1 Kulturgeschichte des Hanfes
Michael Carus
2 Kulturgeschichte der medizinischen Verwendung 2 Kulturgeschichte der medizinischen Verwendung Manfred Fankhauser
Manfred Fankhauser
3 Die Geschichte eines Gesetzes: Von der Ausnahme zur regulären Verschreibung von Cannabis 3 Die Geschichte eines Gesetzes: Von der Ausnahme zur regulären Verschreibung von Cannabis Franjo Grotenhermen Die juristische Auseinandersetzung, die schließlich zur Durchsetzung von Ausnahmeerlaubnissen für die Verwendung von Cannabisblüten ab dem Jahr 2007 und zu einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts für den Eigenanbau von Cannabis durch Patienten im Jahr 2016 führte, begann mit einer Verfassungsbeschwerde durch acht Patienten am 14. Dezember 1999. Bereits im Jahr 1995 gelangte ein durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums erstelltes Gutachten zu dem Schluss, dass die medizinische Verwendung von Cannabis bzw. Tetrahydrocannabinol (THC) nicht mit dem Argument zurückgewiesen werden könne, es gäbe „auf jedem Gebiet bessere therapeutische Alternativen“ (Goedecke u. Karkos 1996).
Franjo Grotenhermen
II Grundlagen II Grundlagen 1 Zahlen und Fakten zum Cannabiskonsum in Deutschland Bernd Werse
1 Zahlen und Fakten zum Cannabiskonsum in Deutschland
Bernd Werse
2 Klassifizierung und Botanik von Cannabis 2 Klassifizierung und Botanik von Cannabis Markus Berger und Robert Connell Clarke
Markus Berger und Robert Connell Clarke
3 Das Endocannabinoid-System
Beat Lutz
4 Pharmakokinetik der Cannabinoide
Franjo Grotenhermen
III Wirkungen und Nebenwirkungen
1 Psychische Wirkungen von Cannabis und cannabisbasierten Medikamenten
Kirsten R. Müller-Vahl
2 Körperliche Wirkungen von Cannabis, THC und CBD
Franjo Grotenhermen
3 Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Kirsten R. Müller-Vahl
4 Wechselwirkungen
Franjo Grotenhermen
IV Medizinische Verwendung
1 Indikationen für Cannabis und Cannabinoide
Kirsten R. Müller-Vahl
2 Verschreibungsfähige cannabisbasierte Medikamente
Kirsten R. Müller-Vahl und Franjo Grotenhermen
V Rechtliche Lage
1 Verschreibungsmöglichkeiten und Kostenerstattung in Deutschland
Franjo Grotenhermen und Kirsten R. Müller-Vahl
2 Verschreibungsmöglichkeiten und Kostenerstattung in Österreich
Kurt Blaas
3 Verschreibungsmöglichkeiten und Kostenerstattung in der Schweiz
Manfred Fankhauser
VI Juristische Fragen, Führerschein und Arbeitswelt
1 Abriss der Geschichte des Cannabisverbots
Lorenz Böllinger
2 Strafbarkeitsrisiken im Rahmen der Verschreibung von Cannabis zu therapeutischen Zwecken
Mustafa Temmuz Oglakcioglu
3 Medizinische Versorgung mit Cannabis – Hinweise zum Umgang mit § 31 Abs. 6 SGB V
Oliver Tolmein
4 Cannabis und die Teilnahme am Straßenverkehr
Franjo Grotenhermen
5 Cannabis als Medizin und Fahrerlaubnis
Sebastian Glathe
6 Cannabis und Arbeitswelt
Jürgen Fleck
VII Kontroverse Themen und häufig gestellte Fragen
1 Cannabinoide bei Kindern
Sven Gottschling
2 Hilft Cannabis gegen Krebs?
Burkhard Hinz und Robert Ramer
3 Wie können Cannabisblüten oral eingenommen werden?
Franjo Grotenhermen
4 Pharmakologische Unterschiede von Cannabissorten jenseits von CBD und THC
Franjo Grotenhermen
5 Mitnahme von cannabisbasierten Medikamenten ins Ausland
Franjo Grotenhermen
6 Wie groß ist das Abhängigkeitsrisiko bei der ärztlich überwachten Therapie mit cannabisbasierten Medikamenten?
Franjo Grotenhermen
VIII Kurzleitfaden: Die Verschreibung cannabisbasierter Medikamente für Ihre ersten Patient/-innen
Franjo Grotenhermen und Kirsten R. Müller-Vahl
1 Besteht eine Indikation für eine Behandlung mit einem Betäubungsmittel?
2 Besteht eine Indikation für eine Behandlung mit einem cannabisbasierten Medikament?
3 Wann übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die Kosten und wie beantrage ich die Kostenübernahme?
4 Welches cannabisbasierte Medikament soll in welcher Darreichungsform eingesetzt werden?
5 Wie führe ich die Behandlung konkret durch?
6 Worüber muss ich den Patienten informieren?
IX Fachlich-medizinischer Ausblick
1 Cannabinoid-Modulatoren und zukünftige Entwicklungen
Christoph Schindler
X Fazit
Kirsten R. Müller-Vahl und Franjo Grotenhermen
Sachwortregister
I
Historie
1Kulturgeschichte des Hanfes
Michael Carus
Die Menschen haben eine sehr lange und komplexe Beziehung zu Hanf. Archäobotanische Beweise für den Anbau von Hanf, die Nutzung der Hanfnüsse als Lebensmittel und der Fasern für technische Zwecke gehen 5.000 bis 10.000 Jahre zurück und sind vor allem in Asien, Japan und China, zu finden (Clarke u. Merlin 2013). Cannabis spielte als vielseitige antike Ressource eine wichtige, manchmal entscheidende Rolle bei grundlegenden kulturellen Veränderungen, die sich nach dem Eiszeitalter des Pleistozäns ereigneten. Darüber hinaus war der Mensch im Laufe der Zeit wahrscheinlich für einen großen Teil der Verbreitung und der großen geografischen Reichweite von Hanf maßgeblich verantwortlich.
1.1 Erste Verwendung von Hanf
Hat der Mensch Hanf zuerst als Faserquelle zur Herstellung von Tauwerk und Kleidung oder als Samenquelle zur Nahrungsversorgung verwendet? Oder könnte Hanf ursprünglich als Heilpflanze verwendet worden sein? Es besteht auch die Möglichkeit, dass Hanf ursprünglich als psychoaktive Substanz für spirituelle Zwecke genutzt wurde. Es besteht die faszinierende Möglichkeit, dass der frühe Anbau von Hanf durch religiöse oder zeremonielle Motive inspiriert wurde (Clarke u. Merlin 2013).
In ihrer unaufhörlichen Suche nach Nahrung hätte der Mensch zuerst das psychoaktive Potenzial von Cannabis erkennen können und zwar durch das Essen seiner Samen. Die kleinen, mit Harz bedeckten Brakteen, die die Samen umgeben, sind potenziell psychoaktiv und könnten zusammen mit den Samen aufgenommen worden sein. Ebenso kann der starke Rauch, der eingeatmet wird, wenn Cannabispflanzen verbrannt wurden, bewusstseinsverändernde Erfahrungen ausgelöst haben (Clarke u. Merlin 2013).
Wenn auch nur vorübergehend, hätte das bewusstseinsverändernde Harz den frühen Völkern neue „Türen der Wahrnehmung“ öffnen können. Der Gebrauch des psychoaktiven Harzes kann zu einer wichtigen psychischen und physischen Zuflucht vor häufig monotonen und anstrengenden Lebensmustern geworden sein (Clarke u. Merlin 2013).
Frühe Jagd- und Sammelgruppen bewachten und überlieferten „Mysterien“ oder kosmologische Erklärungen, die als Interpretationen der Realität dienten, und diese spirituellen Erklärungen halfen ihnen, Leben und Tod in ihrem eigenen kulturellen Kontext zu verstehen. Die ekstatische, visionäre Wirkung der Cannabiseinnahme mag diese Mysterien in ein neues System von Überzeugungen und Symbolen verwandelt haben, die die Erfindung und Interpretation unsichtbarer Geister, sowohl bösartiger als auch wohlwollender Art, psychisch auslöst. Wenn ja, dann betrachteten diese frühen Menschen die Pflanze als ein Geschenk ihrer Vorfahren und ihrer Götter, um sie als Vehikel für den Übergang zu höheren Bewusstseinsebenen zu nutzen. Im Wesentlichen hätte Cannabis ein Mittel zur Verfügung gestellt, mit dem sie mit ihren Gottheiten kommunizieren konnten – eine frühe „Pflanze der Götter“ (Schultes und Hofmann 1992, Clarke u. Merlin 2013).
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