Die benachbarte Medersa Attarine(1323–1325 vom Meriniden-Sultan Abou Said errichtet) zählt zu den schönsten Koranschulen in Fès. Hier bewundert man almohadisches Dekor mit Mosaiken, Stuckornamenten und Zedernholzarbeiten in kunsthandwerklicher Perfektion (war 2019 wegen Renovierung geschlossen).
Weiter von der Medersa Attarine erreicht man die Medersa Misbahiya,eine Koranschule, die 1331 unter der Regentschaft von Sultan Abu el Hassan el Merini erbaut wurde und teilweise zerstört ist. Kurz nach der Medersa bietet sich ein Blick in den schönen alten Funduq Tattawinenahe der Karaouyine-Moschee.
Läuft man von der Karaouyine nordwärts in Richtung Bab Guissa (nördliches Stadttor), kommt man am hübschen Place Saghamit alten Platanen vorbei. Hier befindet sich der Funduq Saghaaus der ersten Hälfte des 18. Jh. mit prächtigem Eingangsportal. Das sehenswerte Innere wurde vor wenigen Jahren renoviert. Nördlich der Karaouyine lohnt sich auch ein Blick auf die Zaouia Sidi Ahmed Tijani. Tijani war im 18. Jh. der Gründer des gleichnamigen Ordens, einer Sufi-Bruderschaft. Seine mystischen Lehren sind heute vor allem in Westafrika verbreitet. Die renovierte Fassade ist ein echter Hingucker mit unglaublich filigranen Stuckornamenten und Zedernholzschnitzereien.
Südlich der Karaouyine liegt eine weitere bedeutende Koranschule, die Medersa Cherratine,die größte der Koranschulen, die von der Zaouia des Moulay Idris in Richtung Karaouyine über die rechte Seitenstraße in Richtung Messingschmiede erreichbar ist. Teilweise renoviert, ist die Medersa sehr sehenswert, doch viele Mosaike, Stuck- und Zedernholzarbeiten sind immer noch recht stark verwittert (Eintritt: 20 DH, tägl. 8.30 und 17 Uhr).
Hinter der Karaouyine in Richtung Gerberviertel liegt die Medersa Seffarineaus der Merinidenzeit (gegründet von Abou Youssef Yakoub Ende des 13. Jh.). In der Medersa leben und lernen immer noch 100 Theologiestudenten in winzigen Kammern. Eine Besichtigung ist wegen des laufenden Betriebs meist nicht möglich. Auf dem Place Seffarine(N 34°03,857’, W 04°58,355’) fertigen die Kesselmacher und -flicker mit lautem Gehämmer riesige Bottiche und Kupferkessel, die in erster Linie bei großen Festen und Hochzeiten Verwendung finden. Lokale Berühmtheit erlangte der Kupferschmied Hamid Felah , der seine Künste sogar einmal auf der Internationalen Handwerksmesse in München zeigen durfte (Werkstatt mit Süddeutsche-Zeitung-Artikel an der Tür). Am Platz weist eine kleine Tafel auf das Eingangsportal zur Bibliothek Karaouyine(gegründet im 14. Jh.) hin: Dort lagern 30.000 jahrhundertealte Schriften, darunter auch Manuskripte von Ibn Khaldoun .
Das Wollfärberviertelnahe dem Seffarine-Platz ist etwas kleiner als dasjenige in Marrakesch. Gefärbte Tücher und bunte Wollbündel hängen dekorativ über den Gassen und neben den Verkaufsläden.
Im Viertel Sidi Moussa, nahe der Gerberei Moussa (s.u.), versteckt sich das Privatmuseum Musée Belghaziin einem alten Stadtpalais (Riad) mit prachtvollem Innenhof. Der Weg durch mehrere enge Gassen ist von der Talaa Seghira bzw. Kebira und vom Place Seffarine ausgeschildert, aber trotzdem nicht einfach zu finden. Hier werden Kunsthandwerk und kostbare marokkanische Antiquitäten ausgestellt (tägl. 9–18 Uhr, Eintritt: 40 DH, Tel. 0535 74 11 78). Von der Dachterrasse bietet sich ein herrlicher Blick, auf Vorbestellung gibt es auch Essen.
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Ein Besuch bei den Gerbern gehört zu einer Stadtführung dazu
Höhepunkt der Fès-Stadtführungen ist ein Besuch bei den Gerbern.Hier werden in schwerer Handarbeit Leder und Fellegegerbt und gefärbt. Zuerst müssen die Felle enthaart, gereinigt und dann gekalkt werden. Danach folgt das Beizen und eine erneute Reinigung. Es gibt Betonbottiche, die zum Kalken verwendet werden, und andere, in denen die Felle gefärbt werden. Anschließend legen die Gerber die Felle zum Trocknen aus. Lederwaren aus Fès wurden wegen ihrer guten Qualität schon im 12. Jh. bis nach Bagdad transportiert. Wegen des Gestanks der Gerb- und Beiztröge und des hohen Wasserbedarfs liegen die noch bestehenden Viertel alle an der Westseite des Oued Fès.
Sidi Moussaim Viertel Guernizist das älteste Gerberviertelvon Fès – hier arbeiteten die Gerber schon im Mittelalter, und an der Arbeitstechnik (Enthaaren, Gerben, Färben der Felle) scheint sich nicht viel geändert zu haben. Ausblick auf den Gerberhof hat man z.B. von der Terrasse eines Shops direkt links neben dem Eingang zum Nejjarine-Museum (vgl. oben). Das größte und bekannteste Gerberviertelist Chouwara(sprich: Schuwara, N 34°03,955’, W 04°58,277’) direkt am Oued Fès (Oued Bou Khrareb) nördlich des Medina-Zentrums zwischen Karaouyine und dem Fluss. Von den hohen Terrassen der umliegenden Lederwarenläden eröffnet sich ein guter Blick in die Gerberhöfe (Besichtigung von unten nicht mehr möglich). Besucher mit empfindlicher Nase bekommen ein Minzblatt gereicht … Für den Service wird ein Trinkgeld erwartet, bzw. man freut sich, wenn mal jemand etwas kauft. Beide Gerberviertel wurden in den letzten Jahren komplett renoviert. Die Felle können nun auch innen getrocknet werden, die Gebäude der Gerber sind beheizt und es gibt Duschen. Die Gerbarbeit ist zwar immer noch ein Knochenjob, die (meist jungen) Männer verdienen jedoch weit überdurchschnittlich, zudem erhalten sie von den umliegenden Lederläden eine Art Provision für die von ihnen geschossenen Touristenfotos. Die Läden müssen das entsprechend mit Verkäufen wieder erwirtschaften …
Auf dem Weg zu den Gerbern bzw. zurück liegt in Richtung Attarine-Moschee rechter Hand das Teppichhaus Dar el Mansourin einem alten Stadtpalast (vgl. „Einkaufen“). Wie der Besuch eines Teppichpalastes gehört zum Medina-Rundgang auch die Besichtigung eines alten Dräz,eines traditionellen Weberhauses, in dem man den Handwerkern an den Webstühlen zuschauen und direkt einkaufen kann. Eines der schönsten liegt zwei Gassen nördlich der Karaouyine in derselben Gasse (Derb Touil) wie das Palais Vizir(Teppichhaus und Restaurant). Die Weber stellen nicht nur bunte Stoffe aus Seide und Baumwolle her, sondern auch sehr schöne Tücher aus Agavenseide.
Lohnend ist auch ein Besuch bei den letzten traditionellen Brokatwebernam Place Ibn Baij (an der nordwestlichen Stadtmauer). Dem Meister Haj Abdelkader Ouazzini und seinen Handwerkern bei der Arbeit über die Schulter zu schauen, ist ein Erlebnis. Seine Werkstätte erreicht man am einfachsten, indem man sich mit dem Taxi zum obigen Platz fahren lässt und dort die Stadtbesichtigung beginnt bzw. von den Webern in Richtung Gerberei fortsetzt. Dieser Ausgangspunkt hat den Vorteil, dass man ohne Touristenrummel anfängt und sich nach und nach ins turbulente Herz der Medina vorarbeitet.
Wenn man im Zentrum der Medina von der Karaouyine zurück zum Seffarine- und Nejjarine-Platz bummelt, erreicht man über die Talaa Seghirawieder den Ausgangspunkt am Bab Boujeloud. An der Talaa Seghira in Richtung Bab Boujeloud auf der rechten Seite lohnt das renommierte Haus L’ Art du Bronze(vgl. „Einkaufen“) von Ahmed Guernani einen Besuch. Der alte Herr ist wohl der bekannteste marokkanische Ziseliermeister und hat inzwischen das Geschäft an seinen Sohn Mohamed übergeben. Hier kann man den Kunsthandwerkern dabei zusehen, wie sie hämmern, meißeln und feine Muster ins Metall (Silber, Bronze, Messing) stechen.
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