine Panik vor dem Erbrechen entwickelt; sie blieb vor Bulimie verschont. Aber ihr Kreislauf litt unter den ständig schwankenden Essgewohnheiten, und sie konnte sich bald auf nichts mehr konzentrieren. Sie musste eine Klasse wiederholen. Diese Erfahrung warf sie endgültig nieder. Unheimliche Träume drängten sich in ihr Leben, konfrontierten sie mit einem Haufen unverständlicher Drohungen und ließen sie mit der Qual der Deutung allein, ohne irgendeinen Hinweis auf ihre Entschlüsselung. Sie suchte Rat bei Therapeuten, von denen die meisten professionell-unbeholfen mit ihr umgingen. Einer ließ sie kleine Papierflieger bauen und leitete aus der Form der flugunfähigen Gebilde allerhand ab. Ein anderer veranstaltete Hypnosespiele, bei denen Lydia so gut mitspielte, wie sie konnte. Wenn sie die Geduld verlor, log sie ihm irgendwelche Geschichten vor, und der Therapeut war darüber so glücklich wie über einen Strauß frischer Wiesenblumen. Der letzte Therapeut, zu dem sie gegangen war, erzählte ihr viel von sich. Er sei früher Lokführer gewesen. Ja, wirklich. Dann habe er, einfach aus Lust und Laune, einen Selbsterfahrungskurs gemacht, der sein Leben von Grund auf verändert habe. Ob sie vielleicht ein Glas Wasser wolle? Sie sei so weiß im Gesicht, da bekomme man ja direkt Angst.

Die von den vielen Therapien verwirrte und geschwächte Lydia beschloss daraufhin, dass kein Ausgang aus der Wirklichkeit existierte, so wie man es ihr versprochen hatte. Es war alles in Wahrheit viel einfacher und sie fühlte, dass sie damit Recht hatte: Es gab nur das hier, eine dünne Besiedelungsschicht auf dem europäischen Kontinent — denn einen anderen als diesen würde sie vermutlich niemals besuchen.

Niemals besucht haben.

Sie begann allmählich, von sich selbst in der Vergangenheit zu denken. Missmutig und mit den letzten Kräften an Konzentration und Selbstbeherrschung schloss sie die Schule ab. Sie wollte keine unaufgerollten Fäden zurücklassen. Das wertlose Dokument wurde eingerahmt und an die Wand im Esszimmer gehängt. Ihre Mutter freute sich und das war gut so. Mochten andere sich freuen. Mochten andere bei Verstand bleiben angesichts der ganzen Schweinerei, die dieses Leben war. Mochten andere den Tod tolerieren wie ein drittes Ohr, das einem angeboren war. Mochten sie sich freuen, sie alle, Feste feiern und sich vermehren, angesichts dieses himmelschreienden Betrugs, der darin bestand, dass alle Menschen ununterbrochen und langsam vor sich hin starben, dass keiner ihrer Wünsche jemals erfüllt wurde, egal, was sie auch anstellten; angesichts des großen, sinnlosen, schwarzen, ebenfalls im Sterben begriffenen, dreidimensionalen Raumes, angesichts dieser geschichtslosen Seichtheit, dieses riesigen Achselzuckens. Sie lag lange wach und kaute diese Gedanken immer und immer wieder durch. In diesen Nächten verwandelte sie sich zurück in ein hilfloses Wickelkind. In eines mit den richtigen Argumenten, dachte sie, die schlimmste Sorte Wickelkinder.

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