Frank Berger - Julius Payer. Die unerforschte Welt der Berge und des Eises

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Julius Payer gehört zu den größten und bedeutendsten Entdeckern Österreichs und zu den ganz wenigen österreichischen Polarfahrern von Weltrang. Sein bewegtes, spannendes und abenteuerliches Leben wird anlässlich seines 100. Todestages in dieser detailliert recherchierten und umfangreich bebilderten Biografie nachgezeichnet. Der im nordböhmischen Kurort Teplitz-Schönau geborene Payer war ein Mann mit vier Karrieren. Als Alpinist führte er innerhalb von fünf Jahren 21 Erstbesteigungen im Adamello-Presanella-Gebiet und 38 Erstbesteigungen im Ortler-Gebiet durch. Als Polarfahrer entdeckte er im Zuge einer spektakulären Expedition, die mehr als einmal auf des Messers Schneide stand, neue Gebiete in Nordostgrönland (1869/1870) und auf Franz-Josef-Land (1873/1874). Als Schriftsteller verfasste er die geografischen Grundlagenwerke zu fünf Gebieten der Ostalpen und landete mit seinem polaren Reisebericht einen österreichischen Bestseller des 19. Jahrhunderts. Als Historienmaler war er außerdem mit seinen Monumentalgemälden für kurze Zeit weltberühmt.

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Frank Berger

JULIUS PAYER

DIE UNERFORSCHTE WELT DER BERGE UND DES EISES

INHALT

Kapitel 1

FAMILIE UND MILITÄRLAUFBAHN

Kapitel 2

ALPINISTISCHE ANFÄNGE: DAS GLOCKNERGEBIET

Kapitel 3

ADAMELLO UND PRESANELLA (1864 UND 1868)

Kapitel 4

PAYERS ZWEITE HEIMAT: DER ORTLER

Kapitel 5

DIE ZWEITE DEUTSCHE POLARFAHRT (1869–1870)

Kapitel 6

DIE „ISBJÖRN“ – EXPEDITION IN DIE SPITZBERGENSEE (1871)

Kapitel 7

VOR DER GROSSEN REISE (1872)

Kapitel 8

DIE ENTDECKUNG VON FRANZ-JOSEF-LAND (1872–1874)

Kapitel 9

RÜCKKEHR IM JUBEL (1874)

Kapitel 10

ORDEN UND EHREN (1874–1876)

Kapitel 11

DIE ERGEBNISSE DER POLAREXPEDITION

Kapitel 12

FANNY KANN, DIE LIEBE AUS FRANKFURT

Kapitel 13

MALER IN FRANKFURT UND MÜNCHEN (1876–1882)

Kapitel 14

ERFOLG ALS KÜNSTLER: DIE BAI DES TODES (1883)

Kapitel 15

PARIS. GROSSE BILDER MIT EINEM AUGE (1884–1887)

Kapitel 16

STREIT UND TRENNUNG (1888/1889)

Kapitel 17

EIN MALLEHRER MIT POLARPLÄNEN

Kapitel 18

DIE PAYERSCHLANGE

Kapitel 19

TOD UND NACHLEBEN

Kapitel 20

QUELLEN UND HINWEISE

KAPITEL 1

FAMILIE UND MILITÄRLAUFBAHN

HERKUNFT UND FAMILIE

Julius Johannes Ludovicus Payer wurde am 1. September 1841 im nordböhmischen Kurort Teplitz-Schönau (Teplice-Šanov) als Sohn von Franz und Blandine Payer geboren. Die Taufe fand in der Pfarre St. Elisabeth statt. Als Geburtsdatum findet sich in der Geburtsmatrikel des Pfarramtes der 2. September, aber Payers eigener Aussage zufolge hatte er am 1. September Geburtstag. Er hatte zwei Brüder, den 1836 geborenen Richard, der als Amazonasreisender bekannt wurde und den 1844 geborenen Hugo, der zwanzigjährig starb.

Julius Payer wird heute in der Werbung als der berühmteste Sohn der Stadt Teplice bezeichnet. Der Ort Teplitz war im Jahre 1841 dank seiner Heilquellen und des reichen kulturellen und gesellschaftlichen Lebens der „Salon Europas“ und ein „Klein-Paris“. Die Heilkraft der Thermen und der Kurbetrieb zogen Zaren, Kaiser, Könige, Adel, Diplomaten, Geschäftsleute, Dichter und Gelehrte des ganzen Kontinents an. Beethoven, Goethe und Humboldt badeten in diesen Quellen. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen war 1841 das 25. Mal in ununterbrochener Reihenfolge in Teplitz. Dank unzähliger Ortsund Bäderführer sind Sehenswürdigkeiten und Alltag dieses Ortes heute noch präsent. Teplitz bestand aus drei Teilen, der Stadt selbst, dem Schlossbezirk und der Judenstadt. Wenige Minuten östlich lag, verbunden durch die Lindenstraße, das Dorf Schönau.

Im Jahre 1841 hatte die Stadt Teplitz 422 Häuser sowie 3000 Einwohner, Schönau besaß 85 Häuser und 650 Einwohner. Sämtliche Bürger sprachen deutsch. Der Haupterwerb der Bevölkerung bestand in der Bedienung der Kurgäste, so verwundert es nicht, dass es allein 63 Schankwirtschaften gab. In der Töpferschänke war 1810 der Dichter Johann Gottfried Seume gestorben. Die Kurfrequenz weist aus, dass sich 1841 knapp 4000 „Parteien“ dem Kurbetrieb widmeten und 1861 etwa 6500 Personen bzw. Paare und Gruppen. Schutzherrn des Kurortes waren die Grafen Clary-Aldringen. Im Schloss residierte seit 1831 Fürst Eduard Moritz, ein eifriger Förderer des Bäderwesens und der örtlichen Infrastruktur.

TeplitzSchönau Foto um 1860 Postkarte Die Eltern Julius Payers besaßen das - фото 1

Teplitz-Schönau, Foto um 1860 (Postkarte)

Die Eltern Julius Payers besaßen das Haus „Morgenstern“ an der Schlangenbadstraße in Schönau. Das Geburtshaus kann heute jederzeit aufgesucht werden, denn es beherbergt das 4-Sterne-Hotel „Payer“. Die heutige Anschrift lautet: „U Hadích Lázní 1153/44“. Zwei Tafeln neben dem Eingang erinnern an den berühmten Alpinisten. Vom Haus aus schweift der Blick auf das Steinbad, das heutige „Kaiserin-Elisabeth-Bad“, und den Schönauer Kurpark. Hinter dem Haus liegt die Stefanshöhe, heute „Janáckovy Sady“. Sie erhebt sich direkt am Hinterhof des Hauses mit einem 15 m hohen steilen Felsen, der heute mit einem Gitter gesichert ist. Hier dürfte der kleine Julius seine ersten Kletterübungen vollzogen haben.

Die Familie Payer stammte seit vielen Generationen aus dem Ort Kriegern (heute: Kryry) bei Podborany (Krutský 1993, S. 52). Payers Vater, Franz Anton Rudolf, wurde am 7.4.1791 in Kriegern geboren. 1807 trat er als privater Kadett in ein Infanterieregiment ein. 1813 wurde er Leutnant. Ab 1815 diente er im Ulanenregiment Nr. 4, in dem er 1821 zum Oberleutnant und 1830 zum Rittmeister befördert wurde. Anfang 1832 wurde Franz Payer zum Infanterieregiment Nr. 26 „Herzog von Nassau“ versetzt und im gleichen Jahr im Rang eines Hauptmanns in den Ruhestand verabschiedet. Im Rahmen seines Militärdienstes war Franz Payer als Kartograf und Zeichner tätig, Fähigkeiten, die er seinem Sohn Julius weitervermittelte. Als Ruhesitz wählte der Pensionär Franz Payer den Kurort Teplitz-Schönau. Hier lernte er seine Frau Blandina Franziska John kennen, mit der er drei Söhne haben sollte. Das Paar heiratete erst nach der Geburt des zweiten Sohnes Julius. Anschließend zogen die Eltern vom „Morgenstern“ in das Haus „An der Weinlese“ in Teplitz, Grüne Straße (heute: Zelená) Nr. 24 um. Hier starb Franz Anton Rudolf Payer 1855 im Alter von 65 Jahren an einer Lebererkrankung.

Mütterlicherseits entstammt Julius Payer der Familie John, die nach dem 30-jährigen Krieg von Seestadl (Ervenice) nach Teplitz zog (Krutský 1993, S. 53–55). Payers Großvater war Dr. Ludwig Alois John (1760–1834), Jurist, Schriftsteller und Chronist von Teplitz. Nach dem Studium der Rechte in Prag und Dresden wurde er Stadtsyndikus, Advokat und Rechtsvertreter der Fürsten Clary. Neben seinen juristischen Aufgaben entfaltete er eine reiche Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wohltätigkeit und Heimatforschung. Er publizierte tschechische Legenden mit Bezug zu Teplitz. Die Prager Universität verlieh ihm 1805 das Ehrendoktorat der Philosophie. Ludwig Alois John heiratete 1790 Philippina Rauscher, die Tochter des Teplitzer k. k. Postmeisters Franz Rauscher. Von den acht Kindern dieser Ehe erreichten nur der Sohn Eduard und die Tochter Blandina das Erwachsenenalter.

Plakette am Geburtshaus Payers (F. Berger)

Blandinas Großonkel Dr Johann Dionysus John 17641814 war Arzt anerkannter - фото 2

Blandinas Großonkel Dr. Johann Dionysus John (1764–1814) war Arzt, anerkannter Autor von ärztlichen Publikationen und erster Professor für Gerichtsmedizin an der Universität Prag. Aus Liebe zu seiner Heimatstadt gab er 1796 seine Professur auf und gründete in der Lindenstraße in Teplitz das John`sche Spital für arme fremde Kurbedürftige. 1814 wurde er ein Opfer seines Berufes. Nachdem er 289 Personen in Teplitz von Typhus geheilt hatte, starb er selbst daran. Dr. Johann John hatte zwei Töchter. Die Tochter Maria heiratete den späteren Bankoberkontrolleur Anton Pechwill. Dieser Ehe entsprangen vier Kinder, zwei Töchter und zwei Söhne namens Julius und Gustav.

Gustav Pechwill (1819–1905), der Cousin zweiten Grades, war zeitlebens der engste familiäre Vertraute Julius Payers. Pechwill brachte es zum Hofrat im Wiener Finanzministerium. Der hochgebildete Jurist stand in brieflichem Kontakt mit Adalbert Stifter. Gustav Pechwill war mit Eugenie, geborene Knörlein aus Linz († 1936), verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Eugenie Pechwill war Frauenrechtlerin. Sie gehörte seit 1906 dem Vorstand des Wiener Frauenerwerbsvereins an. Julius Payer betrachtete Gustav und Eugenie Pechwill als seine Familie. Dazu gehörte auch noch ein Neffe der Eugenie Pechwill, Rudolf von Gallois (geb. Linz 1862 – gest. Wien 1926). Die Korrespondenz von Julius Payer mit Cousin Pechwill, erhalten in der Österreichischen Nationalbibliothek, datiert von 1872 bis 1895. Dieses Konvolut von ca. 160 Briefen ist die wichtigste Quelle für mehr als zwei Lebensjahrzehnte Julius Payers.

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