Cuffey hörte auf, an sich herumzuspielen, und kam auf sie zu. Jane schrie auf und griff nach der Tür. Er erwischte sie an der Schulter und riß sie so hart herum, daß sie stolperte. Dann knallte jemand von der anderen Seite gegen die Tür. Jane flog gegen die andere Wand, schlug schwer auf, sah nicht, wie die Tür aufkrachte und Andy im Rahmen stand. Ängstliche Schwarze drängten sich auf der kleinen Veranda.
Cuffey sagte: »Mach die Tür zu, Nigger. Hau ab, tu das, was du am besten kannst – Ol’ Meeks Arsch küssen.«
Mit einem Blick erfaßte Andy die Situation: Jane, die sich an der Wand wieder hochstemmte, Cuffey, der sein baumelndes Geschlechtsorgan zurück in seine Hose stopfte. Andy senkte leicht den Kopf und kam in die Hütte marschiert.
Cuffey packte einen alten Hocker und schwang ihn im Bogen herum, streifte Andys Kopf. Ein Bein des Hockers brach, das gesplitterte Ende riß Andys Schläfe auf. Das Blut lief ihm ins Auge, als er Cuffey ansprang und zu einem mächtigen Schlag ansetzte. Cuffey wich leicht aus und stach mit dem gesplitterten Bein nach Andys Auge.
»Laß ihn. Warte auf Hilfe«, bat Jane. Falls Andy sie hörte, so achtete er nicht auf sie. Wie ein Soldat marschierte er vor, aufrecht, ohne zu zögern. Cuffey trat ihn zwischen die Beine. Andy krümmte sich zusammen, stieß einen verbissenen Laut aus. Aber er blieb auf den Füßen. Er hob seine verschränkten Hände und hämmerte sie Cuffey seitlich ins Genick; der Schlag schleuderte Cuffey gegen die Wand.
»Du wolltest es nicht anders«, sagte Andy, über dem anderen Mann aufragend und mit beiden Händen auf ihn einhämmernd. Jetzt schrie Cuffey auf. Andy begann ihn wie einen Nagel zu bearbeiten, schlug ihn tiefer, brachte ihn auf die Knie. Cuffey begann aus dem Ohr zu bluten.
»Paß auf, Andy. Mist’ Meek kommt«, rief jemand von draußen. Jane stand auf, sah die Schwarzen von der Veranda verschwinden; der Verwalter tauchte auf, eine Pistole aus seinem breiten Gürtel ziehend.
»Wer kämpft da drinnen?«
»Cuffey und Andy«, antwortete eine Frau, gerade als Cuffey an seinem verdreckten Hemd von Andy hochgezerrt wurde. Auch aus Cuffeys Nase lief jetzt das Blut.
»Ich bring dich um, Nigger. Dich und alle andern hier.«
»Laß ihn los«, befahl Meek vom Eingang her. Andy drehte sich zu dem Verwalter um. Cuffey erkannte seine Chance und gab seinem Gegner einen Stoß.
Andy taumelte gegen den Verwalter. Cuffey riß die Mehlsackvorhänge herunter, die Jane über das hintere Fenster geheftet hatte. Er schwang ein Bein über den Rand.
»Platz zum Schießen«, brüllte Meek und stieß Andy beiseite.
Cuffey packte Jane und schwang sie in die Schußlinie. Meek riß die Mündung der Pistole nach oben, und Cuffey ließ sich aus dem Fenster fallen. Er tauchte in dem Nebel unter, der sich zu einem tiefen grau verdichtete.
»Stop, Nigger!« kommandierte Meek, einen Schuß abgebend. Cuffey verschwand hinter einer Eiche.
»Andy, was ist passiert?«
»Ich war draußen – und hörte Jane schreien.« Die Worte kamen mühsam; er atmete immer noch schwer.
»Ich kam rein, und er hatte sich hier versteckt«, sagte Jane. »Er sagte schmutzige Sachen zu mir und knöpfte dann seine Hose auf.«
Meek, immer noch wütend, daß ihm der Übeltäter entgangen war, schnaubte: »Wenn wir euch Hengste alle zu Wallachen machen würden, dann hätten wir’s hier um einiges friedlicher.«
Andy funkelte ihn an. »Hören Sie – «
Der Verwalter war zu wütend, um ihn zu beachten. Genau in dem Moment dröhnte eine Stimme aus dem dichten Nebel hinter der Hütte: »Ich bring euch alle um, hört ihr?«
»Hol ein paar Männer«, sagte Meek zu Andy. »Mindestens acht oder zehn. Eine üble Nacht, um Ausreißer zu fangen, aber den kriegen wir. Dann werd’ ich’s ihm heimzahlen.«
Die Verfolgung endete drei Stunden später, als der leichte Nebel dicht und schwer geworden war. Im Lichte einer Fackel berichtete Andy Jane von dem Fehlschlag. »Ich denke, er ist weg für immer. Nach Beaufort wahrscheinlich.«
»Gute Reise«, sagte sie.
»Vielleicht sollte ich bis zum Morgen hier draußen auf der Veranda Wache halten«, schlug er vor.
»Er wird nicht zurückkommen.«
»Du hast gehört, was er brüllte, nachdem er aus dem Fenster gesprungen war.«
»Cuffey war ein Angeber, seit ich ihn kenne. Wir werden ihn nie wiedersehen.«
»Hoffentlich hast du recht. Also dann – gute Nacht.«
»Gute Nacht, Andy.« Sie berührte sein Gesicht unter dem Leinenstreifen, den er sich um den Kopf gebunden hatte, um den blutverkrusteten Riß zu schützen. »Du bist ein mutiger Mann. Ich habe es ernst gemeint, als ich sagte, ich sei stolz darauf, deine Frau zu werden.«
Seine Augen leuchteten in dem flackernden Licht. »Ich danke dir.«
Er ging die knarrenden Stufen hinunter und in den Nebel hinaus. Kaum hatte sich ihre Tür geschlossen, da löschte er seine Fackel, drehte um und bezog Posten auf ihrer Veranda, wo er bis zum Morgen auszuharren beabsichtigte.
Obwohl Jane einige Zeit wach lag, hatte sie keine Ahnung, daß er ihr so nahe war. Sie hörte die vielen Geräusche der Frühlingsnacht. Und in ihrer Phantasie hörte sie eine Stimme, die Rache schwor. Sie versuchte, die Stimme zum Schweigen zu bringen, aber es wollte ihr nicht gelingen.
76
Am frühen Morgen des 28. Aprils schrieb Billy beim Schein einer Kerze:
Lije F. und ich sind mit einer Freiwilligenkompanie den drei Corps von Gen. Slocum zugeteilt. Morgen marschieren wir stromaufwärts. Einige glauben, daß wir einen großen Bogen um Lee schlagen und seine Nachhut angreifen. Es werden Rationen für acht Tage gekocht. 2.000 Packmaulesel ersetzen die meisten Versorgungswagen, ein weiterer Beweis für den Wunsch nach Schnelligkeit und Überraschung.
Das Wetter hat sich gebessert – der Regen ist vorbei, auch wenn Straßen und Uferbänke an manchen Stellen noch sehr schlammig sind.
Die meisten der Freiwilligen, die jetzt zur Armee kommen, sind Ersatz für Deserteure oder Gefallene, Verwundete oder Kranke. Die meisten der Greenhorns freuen sich über die Aussicht auf eine Schlacht. Ich habe den Dreck und das Töten so satt und kann nicht die geringste Freude an dem empfinden, was auf uns zukommt. Aber die Freiwilligen sind ja noch Jungs. Noch ehe dieser Frühling vorbei ist, werden sie etwas anderes sein.
Spät am nächsten Tag entdeckten Billy und ein Trupp von zwölf Freiwilligen-Pionieren ein Farmhaus mit einem soliden Stall und einem kleineren Außengebäude; die leichte Brise trug ihnen den kräftigen Duft von Hühnermist zu.
»Was meinen Sie, Sir?« fragte der Unteroffizier der Gruppe, ein Junge aus Syracuse namens Spinnington. Er war zum Corporal ernannt worden, weil er weniger faul und weniger dämlich als die anderen zu sein schien.
Von der Straße aus studierte Billy die ordentlich gehaltenen Gebäude, sich insgeheim wünschend, den Befehl zum Weitermarsch geben zu können. Spinnington zappelte ungeduldig herum. Billy sagte: »In Ordnung.«
Mit Hurragebrüll griffen die Neuankömmlinge das Haus an; die tiefstehende Sonne gleißte wie eine Axtschneide. Ihre langen Schatten kletterten an der Hauswand empor.
Die Vordertür öffnete sich; ein Mann trat heraus. Ein winziger Mann mit einem kleinen, weißen Bart, aber kräftigen, starken Händen.
Billy näherte sich der Veranda. Bevor er etwas sagen konnte, tauchte hinter dem Mann eine Frau auf. Sie war einen Kopf größer als er und dreimal so schwer.
»Mr. Tate«, sagte sie, »geh rein. General Hookers Männer sagten, wir werden erschossen, wenn wir einen Fuß ins Freie setzen.«
»Ein Bluff«, sagte der alte Farmer. »Sie haben Angst, wir geh’n über den Rapidan und warnen Bob Lee. Würde ich nicht tun. Ich muß diesen Platz hier beschützen. Deshalb muß ich mit diesen Jungs reden.«
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