Was blieb ihm denn anderes übrig, als sich dran zu halten? Erneut rang er sich die erwartete Bestätigung ab. „Ja, meine Herrin, das werde ich tun.“
„Wir werden sehen. Beteuert hast du ja schon viel.“
Da auch Gerald seinen Teller von sich weggeschoben hatte, war das Essen nun beendet und durfte sich Daniel erheben, was er sehr behutsam tat und auch ein bisschen bedauernd, wenn er ehrlich war. Er wollte die Strumpfhose hochziehen, doch hielt ihn Barbaras Kopfschütteln davon ab. „Gib ihm erst noch einen Abschiedskuss!“ Echt? Nur einen winzigen Moment währte Daniels Zögern, dann sank er ein zweites Mal neben dem Stuhl auf die Knie und hauchte ein Küsschen aufs warme Metall, das angelaufen war von der Wärme und der Ringelblumensalbe, der seine Lippen sorgsam auswichen. Wieder durfte er sich aufrichten und dieses Mal die Strumpfhose auch wirklich hochziehen, dann wurde er ins Bad geschickt, um ein Tuch zu holen, mit dem er den Dildo sorgsam reinigte. Als das Metall makellos glänzte, musste er es zum Abschied noch einmal küssen, dann wurde er in die Küche geschickt, um dort Kaffee zu kochen.
Kaffee wurde fortan nicht mehr gemahlen gekauft, sondern in Bohnen, und diese waren in einer großen Dose im Kühlschrank deponiert, so erklärte ihm Barbara. Eine langsam drehende Kaffeemühle, ein futuristisch aussehender Wasserkocher, eine schwere Thermoskanne aus rot lackiertem Edelstahl und ein cremefarbener Keramikfilter standen gegenüber dem Fenster in einer eher düsteren Ecke bereit. Bald war der Kaffee aufgebrüht und konnte serviert werden zusammen mit dem Kuchen, den Gerald vom Einkauf mitgebracht hatte.
Mit einem artigen Knicks schenkte Daniel zuerst Barbara, dann Gerald in die elfenbeinfarbenen Becher aus Aluminiumporzellan ein, und natürlich vergaß er auch die dazugehörigen untertänigen Worte nicht: „Bitteschön, meine Herrin.“ „Bitteschön, mein Herr.“
Auch er selbst durfte einen Kaffee trinken und ein Stück Kuchen essen, drüben an seinem Katzentisch, aber zum Glück nicht auf dem Sklavenplatz, da dieser nur fürs richtige Essen vorgesehen war, nicht für kleine Mahlzeiten zwischendurch oder fürs Frühstück. So bekam er es von Barbara erklärt, die ihm erlaubte, sich einen der Stühle vom Esstisch herüberzuholen.
Der Kaffee schmeckte bitter! Was unerklärlich war, da es sich um eine teure Sorte handelte, auch die Gerätschaften von hervorragender Qualität waren und er, soweit er es beurteilen konnte, alles richtig gemacht hatte. Und der Kaffee schmeckte trotzdem bitter, dazu auch noch säuerlich.
Barbara seufzte schwer. „Hoffen wir mal, dass es hier in diesem Haus mit dem Genuss nicht so weitergeht. Aber vielleicht ist alles einfach noch zu neu.“ Das war ein Trost, an den es sich klammern ließ. Bestimmt würde alles bald besser werden. Beim Hähnchen war das gewiss, denn eines vom Schnellimbiss würde es so bald nicht mehr geben.
Als er die halb leer getrunkenen Becher zusammen mit den komplett leer gefutterten Tellerchen weggeräumt und in der Spülmaschine verstaut hatte, packte er mit Barbara zusammen den letzten noch in der Diele herumstehenden Karton aus. In diesem befand sich die blaue Dose, die er ratlos in Händen hielt.
Barbara überlegte einen kleinen Moment. „Du musst dir den Plug nicht mehr regelmäßig reinstecken. Es gibt jetzt ja den Sklavenplatz. Aber hin und wieder werden wir ihn doch brauchen. Und das andere auch. – Also stell sie dorthin.“ Sie wies zum eleganten weißen Sideboard beim Esszimmertisch, auf dem schon ihre kleine Erzieherin lag, und zupfte sich sinnierend am Ohr. „Eine Gerte müssen wir bei Gelegenheit noch besorgen. Irgendwie ist sie für eine kleine Züchtigung zwischendurch doch recht praktisch.“ Ja, ja, die Worte der Verkäuferin. Die hatten alle gut reden, denn es tat ihm ja weh, nicht ihnen. Er sagte mal lieber nichts dazu.
Gerald war inzwischen auf einem Sofa eingedöst und sie ließ sich in einem der beiden Sessel nieder mit ihrem neuen Tablet-PC und versuchte mit diesem ins Internet zu kommen. Derweil schloss Daniel am Schreibtisch zwischen den Terrassentüren seinen Computer an. Dieser Platz, so erfuhr er staunend, war extra für ihn vorgesehen, damit er seine schöpferische Schaffenskraft gut entfalten konnte. Bald hatte er den Rechner zum Laufen gebracht, bekam von Barbara das Passwort fürs WLAN verraten und schaffte es, sich einzuloggen, was ihr schon längst gelungen war.
Der Rest des Tages verging in angenehmem Müßiggang. Zweimal bat er seine Herrin vor Geralds Ohren um Erlaubnis zur Toilette, ohne dabei zu vergehen vor Scham, ein kleines Abendessen nahm jeder für sich in der Küche ein, und der Kaffee, den er gegen sechs Uhr zubereitete, schmeckte bitter, wofür es noch immer keine Erklärung gab. Nachdem sie alle (nacheinander) eine Dusche genommen hatten, trafen sie sich draußen auf der Terrasse bei einem Gläschen Wein. Barbara trug nun einen goldfarbenen Hosenanzug mit weißer Bluse, die bis oben hin zugeknöpft war, und Gerald hatte jetzt eine etwas neuere Jeans und ein rotes T-Shirt an. Woher er diese Klamotten plötzlich hatte, wusste Daniel nicht und würde er wohl nie erfahren. Er musste den beiden einschenken, was er natürlich mit einem artigen Knicks tat, und durfte sich dann am zierlichen metallenen Tisch auf einem der grazilen Korbstühle niederlassen, wobei er den Rock hinten lüpfte und die Knie öffnete, wie es schon längst normal für ihn war. Hoffentlich konnte ihn niemand sehen, denn wirklich dicht war die immergrüne Hecke zur Nachbarvilla nicht und noch längst nicht war es dunkel geworden jetzt in der Zeit der längsten Tage des Jahres. Auch Daniel durfte ein Gläschen Wein trinken, was ihm schon lange nicht mehr erlaubt worden war, doch merkte er beim zurückhaltenden Nippen, dass er ihm nicht wirklich schmeckte und er kein Bedürfnis nach Alkohol hatte. Es gab Besseres. Jeden Tag aufs Neue. Unglaublich.
Es war ein kleiner und wenig ansehnlicher Garten, der sich hinter dem Haus erstreckte, eine mickrige Rasenfläche, auf der wegen der schattigen Lage hier an der Nordseite das Gras nur spärlich gedieh. Die Hecken, die es ringsum gab, darbten auch mehr vor sich hin, als dass sie wucherten, einen Preis in Schöner Wohnen würde man dafür nicht bekommen. Nur die Thujen zur Straße hin waren ziemlich dicht, sodass wenigstens von dort niemand hereinglotzen konnte.
Barbara betrachtete das Elend ungerührt. „Ein Naturmensch war ich noch nie. Hauptsache, es krabbeln nicht so viele Ameisen herein.“ Gut. Damit gab es noch eine Gemeinsamkeit mehr zwischen ihr und ihrem ergebenen Sub.
Ameisen krabbelten keine herum, dafür aber wurden sie von sirrenden und stechenden Mücken umschwirrt, als es dunkel wurde und sie das Außenlicht einschalteten. Schnell flüchteten sie nach drinnen, suchten im riesigen Fernseher vergebens nach einem guckenswerten Film und zogen sich gegen Mitternacht nach oben zurück, wo die Kartons mit ihren Kleidern noch auf dem Flur standen. Morgen würde alles eingeräumt werden.
Das Schlafzimmer befand sich hinter der linken der beiden Zwillingstüren. Es gab einen großen Schrank darin, eine Kommode und ein breites Polsterbett mit flauschigem Bettkasten und hohem Kopfteil, beides hellbraun, wozu die dunkelrote Bettwäsche farblich gut passte. Hineinsteigen konnte man nur an der vorderen linken Seite, da hinten eine blütenweiß bezogene Matratze auf dem Boden lag. Daniels Platz. In dieser Beziehung änderte sich also nichts. Noch einmal ging er zur Toilette und zog sich dann splitternackt aus. Seine Fußkette war nicht am Bettfuß angeschlossen, den es hier nicht gab, sondern mit einem soliden Vorhängeschloss an einem dicken eisernen Ring, der in der Wand eingemauert war. Ebenfalls Geralds Werk oder das der Handwerker, die sich dann so ihre Gedanken hätten machen können? Doch konnte das Daniel eigentlich egal sein, da sie ihn nicht kannten, er nicht sie und sie weiter keine Rolle spielten.
Читать дальше