„Hallo, Fiona.“ Er erwiderte die Umarmung herzlich. „Schön, dass du Zeit für mich gefunden hast.“
„Immer!“, schwor sie. Fiona drückte sich leicht von ihm fort, als sei er es, der die Umarmung aufrechterhielt und nicht sie. „Du siehst abgespannt aus, alles in Ordnung bei dir?“
Angus erlaubte sich, die Maske fallen zu lassen, und ein bitteres Lächeln flackerte auf. „Nein, aber wann war das auch je der Fall?“
„Nie!“, bestätigte sie mit Pathos. „Du machst dir das Leben einfach gerne schwer!“
Das sah er zwar anders, aber ausdiskutieren wollte er das zu diesem Zeitpunkt auch nicht.
„Wann treffe ich endlich dein Herzblatt? Ich muss gestehen, dass ich es kaum erwarten kann, vor dem sagenhaften …“ Sie brach ab. Ein Runzeln formte sich auf ihrer Stirn, das von einem Aha abgelöst wurde. Das fröhliche Lächeln war zurück. „Du hast mir anscheinend einiges zu erzählen!“
„Ich hoffe, es ist dir recht, dass ich meinen Frust bei dir ablade.“
„Sonst hast du ja niemanden.“ Sie nickte, wobei sie ihn losließ und einen Schritt zurücktrat. Sie waren gleichgroß, wodurch sie sich geradewegs in die Augen schauen konnten. „Es ist merkwürdig, wieder hier zu sein.“
Angus bestätigte es. „Es hat sich nichts geändert, und doch alles.“
Sie nickte bedächtig. „Ich nehme an, wir werden einen Ausflug machen?“
Sie kannte ihn zu gut. Angus grinste müde. „Wenn es dir recht ist.“
„Segeln?“
Er zuckte die Achseln. „Der einzige Ort …“ An dem er sich sicher fühlte. Fiona nickte bereits, schließlich wusste sie von all seinen Dämonen.
„Nun, worauf warten wir?“ Sie hängte sich bei ihm ein und zog ihn bereits Richtung Tür.
„Ich habe mir den Nachmittag freigenommen, obwohl das Haus vor Vorstandsmitgliedern nahezu platzt.“
Fiona sah zu ihm, eine tiefe Furche auf ihrer Stirn bezeugte ihre Irritation. „Nanu?“
„Es ist an der Zeit, dass sich einiges ändert.“
Fiona nickte wieder. „Du brauchst meinen Rat, hm?“
„Ja.“ So, wie sie es ihm schon vor Jahren prophezeit hatte. „Ich stehe am Scheideweg und muss mich wohl entscheiden.“
„Einsamer Eremit oder Leiter eines internationalen Imperiums …“, soufflierte sie mit einem hypnotischen Singsang in der Stimme.
„Wenn es nur das wäre, Fiona. Ohne die Firma könnte ich hervorragend leben.“ Und sicher käme es Patrick auch gelegen, wenn er kein Vermögen besäße und gar nicht in die Verlegenheit käme, dem Liebsten ein Geschenk zu machen.
„Ja, du machst dich gut als Eremit.“ Sie lachte melodisch auf. „Und es ist auch eine verführerische Vorstellung alles und jedem entsagen zu können.“
„Ja.“
„Aber sie ist nicht gut durchdacht.“
„Nein“, gab Angus zu. „Die Einsamkeit nimmt irgendwann überhand.“
„Und Sehnsüchte formen sich …“
„Anscheinend brauche ich dir nichts mehr zu erzählen.“ Angus schob die Tür auf und ließ ihr galant den Vortritt.
„Nanu!“ Ailis vertrat Fiona den Weg, ihr schneidender Blick glitt über ihr langes beiges Kleid, das aus grobem Leinen bestand. „Ist es schon so weit, dass du Rat bei Quacksalbern und Scharlatanen suchst?“
„Mrs McLean“, grüßte Fiona leicht und neigte den Kopf. „Wie schön, Sie nach all den Jahren wiederzusehen.“
Ailis sparte sich eine Bemerkung dazu, oder den zweiten Blick. „Ich erwarte dich seit zwei Tagen zum Gespräch, aber du verweigerst dich, um dir die Karten legen zu lassen?“
„Eigentlich war ich geschäftlich eingespannt, Mutter, aber es wundert mich nicht, dass du das nicht zur Kenntnis nimmst. Wirst du Fiona nun anständig begrüßen oder dich weiter wie eine verbitterte Hexe aufführen?“ Angus spürte den Anflug von Zorn, der ihn so oft in ihrer Gesellschaft überfiel und erst vor wenigen Tagen dazu gebracht hatte, seine Manieren zu vergessen. Noch einmal sollte sie ihn nicht dazu treiben, und eben dazu brauchte er Fiona. Er brauchte Gelassenheit und spirituelle Führung, auch wenn er nicht so recht an das Universum und seine heilende Kraft glauben mochte.
Ailis verzog die Lippen, was deutlich genug war. Angus nickte ihr zu.
„Einen schönen Tag, Mutter. Ich bin nicht abkömmlich.“ Damit ließ er sie stehen und führte Fiona den Gang entlang.
„Ich bin beeindruckt“, stellte die nach wenigen Schritten fest. „Du zitterst zwar vor Zorn, aber du hast dich vornehm zurückgehalten.“
„Danke. Ich muss gestehen, dass ich dem Impuls meist unterliege und sie anschreie. Deswegen brauche ich dich hier.“ Sie erreichten die Halle. Wie jedes Mal, wenn er den Umschlagpunkt des Hauses erreichte, von dem dutzende Räume, Gänge und Treppen fortführten, wurde er von Miss McDuff aufgehalten. Er hatte sie mittlerweile in Verdacht, ihm aufzulauern, konnte es natürlich aber nicht beweisen.
„Mr McLean!“, rief sie ihm atemlos entgegen, während sie auf ihn zuhastete. „Verzeihen Sie, Mylaird, aber …“
„Mrs McLean fordert meine Aufmerksamkeit?“ Der häufigste Grund, aus dem sie ihn ansprach, und auch dieses Mal nickte sie eifrig.
„Mrs McLean wünscht Sie in ihren Räumlichkeiten …“
„Danke. Sollte jemand von Belang nach mir fragen, vertrösten Sie ihn auf morgen. Ich bin nun außer Haus.“ Auch dieser Frau nickte er zu, wobei er Fiona an ihr vorbei geleitete.
„Aber Mr McLean …“ Miss McDuff folgte ihm händeringend. „Die Lady …“
„Den Titel haben wir bereits vor mehr als 250 Jahren eingebüßt. Es gibt keine Lady McLean mehr und strenggenommen auch keinen Laird McLean. Entschuldigen Sie uns nun.“ Er griff nach der Klinke und schob Fiona unbeirrt über die Schwelle. „Benötigst du noch etwas?“
„Nein. Ich habe meine Sachen im Wagen gelassen.“ Ihre Hand schwenkte zu ihrem uralten Ford Fiesta, den sie dreist direkt vor der Freitreppe geparkt hatte. Angus grinste. Ihre Gesellschaft war genau das, was er dringend brauchte.
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