Benno Elbs
Gottes Spuren im Alltag
Ein spiritueller Begleiter durch das Jahr
Mitglied der Verlagsgruppe „engagement“
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar.
© 2014 Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck
Redaktion: Reinhard Maier
Fotos: Reinhard Maier
Umschlaggestaltung: stadthaus 38, Innsbruck
Layout und digitale Gestaltung: Tyrolia-Verlag, Innsbruck
Druck und Bindung: Theiss, St. Stefan im Lavanttal
ISBN 978-3-7022-3398-3 (gedrucktes Buch)
ISBN 978-3-7022-3399-0 (E-Book)
E-Mail: buchverlag@tyrolia.at
Internet: www.tyrolia-verlag.at
Wie ein leises Berühren Wie ein leises Berühren In einer Spezialklinik für Frühgeborene. Die Babys sind so winzig klein und zart und zerbrechlich – sie haben oft nur 700 bis 800 Gramm –, dass sie im Brutkasten besonders geschützt werden müssen. Eine Krankenschwester erzählt mir von der kleinen Barbara, entbunden im siebten Schwangerschaftsmonat. Und ihre Mutter liegt mit einer schweren Vergiftung auf der Intensivstation. Die Situation ist äußerst kritisch. Wird sie überleben? Der Vater kommt mit dieser Situation nicht mehr zurande, verfällt in eine schwere Depression: Seine so geliebte Frau sterbenskrank, auch beim neugeborenen Baby die bange Frage: Kommt es durch? Er war nicht einmal fähig, sein Kind zu besuchen. Er hat das einfach nicht geschafft. Die Schwestern sorgten sich sehr um das Kleine. Trotz allem Bemühen, ihm Nähe zu schenken, spürten sie, wie sehr die kleine Barbara gerade jetzt die Geborgenheit der Eltern gebraucht hätte. Dann endlich, nach ein paar Tagen, kam Licht ins Dunkel. Es ging wieder aufwärts. Der Vater schaffte es wieder, seine Tochter und seine Frau zu besuchen. Die schlimmste Krise war überstanden. Beiden ging es schon wieder etwas besser. Und als die Eltern das Kleine in den Arm genommen haben, es an sich drückten, wie es die Nähe und Wärme seiner Eltern gespürt hat, da hat es gelächelt. Es ist aufgeblüht wie eine Blume. Nur ein leises Berühren hat das Kind zum Blühen gebracht. Das leise, zärtliche Berühren – durch andere Menschen, durch Gott – bringt uns Menschen zum Blühen, zur Entfaltung. Die Glücksforschung und die Ergebnisse der modernen Gehirnforschung belegen es wissenschaftlich: Zum Glück gehört ganz wesentlich das Gefühl des Dazugehörens. Zuwendung, Liebe sind ganz wichtige „Lebens-Mittel“ für uns Menschen. Sie sind wie das Grundwasser für unsere Seele. Die Texte dieses Buches möchten ein klein wenig dabei helfen, dem leisen Berühren Gottes in unserem Leben und in unserem Alltag nachzuspüren. Die meisten Beiträge sind im Laufe vieler Jahre als „Gedanken zum Sonntag“ in den Vorarlberger Nachrichten erschienen und wurden für die Veröffentlichung leicht überarbeitet. Die Meditationen laden ein zum Innehalten, zum Hinhorchen auf das Zusammenklingen von Leben und Gottes Wort in der Bibel und zum Atemholen für die Seele. Ich wünsche Ihnen beim Lesen, dass es Ihnen gelingt, die Ermunterung von Papst Franziskus ernst zu nehmen: „Habt keine Angst vor der zärtlichen Liebe Gottes.“ 1 Auch in seinem Schreiben „Evangelii Gaudium“ spricht der Papst vom Revolutionären der Zärtlichkeit und der Liebe. Demut und Zärtlichkeit sind nicht Tugenden der Schwachen, sondern der Starken. 2 Die zärtliche Liebe Gottes ist es, die die Menschen zum Aufblühen bringt.
Januar: In einen neuen Morgen JANUAR IN EINEN NEUEN MORGEN Der Blick in den Himmel Wir alle haben in unserem Leben Sternstunden erlebt: eine bestandene Prüfung, ein Studienabschluss, ein schöner Ausflug mit der Familie, eine Hochzeit, die Geburt eines Kindes. Persönliche Begegnungen, tragende Freundschaften oder schöne Erfahrungen und Erlebnisse können uns da in den Sinn kommen. Jeder Mensch hat seinen eigenen Sternenhimmel, seinen persönlichen Stern, der Halt und Orientierung gibt. Der große Philosoph Immanuel Kant meinte einmal, „die Weite des Sternenhimmels über uns und die Tiefe des moralischen Gesetzes in uns sind überzeugende Gottesbeweise“ 3 . Die Weisen aus dem Morgenland, die den neugeborenen König der Juden suchen und ein Kind in der Krippe finden, wie die Bibel berichtet (Matthäus 2,1–12), haben in den Sternenhimmel geschaut. Sie laden uns ein, den Sternenhimmel über uns zu sehen und unseren Blick zu weiten.
Der Blick in den Himmel JANUAR IN EINEN NEUEN MORGEN Der Blick in den Himmel Wir alle haben in unserem Leben Sternstunden erlebt: eine bestandene Prüfung, ein Studienabschluss, ein schöner Ausflug mit der Familie, eine Hochzeit, die Geburt eines Kindes. Persönliche Begegnungen, tragende Freundschaften oder schöne Erfahrungen und Erlebnisse können uns da in den Sinn kommen. Jeder Mensch hat seinen eigenen Sternenhimmel, seinen persönlichen Stern, der Halt und Orientierung gibt. Der große Philosoph Immanuel Kant meinte einmal, „die Weite des Sternenhimmels über uns und die Tiefe des moralischen Gesetzes in uns sind überzeugende Gottesbeweise“ 3 . Die Weisen aus dem Morgenland, die den neugeborenen König der Juden suchen und ein Kind in der Krippe finden, wie die Bibel berichtet (Matthäus 2,1–12), haben in den Sternenhimmel geschaut. Sie laden uns ein, den Sternenhimmel über uns zu sehen und unseren Blick zu weiten.
Ein kleiner Schritt rückwärts Ein kleiner Schritt rückwärts Wie sich die Einstellung doch ändert. Wenn vor Jahren jemand ein Plädoyer für den Verzicht gehalten hätte, hätte er sich dem Vorwurf ausgesetzt, den Menschen die Freude im Leben nehmen zu wollen. Aber heute, angesichts des Klimawandels, sprechen viele von Verzicht. Verzicht, das bezeichnet kein Fehlen, Verzicht kann vielmehr zum ganz großen Gewinn werden.
Da öffnet sich der Himmel Da öffnet sich der Himmel Die Taufe Jesu am Jordan. Im Evangelium heißt es dazu: „Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe.“ Bemerkenswert: Jesus hat noch nichts gesagt, noch nichts getan. Aber: „Du bist mein geliebter Sohn.“ (Markus 1,10f.) Es gibt für einen Priester kaum einen berührenderen Augenblick, als wenn Eltern ihr Kind zur Taufe bringen. Ein Lächeln liegt im Gesicht der Mitfeiernden, Tränen der Freude treten in die Augen der Eltern und Großeltern. In der Taufe sagen die Eltern ihrem Kind öffentlich und festlich: „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter.“ Und sie geben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass ihr Kind in den vielen Gefahren des Lebens beschützt ist.
Ich besuche mich Ich besuche mich Wüste – bei diesem Wort denken wir an Gefahr, Trockenheit, Hitze, Durst. Dort ist Leere, Einsamkeit, Weglosigkeit, dort haben wir den Tod vor Augen. Wüstenzeiten erleben wir in Existenzängsten, in Momenten des schmerzlichen Abschieds, in zweifelnden oder verzweifelten Stunden. Wüstenzeiten sind aber zugleich Augenblicke einer neuen Beurteilung und Sichtweise unseres Lebens. Sie führen uns an Haupt-Orte, an Sinn-Orte unserer Existenz. Sie leiten uns, um mit einem geflügelten Wort des Kabarettisten Karl Valentin (1882–1948) zu reden, nach Hause, werfen uns ganz auf uns selbst zurück: „Heute besuche ich mich, hoffentlich bin ich zu Hause.“ Einige Ermutigungen können als Richtschnur dienen, um bei sich zu sein, um neue Wege zum Leben zu entdecken:
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