Die Rolle der Konsonanten in den Endungen
Nachdem Sie nun mit der kleinen und großen Vokalharmonie, die die Vokale in den Endungen reguliert, vertraut sind, bleibt nur noch die Konsonantenassimilation (Angleichung der Konsonanten), womit Sie dann die beiden Grundregeln des Türkischen beherrschen. Diese Regel, die die Konsonanten nach dem Gegensatz stimmlos oder stimmhaft aufteilt, greift bei etlichen Endungen. Auch hier sollten Sie sich immer bei jeder neuen Endung einprägen, ob die Konsonanten assimiliert (angeglichen) werden. Diese Regel betrifft nur Endungen, die mit einem Konsonanten beginnen. Betrachten wir zuerst einmal, wie die Aufteilung der Konsonanten in stimmhafte und stimmlose aussieht. Nicht alle stimmhaften Konsonanten haben ein stimmloses Pendant.
In der oberen Reihe in Tabelle 2.1 sehen Sie die stimmhaften Konsonanten, in der unteren Reihe das stimmlose Gegenstück dazu. Nicht jeder stimmhafte Konsonant hat ein stimmloses Gegenstück, das stimmlose hhat kein stimmhaftes Gegenstück.
Tabelle 2.1:Stimmhafte und stimmlose Konsonanten im Türkischen
b |
c |
d |
g |
ğ |
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j |
l |
m |
n |
r |
v |
y |
z |
p |
ç |
t |
k |
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h |
ş |
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f |
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s |
Für die Regel der Konsonantenangleichung interessieren uns nur die stimmlosen Konsonanten, denn die Regel besagt: Ist der letzte Konsonant eines Wortes stimmlos, wird der erste Konsonant der Endung ebenfalls stimmlos. Das betrifft nur die Endungen, die mit den stimmhaften Konsonanten coder danlauten. Steht also ein stimmloser Konsonant davor, wird das czu çund das dzu seinem stimmlosen Gegenstück t.
Betrachten wir hierzu eine neue Endung: -ce, -ca, -çeoder -ça. Diese Endung funktioniert demnach nach der kleinen Vokalharmonie in Kombination mit der Konsonantenangleichung und dient dazu, Sprachbezeichnungen zu bilden.
Rus ( russ ; Russe) – Rus ça ( russ-tscha ; Russisch)
Türk ( türk ; Türke) – Türk çe ( türk-tschä ; Türkisch)
Alman ( al-man ; Deutscher) – Alman ca ( al-man-dscha ; Deutsch)
İngiliz ( in-gi-lis ; Engländer) – İngiliz ce ( in-gi-lis-dschä ; Englisch)
Um diese Regel anwenden zu können, müssen Sie sich die stimmlosen Konsonanten einprägen. Hierbei gibt es eine Eselsbrücke. Merken Sie sich einfach diese beiden deutschen Wörter, die mit türkischen Buchstaben geschrieben sind: hai fi ş- po stku çe (Haifisch-Postkutsche). In diesen beiden Wörtern haben Sie die acht stimmlosen Konsonanten. Sie können sich aber auch einen türkischen Satz als Eselsbrücke einprägen: E fe Pa şa ço k ha sta. ( ä-fä pa-scha tschok hass-ta ; Der Pascha Efe ist sehr krank.) Auch in diesem Satz erscheinen nur stimmlose Konsonanten. Efe( ä-fä ) ist ein männlicher Vorname, das Wort paşa( pa-scha ) war ein Ehrentitel, mit dem im Osmanischen Reich Offiziere im Generalsrang, aber auch hohe Verwaltungsbeamte bezeichnet wurden. Das Wort wird in diesem Merksatz großgeschrieben, weil es als Titel dem Namen folgt und somit einen Teil des Eigennamens bildet.
Hier nun erfreuliche Neuigkeiten über die türkische Sprache: Türkisch kennt keine bestimmten Artikel und auch (wie im Englischen) kein grammatisches oder natürliches Geschlecht. So kann Türk( türk ) sowohl Türk e als auch Türk in bedeuten oder Alman( al-man ) kann der Deutsche oder die Deutsche sein.
Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass Türken, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind, sich besonders schwertun mit den Artikeln. Das liegt daran, dass es die Unterscheidung in männlich, weiblich und sächlich in ihrer Muttersprache nicht gibt. Ist Ihnen in einer Gesprächssituation auf Türkisch nicht klar, ob über eine Frau oder einen Mann gesprochen wird, können Sie einfach nachfragen. In diesem Buch wird in der Übersetzung nur eine Form angegeben (der Einfachheit halber meist die männliche).
Allerdings gibt es einen unbestimmten Artikel, der zugleich das Zahlwort »eins« darstellt: bir( bir ; ein/-e, eins). Wenn Sie die Anzahl eins ausdrücken möchten, stellen Sie biran den Anfang:
bir büyük kitap ( bir bü-jük ki-tap ; ein großes Buch, im Gegensatz zu zwei großen Büchern)
Wenn Sie den unbestimmten Artikel birverwenden möchten, stellen Sie das Wort birdirekt vor sein Bezugswort:
büyük bir kitap ( bü-jük bir ki-tap ; ein großes Buch, im Gegensatz zu ein großer Tisch )
Wortarten und Satzbildung
Grundsätzlich unterscheidet das Türkische zwischen Nomen und Verben. Ein Nomen ist alles, was kein Verb ist, also Adjektive, Substantive und so weiter. Das liegt daran, dass sämtliche Endungen entweder nur an ein Verb oder nur an ein Nomen angefügt werden können. Darüber hinaus ist eine Unterscheidung zwischen einem Substantiv und einem Adjektiv nicht immer möglich.
So kann das Wort Türk( türk ) das Substantiv »Türke/Türkin« bedeuten, oder es bezeichnet das Adjektiv »türkisch«. Ein weiteres Beispiel ist das Wort güzel( gü-säl ), das als Substantiv »die Schöne« bedeutet, als Adjektiv aber »schön«. Es gibt aber Endungen, die ausschließlich ein Substantiv bilden, und solche, die ein Adjektiv bilden.
Wie im Deutschen steht das Adjektiv vor seinem Bezugswort: güzel kız ( gü-säl kıs ; schönes Mädchen), yeni kitap ( jä-ni ki-tap ; neues Buch), büyük masa ( bü-jük ma-ssa ; großer Tisch).
Der Satzbau unterscheidet sich ziemlich vom deutschen Satzbau, der der Abfolge Subjekt – Prädikat – Objekt folgt: Nina (= Subjekt) geht (= Prädikat) nach Hause (= Objekt). Der türkische Satzbau ist anders angeordnet: Nina (= Subjekt) nach Hause (= Objekt) geht (= Prädikat).
Es gibt kein Verb für »sein« in der Gegenwart, wozu Sie in Kapitel 3einiges entdecken können. An dessen Stelle treten Personalendungen, sodass Sie es häufig mit Sätzen ohne Verb zu tun haben. In diesem Fall haben Sie am Ende des Satzes ein Prädikatsnomen; das bedeutet einen Satzkern, der aus einem Nomen besteht:
Ankara büyük. ( an-ka-ra bü-jük ; Ankara ist groß. Wörtlich : Ankara groß (ist).)
Elmalar taze. ( äl-ma-lar taa-sä ; Die Äpfel sind frisch. Wörtlich : Äpfel frisch (sind).)
In dieser Personalendung ist auch die entsprechende Person markiert, sodass Sie das Subjekt (das Personalpronomen) nicht nennen müssen. Das Subjekt ist in solch einem Satz in das Prädikatsnomen einverleibt. Sie erhalten dann einen Satz, der aus nur einem Wort bestehen kann:
Evimdeyim. ( ä-wim-dä-jim ; Ich bin in meinem Haus. Wörtlich: Haus mein in ich (bin).)
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