Michael Köhlmeier - Abendland

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Abendland: краткое содержание, описание и аннотация

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"Wenn du dich als Achtjähriger, als Dreizehnjähriger, als Sechzehnjähriger denkst, erkennst du dich in ihnen wieder?"
"Ja. Und sehr gerne dazu."
"Gibt es einen Lebensabschnitt, in dem du dir fremd vorkommst?"
"Zwischen fünfundzwanzig und dreißig ein bisschen fremd. Gestern und vorgestern sehr fremd."
"Glaube, Liebe, Hoffnung. Welche Reihenfolge?"
"Liebe, Hoffnung, Glaube. Wenn ich den anderen dabei zusehe."
"Bei dir selber?"
"Keine Ahnung. Ich denke, das gilt nur bis sechzig oder siebzig. Bei den Auserwählten vielleicht etwas länger." Er lacht.
"Was ist das Größte, das du in deinem leben vollbracht hast?"
Keine Antwort darauf.
"Abendland" ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Generationenroman. Mit großer erzählerischer Kraft wird dargestellt, wie die unterschiedlichsten Menschen jenseits der politischen und historischen Wechselfälle aufeinander angewiesen sind und aneinander hängen, warum sie sich gegeneinander auflehnen und wie sie dann doch ihren Frieden schließen. In einem bewegenden Panorama des 20. Jahrhunderts werden die großen historischen Sündenfälle und die kleinen privaten Reaktionen darauf beschrieben. Ein solches Buch hat es in der deutschen Literatur schon lange nicht gegeben.

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Er sei, erzählte Carl, beseelt gewesen von dem Gedanken, wenigstens eines der dreiundzwanzig Probleme zu lösen, die David Hilbert zu Beginn des Jahrhunderts in seiner berühmten Rede auf dem Mathematikerkongreß in Paris als die letzten großen seiner Wissenschaft apostrophiert hatte. Durchaus logisch sei es ihm deshalb erschienen, beim Meister persönlich zu studieren — abgesehen davon, daß die Georgia Augusta ihren Weltruf nun schon seit einem guten Jahrhundert glänzend behauptete: schließlich hatten Carl Friedrich Gauß und Peter Gustav Lejeune Dirichlet hier gelehrt. Und Bernhard Riemann, der mit der Einführung der Zeta-Funktion der Mathematik eine neue Dimension eröffnet und daraus jene Vermutung entwickelt hatte, die seinen Namen trägt und die Hilbert in seinem Katalog als jenes Problem (Nummer 8) bezeichnete, das wohl am längsten auf eine Lösung werde warten müssen. Es ist charakteristisch für Carls Ehrgeiz als Zwanzigjähriger, daß er sich der Zahlentheorie und besonders der Erforschung der Primzahlen zuwandte, deren Abfolge und Berechenbarkeit die Riemannsche Vermutung zum Inhalt hat. — Zu seiner Enttäuschung nahm ihn Hilbert nicht als seinen Studenten; der große Gelehrte war bereits Mitte Sechzig, stand kurz vor der Emeritierung, und sein Bestreben war es immer gewesen, seine Studenten durch ihr gesamtes Studium hindurch zu begleiten. Er war jedoch gerührt von Carls Enthusiasmus und riet ihm (sein ausgeprägter ostpreußischer Akzent machte es dem Wiener schwer, ihn zu verstehen), sich an Frau Professor Noether zu wenden, und schrieb auch eine Empfehlung.

Emmy Noether war von Hilbert nach Göttingen geholt worden, weil ihn ihre Arbeiten zu Fragen der kommutativen Algebra beeindruckt hatten und, wie er offen zugab, weil er von ihrer Originalität profitieren wollte. Und auch von ihrer Bescheidenheit, die» als Geschenk anbiete, was sonst nur als Beute zu haben sei«. Nachdem sie mit hochgezogenen Brauen Hilberts Empfehlungsschreiben gelesen hatte, sagte sie zu Carl:»Er schildert Sie als einen Amateur. Nicht erschrecken! Das klingt gut. Ein neuer Goldbach womöglich. Wenn Gott mich liebt. Sie sind angenommen. «Nachdem sie erst jahrelang darum gekämpft hatte, sich habilitieren zu dürfen, war ihr nach der Habilitation der Titel eines» ordentlichen Professors «vom preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung verweigert worden (inoffizielle Begründung eines hohen Beamten:»Die erste ordentliche Professorin an einer deutschen Universität soll doch um Gottes willen nicht Sozialdemokratin, Pazifistin und Jüdin in einem sein!«); und so waren ihre Lehrveranstaltungen im Vorlesungsverzeichnis unter Hilberts Namen angekündigt — in Klammern und für Weitsichtige kaum lesbar:»Gemeinsam mit a. o. Prof. Dr. E. Noether«(alle anderen Vornamen in dem Verzeichnis waren übrigens ausgeschrieben).

Emmy Noether hatte eine widersprüchliche Nachrede. Einerseits galt sie als kameradschaftlich und unkompliziert — sie liebte es, Witze zu erzählen, weniger, sich welche erzählen zu lassen —; wenn sie lachte, konnte man es bis in den letzten Winkel des Auditoriengebäudes hören; sie traf sich mit ihren Studenten im städtischen Freibad oder im Stadtbadehaus am Stumpfebiel oder zum Biertrinken im Gastgarten; andererseits schreckte sie ihre Studenten damit, daß sie, anstatt ihnen fertige, gut abgerundete Resultate mit erprobter Beweisführung vorzusetzen, ihre Theorien in statu nascendi vortrug und sie aufforderte, an der Ausfeilung selbst mitzuwirken, und wenn sich einer dabei ungeschickt anstellte, servierte sie ihn mitleidlos ab; was dazu führte, daß sie ihre Vorlesungen bisweilen zu Hause in ihrem Wohnzimmer in der Weenderstraße abhielt, weil sich so wenige Studenten bei ihr anmeldeten. Carl allerdings war begeistert von dieser Art, Wissenschaft und Lehre in eines zu legen, im Vortrag erst den Gedanken zu entwickeln.»Immer suchte sie nach unkonventionellen Lösungen, und wenn sich keine finden ließen, konnte es vorkommen, daß sie die Kreide auf den Boden warf, darauf herumtrampelte und ausrief: ›Jetzt muß ich es doch so herum anstellen, wie ich es nicht wollte!‹ und dabei fauchte wie ein Teufel. Eine Viertelstunde später unterbrach sie ihren Vortrag und wandte sich an einen von uns, meistens an mich: ›Können Sie mir erklären, was vorhin mit mir los war?‹ Und bat mich, ihr genau zu beschreiben, wie sie sich aufgeführt hatte, und lachte, daß die Scheiben klirrten. ›Was bin ich doch für ein unberechenbares Huhn!‹ Und ohne einen Atemzug dazwischen: ›So, und jetzt weiter in meiner Sache!‹ Als wäre ihr Wutanfall gar nicht ihre Sache gewesen. — Einmal sagte sie zu mir: ›Wissen Sie, Candoris, was das angenehmste an unserer Wissenschaft ist? Daß bei den Objekten der Mathematik Schein und Sein zusammenfallen. 181 ist eine Primzahl, nicht weil sie einer zu einer solchen erklärt hat, sondern weil es so ist. Beruhigt Sie das nicht auch?‹ Das hat mich tatsächlich beruhigt.«

Frau Professor Noether paßte nicht in die Zeit, die sich so dandyhaft und blasiert gab und sich in einem amoralischen Ästhetizismus gefiel. Zweifellos war sie keine schöne Frau — klein, kurzarmig, halslos, mit einem weichen, jeder Bewegung des Körpers hinterherwalkenden Bauch, der über den Nabel kippte, wenn sie saß. Außerdem trug sie unvorteilhaftes Gewand, worin sie aussah, als lasse sie sich gehen, was ja vielleicht auch der Fall war. Sie hatte einen Watschelgang, der sie gewollt tolpatschig erscheinen ließ, wie ein Kind, das sich letzte Sympathien holen will, indem es den Klassenclown spielt, und sie trug eine Brille, deren Gläser so stark waren wie die Linsen auf Taschenlampen. Sie rasierte sich zweimal in der Woche und hielt ihre Lehrveranstaltungen ungeniert mit Stoppelbart ab. Die Studenten nannten sie» den Noether«. Einmal habe Carl einen Kommilitonen zu einem Faustkampf aufgefordert, weil der sich das Maul über sie zerrissen habe.»Er war ein massiger Nationaler mit Schmissen quer über die Backe«, berichtete er mir mit deutlicher Freude.»Ich war ein schmales Hemd. Er meinte, er müsse nur kurz husten. Er wußte nicht, daß ich boxte. Wenigstens einmal in der Woche trafen wir uns in der Turnhalle in der Geiststraße, lauter so schmale Hemden wie ich. Aber ehrgeizig! Nach dem Kampf hat keiner mehr einen Witz über Frau Dr. Noether gerissen, jedenfalls nicht, wenn ich in der Nähe war.«

Dabei hatte sie Carl anfänglich auch für einen von diesen Burschen gehalten, die meinten, mit einem Cutaway aus feinem englischem Tuch sei bereits das halbe Studium gewonnen. Sie war interessiert an ihm, weil sie ihn für intelligenter hielt als die anderen, ignorierte ihn aber, und das war nicht zu übersehen und sollte es auch nicht sein. Wenn er der einzige war, der nach einer Frage die Hand hob, konnte es geschehen, daß sie» Aha!«sagte, als wäre da gar keiner. Später einmal sagte sie zu ihm:»Die falschen Fünfziger erkennt man daran, daß sie einem schmeicheln und beleidigt sind, wenn man nicht zurückschmeichelt. «Carl schmeichelte ihr nicht und war auch nicht beleidigt, und seine feinen Anzüge trug er weiterhin. Hätte er sich auch nur ein wenig ihrem Geschmack — der gar keiner war — angeglichen, sie hätte es bemerkt und als Bestechungsversuch gewertet. Nach einem halben Jahr hatte er die Aufnahmeprüfung — zu einer der Vorkammern ihres Herzens — bestanden. Von einem Tag auf den anderen änderte sie ihr Verhalten ihm gegenüber. Ob er ihr Assistent werden wolle, fragte sie ihn. Und das wollte er. Das war natürlich nichts Offizielles, dieses Amt hatte Frau Professor Noether zu vergeben und sonst niemand, aber gerade deshalb war es für Carl eine besondere Auszeichnung. — Albert Einstein soll gesagt haben:»Emmy Noether zerkaute lieber die Lorbeeren, als sie aufzusetzen.«

Früh bereitete sich Carl auf seine Dissertation vor. Sein Thema wählte er tatsächlich aus dem Umfeld der Riemannschen Vermutung.»Hier liegt der Diamant aller exakten Wissenschaft!«Noch als Fünfundneunzigjähriger konnte er sich für dieses Gebiet der Zahlentheorie begeistern. Das Clay Mathematics Institute in Massachusetts, erzählte er mir und bewegte dabei die Finger, als kraule er das Fell eines Bären, habe einen Preis von einer Million Dollar ausgesetzt für denjenigen, der Riemanns Hypothese beweise, und tatsächlich sei der alte Ehrgeiz in ihm erwacht. Er habe sich vor dem Schlafengehen vorgenommen, seine Träume in die Riemannschen Zahlenräume zu lenken und sich dort nach möglichen Allegorien umzusehen. Schließlich sei dem gestrengen, allem Esoterischen abholden Herrn August Kekulé von Stradonitz die ringförmige Anordnung des Benzolmoleküls ja auch im Traum, in Form der germanischen Midgardschlange, begegnet.»Die Mathematik«, erklärte er mir in dem für ihn typischen ironischen Pathos,»ist eine Wissenschaft ohne Skandal. Es wäre paradox, wenn sich die Primzahlen, die Bausteine dieser ordnungserfüllten Welt, so wild und unvorhersagbar verhielten. «Besonders schmerze ihn allerdings, daß inzwischen jeder mittlere Dummkopf Fragen zu diesen mathematischen Wunder- und Rätselgebilden stelle, die selbst ein Genie nicht zu beantworten vermöchte, was, weil seit der Aufklärung eine kluge Frage merkwürdigerweise mehr gelte als eine kluge Antwort, die Hierarchie des Geistes als zu einer demokratischen Ebene abgeflacht erscheinen lasse. — Ich durfte diesen gedrechselten Satz durchaus präventiv auf mich gemünzt verstehen — falls ich vorhätte, mir eigene Theorien zu diesem Thema zurechtzulegen —, sollte ihn aber auch im Spiegel der Ironie betrachten und dahingehend auslegen, daß die gesamte Zahlentheorie nichts weiter als ein Trick der Mathematiker sei, um Verdienst und Erwähltheit vorzugaukeln, wo doch nur der Dünkel hockte; war aber zugleich aufgefordert zu bedenken, daß dieses sokratische Eingeständnis die geistige Überlegenheit der Mathematiker wiederum bestätige … und so weiter; bis ich mich zu guter Letzt, zwischen den Spiegeln der Ironie hin und her geworfen, einem Charakter gegenübersah, der ungefähr so berechenbar war wie das Auftreten der Primzahlen auf dem Zahlenstrahl. — Er fand sich in seiner eigenen Wissenschaft nur mehr schwer zurecht, und die Ironie war der Versuch, dies sich selbst zu verzeihen; sich zu verzeihen, daß er inzwischen selbst ein» mittlerer Dummkopf «geworden war. Ich denke, das ist die Wahrheit.

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