Für diese werden die Behandlungskosten vollständig vom öffentlichen Gesundheitsdienst übernommen. Personen mit niedrigem Einkommen haben zudem Anspruch auf eine sog. Community Services Card (CSC), mit der sie im Krankheitsfall erhebliche Preisnachlässe erhalten. Auch für Patienten, die mehr als 12-mal pro Jahr zum Arzt gehen, gibt es eine Karte, die „High use health card“, mit der die Betroffenen geringere Eigenanteile leisten müssen. Der behandelnde Arzt erhält den nicht vom Patienten getragenen Teil seines Honorars dann direkt von der zuständigen DHB. Kostenlos ist die hausärztliche Versorgung auch für Einwohner, die in sog. Primary Health Organisations (PHOs) eingeschrieben sind (s.u.).
Die Kosten von durch niedergelassene Ärzte verordneten Arzneimitteln müssen i.d.R. ebenfalls zum Teil selbst getragen werden. Für die ersten 20 Verschreibungen im Jahr fallen pro Medikament umgerechnet rd. 3 Euro an Zuzahlung an. Chronisch Kranke, die sich öfter als 20-mal im Jahr einer medizinischen Behandlung unterziehen müssen, erhalten für die ambulante ärztliche Versorgung sowie für Medikamente eine ergänzende finanzielle Unterstützung, zum Teil entfällt die Selbstbeteiligung völlig. Seit dem Jahr 2002 hat die Neuseeländische Regierung für alle in den PHOs eingeschriebenen Versicherten die Zuzahlungen spürbar reduziert, um so u.a. auch die Inanspruchnahme der hausärztlichen Versorgung auszuweiten.
Zahnärztliche Behandlung und Zahnersatz sind nicht im Leistungskatalog des öffentlichen Gesundheitsdienstes enthalten und müssen daher privat finanziert werden. Ausnahmen gelten für Inhaber der CSC.
Krankengeld und Mutterschaftsgeld werden vom Zentralstaat aus Steuermitteln finanziert.
Organisation der Versorgung
Neuseeländer können den Hausarzt frei wählen. Die Hausärzte arbeiten meist zu dritt oder viert in Gemeinschaftspraxen und sind oft in Ärztenetzen organisiert. Sie fungieren als Gatekeeper: Fachärzte können nur nach einer Überweisung durch den Allgemein- bzw. Hausarzt konsultiert werden. Die Regierung strebt seit mehreren Jahren erfolgreich an, die ambulante medizinische Versorgung über sog. Primary Health Organisations (PHOs) zu organisieren. Diese sollen – vergleichbar der Integrierten Versorgung in Deutschland – unterschiedliche Leistungserbringer im ambulanten Bereich zusammenschließen. Dabei sollen vor allem die Leistungen von Hausärzten und andere Gesundheitsdienstleistungen besser vernetzt und den in PHOs eingeschriebenen Versicherten koordiniert zur Verfügung gestellt werden. Die PHOs schließen dazu mit den DHBs Verträge über das von ihnen angebotene Leistungsspektrum und erhalten dafür Komplexpauschalen. Die Mitgliedschaft der Leistungserbringer in den PHOs ist freiwillig, wird aber staatlich unterstützt. Im Jahr 2017 waren über 98 Prozent aller Neuseeländer in PHOs eingeschrieben.
Fachärzte sind in der Regel in Krankenhäusern angestellt, sie dürfen neben dieser Anstellung aber auch noch private Praxen betreiben, in denen sie gegen Gebühren (Privat)Patienten behandeln.
Die Krankenhäuser befinden sich sowohl in öffentlicher als auch in privater Trägerschaft; es überwiegt aber die öffentliche Trägerschaft durch DHBs. Sie sind für die ambulante Versorgung geöffnet. Im internationalen Vergleich fällt die in Neuseeland vergleichsweise geringe Zahl an Krankenhausbetten auf: Während es im Jahr 2017 im Durchschnitt aller OECD-Staaten je 1.000 Einwohner 4,7 Betten gab, beträgt der entsprechende Wert für Neuseeland nur 2,7. Die Arztdichte liegt mit 3,3 praktizierenden Ärzten pro 1.000 Einwohner nahezu im Durchschnitt der OECD-Staaten, die Versorgung mit Pflegekräften ist überdurchschnittlich gut (10,2 Pflegekräfte auf 1.000 Einwohner).
Zuständige Behörde im Internet
Ministry of Health: www.health.govt.nz
Vertiefende Literatur
Gauld, R. 2017: The New Zealand Health Care System, in: Mossialos, E. et al. (Eds.): International Profiles of Health Care Systems. Commonwealth Fund. Washington, 121–128.
Grundstruktur
Das föderal aufgebaute Kanada verfügt über einen der gesamten Bevölkerung zur Verfügung stehenden öffentlichen Gesundheitsdienst ( Medicare ), der lange Zeit auf der Ebene der mit den deutschen Bundesländern vergleichbaren Provinzen organisiert wurde. Die gesundheitspolitische Zuständigkeit der kanadischen Bundesregierung ist im Wesentlichen auf die Rahmengesetzgebung, die (Mit-)Finanzierung sowie die Verantwortung für die Gesundheitsversorgung bestimmter Personengruppen (Indianer, Inuit, Soldaten und Kriegsveteranen) beschränkt.
Nach einem von 1989 bis 2005 dauernden Prozess der Dezentralisierung und Regionalisierung wird die Gesundheitsversorgung mittlerweile zum Teil durch regionale Gesundheitsbehörden sichergestellt, die allerdings nicht in allen Versorgungsbereichen über vollständige Autonomie verfügen. Bundesgesetze, insbesondere der sog. Canada Health Act aus dem Jahr 1984, stellen zudem sicher, dass bestimmte Rahmenbedingungen der Gesundheitsversorgung in allen Provinzen gleichermaßen gelten. So müssen die Provinzen alle gesetzlich vorgegebenen medizinischen Leistungen anbieten und diese auch der gesamten Bevölkerung ohne Zugangsbarrieren zur Verfügung stellen, wenn sie Gelder des Zentralstaats in Anspruch nehmen wollen. Rund zwei Drittel der Kanadier haben eine private Zusatzversicherung.
Finanzierung
Mit einem Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP in Höhe von 10,7 Prozent (2017) gehört Kanada weiterhin zur Spitzengruppe aller OECD-Länder (der OECD-Durchschnitt liegt bei 8,8 Prozent). Auch bei der Kennzahl „Gesundheitsausgaben pro Kopf“ zählt Kanada mit einem Wert von 4.812 US-Dollar (kaufkraftbereinigt) zu den Ländern, in denen überdurchschnittlich viel für Gesundheit ausgegeben wird. Betrachtet man die Jahre zwischen 2007 und 2017, so lag das durchschnittliche jährliche Wachstum der Gesundheitsausgaben pro Kopf bei – im internationalen Vergleich – eher moderaten 3,2 Prozent pro Jahr.
69 Prozent der gesamten kanadischen Gesundheitsausgaben sind öffentlich finanziert, die privaten Finanzierungsanteile teilen sich nahezu gleichermaßen auf Quellen der privaten Krankenversicherung und der Privathaushalte auf (13 bzw. 15 Prozent; alle Zahlen für 2017).
Der öffentliche Gesundheitsdienst wird zu 93 Prozent aus regional erhobenen Steuern finanziert. Bis 1976 beteiligte sich der Zentralstaat zur Hälfte an den Kosten der Gesundheitsversorgung der Provinzen. Im Jahr 1977 wurde die Finanzierungsbeteiligung des Zentralstaats dann auf an die Provinzen fließende Globalzuschüsse ( block grants ) umgestellt. Wirtschaftlich schwache Provinzen erhalten vom Zentralstaat zudem zweckgebundene Sonderzuweisungen. 2017 deckte der Zentralstaat auf diese Weise rund 24 Prozent der Gesundheitskosten der Regionen ab.
Einige Provinzen verlangen von ihren Einwohnern zudem zusätzlich Beiträge in Form von Kopfpauschalen bzw. zweckgebundenen Steuern. Ferner zahlen die Arbeitgeber einen auf das Einkommen der Beschäftigten bezogenen proportionalen Gesundheitsbeitrag, der allerdings zwischen den Provinzen variiert (zwischen 1 und 4,5 Prozent).
Leistungen
Die Leistungen des regional organisierten Gesundheitsdienstes stehen prinzipiell der jeweiligen Wohnbevölkerung offen – allerdings sind Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung nicht von allen Provinzen eingeschlossen.
Die medizinische Versorgung wird nach dem Sachleistungsprinzip erbracht. Der Leistungsumfang von Medicare wird auf Ebene des Bundestaates einheitlich festgelegt und ist im Vergleich zur deutschen GKV weniger umfangreich: Zahnersatz und Prothesen bei Erwachsenen im Erwerbstätigenalter sind im Regelfall ausgeschlossen und müssen daher selbst bzw. über eine private Versicherung getragen werden. In der ambulanten und stationären Versorgung gibt es keine Selbstbeteiligung. Arzneimittel werden im Rahmen einer Krankenhausbehandlung zuzahlungsfrei abgegeben. Bei allen im Rahmen einer ambulanten Versorgung verordneten Medikamenten fallen hingegen Zuzahlungen an, deren Höhe zwischen den Provinzen variiert. Die meisten Kanadier, rund zwei Drittel der Bevölkerung, verfügen daher entweder über individuell oder von den Arbeitgebern finanzierte private Zusatzversicherungen für Arzneimittel und Zahnersatz oder müssen sich auf spezielle Programme der Provinzen stützen. Diese haben in den letzten Jahren sog. Pharmacare -Programme aufgelegt, die die Versorgung von Patienten mit niedrigem Einkommen sicherstellen oder hohe Arzneimittelkosten abdecken sollen. Auch hier sind allerdings i.d.R. geringe Zuzahlungen fällig.
Читать дальше