ES GIBT
EINEN BERG
JEDES
ALTER
MIT ILLUSTRATIONEN
VON WOLFGANG SCHÜSSEL
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1. Auflage
© 2020 Bergwelten Verlag bei Benevento Publishing Salzburg – München eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg
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Red Bull Media House GmbH
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5071 Wals bei Salzburg, Österreich
Umschlaggestaltung & Satz: b3K design, Andrea Schneider, diceindustries
Coverillustration: diceindustries unter Verwendung einer Abbildung von Vertyr / shutterstock
Illustrationen: Wolfgang Schüssel
außer Vorsatz/ Nachsatz: MC Bene
Textauszug S. 54
aus: Jürgen Habermas, Glauben und Wissen.
Rede zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2001.
© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2001. Alle Rechte bei und vorbehalten durch Suhrkamp Verlag Berlin.
ISBN 978-3-7112-0023-5
eISBN 978-3-7112-5015-5
*1930 Sepp Forcher STEINIGEN PHILOSOPHIE. Lesenswert, bereichernd und begeisternd! Sepp Forcher
Steinige Philosophie Sepp Forcher
*1975 Andreas Lesti
Der sprechende Berg
*1968 Alexander Huber
Wolfszahn – der schwierigste Berg der Antarktis
*1955 Manfred Scheuer
Äußere und innere Aufstiege
*1986 Marlies Czerny
Mein Schritt mit Folgen
*1974 Ursula Strauss
Der Berg ruft
*1981 Katharina Schneider
König Damavand
*1986 Angy Eiter
Abschalten – Auftanken
*2005 Constantin Tischner
Unerwartete Abenteuer
*1963 Barbara Stöckl
Diamant
*1945 Wolfgang Schüssel
Drama um Kora und Kailash
*1952 Gertrude Reinisch-Indrich
Rund um Österreich
*1963 Dirk Rumberg
Entscheidung im Leitl
*1968 Axel Naglich
Ortler-Nordwand für Fortgeschrittene
*1970 Klaus Haselböck
Nächtens am Sepp-Huber-Steig
*1969 Johanna Doderer
Abseilachter und Jausenbox
*1944 Hans Gasperl
Wanderjahre
Im Gegensatz zu den Bergen selbst hat sich der Zugang zu ihnen im Lauf der Jahrzehnte beträchtlich verändert. Das Erreichen eines Gipfels, die Bezwingung einer Wand lösen schon lange kein Jubelgeschrei mehr aus. Die vielbewunderten Großtaten des Alpinismus haben an Strahlkraft verloren. Heute, so scheint es, dienen die Berge eher als Staffage, als Bühnenbild für uns kleine Menschen mit unseren vermeintlich großen Problemen.
Es gibt einen Berg für jedes Alter. Auf den ersten Blick scheinen hinter diesem Satz vielleicht nicht mehr als tröstende Worte zu stecken. In diesem Buch jedoch tritt eine Gedankenwelt zutage, die ein vollkommen neues Bild des Bergerlebens zeichnet.
Es sind die Selbstportraits von Menschen aller Altersstufen vor dem Hintergrund »ihres« Berges, ihrer Erlebniswelt, ihrer ganz persönlichen
STEINIGEN PHILOSOPHIE.
Lesenswert, bereichernd und begeisternd!
Sepp Forcher
Ist man mit Mitte 40 noch zu jung für das Matterhorn? Andreas Lesti hat den Eindruck, der Berg der Berge rufe ihm genau das zu .
In den vergangenen 15 Jahren war ich viermal in Zermatt, am Fuße des Matterhorns, und jedes Mal kam ich diesem Berg der Berge ein Stückchen näher. Ich war 30 Jahre alt und in Ehrfurcht erstarrt vor der Nordwand gestanden, den Kopf weit in den Nacken gelegt, um die bedrohlichen Ausmaße überhaupt fassen zu können. Ich dachte mir das, was sie auch vor 200 Jahren gedacht haben müssen: Unmöglich, diesen Zacken zu besteigen! Ich wanderte damals auf dem Pfad ins Zmutt-Tal, kochte mir mithilfe eines Gaskochers auf einem großen Felsen ein Mittagessen und dachte über die Psyche der Wahnsinnigen nach, die dort hinaufsteigen. Und dann vernahm ich, ganz leise, eine Stimme: »Ach komm«, sagte sie, »schau mich doch mal genauer an, so unmöglich bin ich gar nicht. Ich schaue nur so fies aus.« Ich kniff die Augen zusammen und drehte mich um. Doch da war niemand. Waren das erste Anzeichen der Höhenkrankheit? »Sieh dir mal meinen Hörnligrat genauer an«, fuhr die Stimme fort, »komm doch noch ein Stück näher.« Und ihr hypnotischer Klang hallte nach: »… näher, näher, näher …«
Besorgt über meinen Geisteszustand wanderte ich weiter durch das Geröllfeld, hinauf zu den Ausläufern des Grats und stand nach einer Weile ein paar Hundert Meter unterhalb der Hörnlihütte. Von hier aus sah ich die Ostwand zum ersten Mal aus nächster Nähe und den Verlauf des Hörnligrats, der populärsten Besteigungsroute, die auf einer klar erkennbaren Linie bis zum Gipfel verläuft und die dunkle Nordwand von der hellen Ostwand trennt. Von hier aus sah die Besteigung wirklich nicht unmöglich aus. »Na?«, fragte das Matterhorn noch, und dann vernahm ich nur noch den schneidenden Wind. Was wollte es mir damit sagen?
Das Matterhorn ist alles andere als ein gewöhnlicher Berg. Selbst wenn man es schon auf Hunderten von Postkarten, Fotos, Bildern und Werbeschildern gesehen hat, ist man tief beeindruckt, wenn man es in echt sieht. Wie nah man dieser 4478 Meter hohen Felspyramide schon in Zermatt kommt, wie sie den Ort bedrängt, das Dorf überragt und bestimmt, wie sie sich von allen anderen Gipfeln rundherum abhebt und dabei formvollendet die Wolken aufspießt. Es gibt zwar noch sechs höhere Gipfel in den Alpen, aber keiner erhebt sich so prominent und dominant über die anderen. Täglich kommen Zigtausende Touristen nach Zermatt und fahren mit den Bergbahnen auf den Gornergrat oder das Kleinmatterhorn – nur um dieses Schweizer Wahrzeichen einmal im Leben zu sehen.
Auch im Ort ist der Berg omnipräsent: In der Bahnhofstraße, dieser Mischung aus alten Holzhäusern, leer stehenden Zweckbauten, geschmacklosen Hotelbunkern aus den Siebzigerjahren, alten Grandhotels, Apotheken, Bäckereien, Sport- und protzigen Uhren- und Immobiliengeschäften, sieht man ihn von überall aus. Und wenn man das Matterhorn in einem der 100 Restaurants, 50 Bars, 110 Hotels und 1200 Ferienwohnungen einmal kurz aus den Augen verlieren sollte, dann kann man sich sicher sein, dass das nächste Werbebild nicht weit weg ist. Es prangt auf den durch die Gassen surrenden Elektroautos, auf den Speisekarten und in den Auslagen der Souvenirshops. Das Matterhorn muss als Werbeträger für Schokolade, Wasser, Uhren und Kondome herhalten. Egal wo man ist und hinschaut, irgendwo ist immer, wirklich immer, ein Abbild des Berges zu sehen. Als hätte der Berg eine Klon-Armee von sich selbst erschaffen, die mich bis in die letzten Winkel Zermatts verfolgte und mir die Botschaft des Berges hinterhertrugen:
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