„Dir wird der Humor wohl auch langsam vergehen?“
So begrüßte mich vor einiger Zeit ein Bekannter und spielte damit auf die damalige Situation der österreichischen Kirche an, die gerade von Skandalen heftig gebeutelt wurde. Ich war im ersten Moment etwas überrascht über diese Form der Begrüßung. Ich stellte fest, dass mir trotz der unerfreulichen Vorkommnisse die Freude an der Kirche nicht abhandengekommen war. Das Thema Humor gehört ja nicht nur in die närrische Zeit des Faschings. Und auch der Fasching ist mit eine Erfindung der Christen, die ein Gegengewicht zur Fastenzeit haben wollten.
Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz 11hat uns eindrücklich ermahnt, dass wir den Humor noch nicht ernst genug nehmen. Wenn Sie sich an Gespräche mit Menschen erinnern, die Ihnen ein Problem anvertraut haben, dann werden Sie merken, dass das Gespräch oft eine andere, eine gute Richtung nahm, wenn ein Mensch ein wenig über sich und seine Situation lachen konnte. Humor eröffnet neue Möglichkeiten der Wahrnehmung.
Viktor Frankl 12sieht im Humor, in der Heiterkeit eine Eigenschaft, die psychische und physische Gesundheit fördert. Einer seiner heilenden Ratschläge ist die „Paradoxe Intention“: Ich tue mit Humor gerade das, wovor ich mich am meisten fürchte. Hoffnung tritt dann an die Stelle der Angst.
Christen haben allen Grund zur Heiterkeit
„Christen sollte man anmerken, dass sie eine frohe Botschaft zu verkünden haben. Nichts wirkt deprimierender als ein christlicher Sprecher, der jammert und den Hörer ratlos und verängstigt zurücklässt.“ So meinte einmal der deutsche Bundespräsident Karl Carstens.
Eine Anekdote bringt diesen oft gehörten Gedanken auf den Punkt: Der Bischof kommt zu einer Priesterversammlung und ermutigt seine Pfarrer, die Predigten doch mit mehr Mimik und Gestik zu unterstreichen. „Wenn Sie vom Himmel reden“, so sein wohlgemeinter Ratschlag, „dann machen Sie einladende Handbewegungen und ein strahlendes Gesicht.“ „Und wenn wir von der Hölle predigen?“, will einer der Pfarrer wissen. – „Dann können Sie so bleiben, wie Sie sind.“
Es tut gut, Christen mit einer ansteckenden Heiterkeit zu erleben. Heiterkeit und Fröhlichkeit sind Zeichen für eine stimmige Spiritualität. Ein heiterer Mensch verschließt die Augen nicht vor der Situation der Welt oder der Kirche. Er verdrängt das Dunkle nicht. Aber er sieht alles aus einer anderen Perspektive, aus einer Perspektive des Geistes, der auch die Finsternis durchschaut, bis er auf den leuchtenden Grund Gottes darin stößt. Wir Christen können aus der Gewissheit heraus fröhlich sein, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. „Seid fröhlich in der Hoffnung, geduldig in der Bedrängnis, beharrlich im Gebet!“, ruft uns der Apostel Paulus zu (Römer 12,12).
Ohne Lachen lässt sich nicht leben
Lachen ist gesund. Du hast Lachen nötig.
Humor ist gesund.
Ob du an diese Seite deiner Gesundheit
wohl genug denkst?
Durch deine ganzen Sorgen
machst du dir Falten in dein Herz,
und schnell hast du dann
auch Falten im Gesicht.
Lachen befreit. Humor entspannt.
Lachen kann dich erlösen vom falschen Ernst.
Lachen ist die beste Kosmetik fürs Äußere
und die beste Medizin fürs Innere.
Regelmäßig die Lachmuskeln betätigen –
das ist gut für die Verdauung,
der Appetit kommt in Gang,
und der Blutdruck bleibt stabil.
Humor gibt dir ein Gespür für die Dinge,
wie sie sich zueinander verhalten
und wie viel Gewicht ihnen zukommt.
Lachen und Humor wirken sich aus
nicht nur auf deinen Stoffwechsel,
sondern auch auf deine Umgebung.
Lachen und Humor entlasten.
Sie verringern Spannungen und Tränen.
Sie befreien vom erdrückenden Ernst
der bleiernen Probleme,
von der erstickenden Luft des Alltags.
Lachen und Humor –
das beste Mittel gegen Vergiftung
von Geist und Herz.
Lachen und Humor machen den Weg frei
zu ungeahnter Lebensfreude.
Was ist ein verlorener Tag?
Ein Tag, an dem du nicht gelacht hast!
(Phil Bosmans) 13
Pünktlich wie die Uhr wird uns die Zeit der Buntheit, des Lärms, der Dekoration und Maskerade beschert. Wieder befinden wir uns in der Zeit des Faschings, einer Zeit des Gleichmuts und der plakativen Freude. Allerorts wird ausgiebig gefeiert, getanzt und gelacht. Viele von uns erleben den Fasching wie eine Woge des „vollen Lebens“ vor der Zeit der Ruhe und der Besinnung.
Jüngst habe ich gelesen, der Humor zähle zu jenen geistigen Gaben, die uns für kurze Augenblicke Aspekte der Wirklichkeit verändern lassen. Mit Witz und Lachen werden angstmachende Momente des Lebens erträglich, oftmals sogar gelöst, aufgehoben. In einer Situation, die uns bedrohlich erscheint, schafft der Humor die notwendige Distanz, um Hoffnung zu schöpfen. Humor setzt Selbstkritik voraus. Der tiefen Erkenntnis also ist der Humor vorangestellt, so wie der Fasching der Fastenzeit vorausgeht.
Wechselspiel von Freude und Trauer
Unser Leben bewegt sich im Wechselspiel zwischen Freude und Trauer. Beides kann nur erkannt werden, wenn es auch das andere gibt. Das Lachen bleibt dabei ein Geheimnis. Es gibt das behagliche, verspielte, freudige Lachen genauso wie die verzweifelte, zynische oder gar abfällige Tollerei. Lachen ist eine zutiefst menschliche Eigenschaft, das ist gewiss. Unser Leben ist voller komischer Episoden, Ereignisse und Anlässe für humorige Äußerungen. Gelassenheit und Humor können weise machen, wie diese „Seligpreisungen“ von Urban Camenzind-Herzog nahelegen:
„Selig die, die über sich selbst lachen können;
sie werden immer genug Unterhaltung finden.
Selig die, die einen Berg von einem Maulwurfhügel
unterscheiden können;
sie werden sich viel Ärger ersparen.
Selig die, die schweigen und zuhören können;
sie werden dabei viel Neues lernen.
Selig die, die fähig sind, sich auszuruhen und zu schlafen,
ohne dafür Entschuldigungen zu suchen;
sie werden weise werden.
Selig die, die lächeln können und kein böses Gesicht machen;
sie werden sonnenbeschienen sein.
Selig die, die denken, bevor sie handeln, und beten, ehe sie denken;
sie werden eine Menge Dummheiten vermeiden.
Selig die, die lächeln und schweigen können, auch wenn
man ihnen das Wort abschneidet oder auf die Zehen tritt;
sie sind dem Geiste des Evangeliums sehr nahe.
Selig die, die es verstehen, die kleinen Dinge ernst und die
ernsten Dinge gelassen anzusehen;
sie werden im Leben sehr weit kommen.“ 14
Anliegen hinter den Masken
Wenn wir also bei einem Faschingsumzug hinter die lachenden Fassaden blicken, hinter den Lärm, hinter die Böller und die Masken, so werden wir viele ernsthafte, tiefe Anliegen der Menschen erkennen. Da finden sich Gruppen zusammen, die in wochenlanger Kleinarbeit ein politisches, ein gesellschaftliches oder soziales Thema in einen „Auftritt“ verpacken und allen Menschen bei Umzügen präsentieren. Da werden Politiker entmystifiziert, indem über sie gelacht werden darf, da werden wichtige Themen für die Gemeinde oder die Stadt in humoriger Weise präsentiert, da nehmen sich prominente Persönlichkeiten durch ihre Teilnahme am Umzug selbst „auf die Schaufel“. Sie sind es, die uns vorleben, dass Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Auch über sich selbst. Und sich damit bestens selbst unterhält.
Читать дальше