„Vielleicht nicht, aber es macht mich verrückt, dass sie so tut, als ob sie die ganze Welt hasst.“
„Ich bin nicht so sicher, ob sie das nur spielt, Bro.“
Ich sah zu, wie Stephanie erneut ihr Kleid richtete und einen von Cords Freunden mit einem Todesblick bedachte, der es wagte, sie anzustarren. Meine Gedanken machten sich wieder selbstständig und ich stellte mir vor, ihr das Kleid nach unten zu ziehen und in sie einzudringen, während sie meinen Namen stöhnte. Ich stieß einen leisen Pfiff aus. „Oh Mann, ich will sie ficken. So was von. Ich könnte ihren Hass in etwas Brauchbares umwandeln.“
Panisch sah sich Cord um, ob jemand das Wort ficken gehört hatte. Himmel noch mal, wir befanden uns in einem Hotel in Las Vegas. Hier sagte man ficken genauso oft wie Hallo.
Cord schlug mir trotzdem an den Hinterkopf. „Idiot. Heute ist mein Hochzeitstag. Halte deine Gelüste unter Kontrolle, oder zumindest hör auf, von ihnen zu reden.“
Ich lächelte. „Weißt du, Stephanie gehört zu den Frauen, die alles unter Verschluss halten. Und diese Frauen kommen am heftigsten. Dieser Versuchung kann ich nicht widerstehen.“
„Aha.“ Cord verdrehte die Augen. „Wenn du es sagst.“
„Ich wette, sie spielt nachts mit ihrer Pussy und denkt dabei an meinen Schwanz. Ich wette, sie hat einen großen Dildo unter der Matratze, streichelt ihn, nennt ihn Chase und muss wöchentlich die Batterien wechseln. Vielleicht sogar zweimal die Woche.“
Cord konnte sein Lachen nicht unterdrücken. „Du fantasierst. Ich mische mich mal unter die Gäste, die ihre Libido besser im Griff haben.“
„Alles klar, Mann. Und noch mal herzlichen Glückwunsch.“ Ich sparte mir, ihn darauf hinzuweisen, dass ihn die Ehe bereits verklemmt machte. Immerhin war es ja nicht so, dass ich mir hier vor allen Leuten einen runterholte. Allerdings wurde es immer unangenehmer, je länger ich Stephanie beobachtete. Irgendwas musste unternommen werden.
Ich beschloss, zu warten, bis Stephanie noch mehr Champagner getrunken und sich ihre Laune verbessert hatte, bevor ich sie ansprach. So oder so wollte ich mich ihr heute auf jeden Fall noch nähern. Ich hatte gehofft, es gestern schon tun zu können, doch sie hatte sich auf ihr Zimmer zurückgezogen und als ich anklopfte, ignorierte sie es einfach. Schließlich waren wir in Las Vegas, Mann. Im Epizentrum der Sünden. Die Gelegenheit war zu gut, um sie verstreichen zu lassen.
Brayden und Millie erschienen, hatten Mitleid mit Stephanie und setzten sich an ihren Tisch. Das würde sie eine Weile beschäftigen. Ich entspannte mich und wanderte herum, sprach mit allen. Cords Arbeitskollegen waren witzig drauf. Sie waren eine raue Truppe voller Tattoos und ordinären Geschichten über Frauen, die an kuriosen Stellen tätowiert werden wollten. Hätte ich nur den Hauch von Talent, wäre ich sofort auch ein Tätowierer.
Unangenehm wurde es, als ich versuchte, mit Saylors Dad eine Unterhaltung zu führen. Bisher war er zumindest bereit gewesen, Cord zu akzeptieren und das Meiste der Hochzeitskosten zu übernehmen. Doch er interessierte sich nicht besonders für alle anderen Gentrys. Er hatte mit meinem Vater die Highschool besucht. Dieses Erlebnis musste einen großen Eindruck bei ihm hinterlassen haben, denn er blähte die Nasenflügel auf und führte das Gespräch steif, als ob er lieber hätte, dass man ihm in die Eier trat, als mit einem Abkömmling von Benton Gentry zu reden. Die billige Blondine an seiner Seite stand auf einem ganz anderen Blatt. Sie beleckte ihre Lippen, als ob sie gern sofort über mich herfallen wollte.
Das Steak war etwas zu weit gegart für meinen Geschmack, doch ich aß es trotzdem. Stephanie stocherte in ihrem Essen herum und sprach mit Truly. Truly war leicht skeptisch bei der Vorstellung, dass ich mit Stephanie zusammenkommen könnte. Ich fragte mich, warum sie so beschützerisch war. Gestern Abend hatte sie mich am Arm gepackt und mich um etwas gebeten.
„Tu ihr nicht weh, Chase. Wenn du nur ein schnelles Vergnügen willst, such dir eine andere, okay?“
Natürlich wollte ich ein schnelles Vergnügen. Aber das konnte ich schlecht zugeben. „Ich werde wie immer ein Gentleman sein.“ Ich grinste und sie verdrehte die Augen.
Doch auch Creed hatte mich scharf angesehen und mich stumm vor den Konsequenzen gewarnt, dieser Frau wehzutun. Ich grinste und hielt den Mittelfinger hoch. Bloß weil meine Brüder jetzt in festen Beziehungen steckten, verlangten sie auch von mir auf einmal, mich wie ein Erwachsener zu verhalten. Das ging mir langsam auf den Geist.
Als Stephanie aufstand und zur Tür ging, sah ich den perfekten Zeitpunkt gekommen. Ich könnte sie auf einen Drink einladen, oder mit ihr durch die Straße schlendern, und sie dann langsam aber sicher dazu bringen, mich mit aufs Zimmer zu nehmen. Ich stand bereits und überlegte, was ich sagen könnte, als mir die Braut ins Auge fiel.
Saylor hatte sich an einen Tisch in einer Ecke zurückgezogen. Cord merkte nichts, er sprach mit seinen Freunden. Saylor seufzte und strich mit der Hand das weiße Tischtuch glatt. Sie sah plötzlich traurig aus.
Ich blickte Stephanie hinterher, die durch die Tür verschwand. Ich fluchte innerlich, konnte ihr jedoch jetzt nicht folgen. Auf keinen Fall würde ich weggehen, wenn Saylor traurig war.
Ich legte einen Arm um sie und sie lächelte mich an.
„Chase.“
„Hi, Schwester.“ Ich kniff ihr sanft in die Wange. „Heute ist der glücklichste Tag deines Lebens und du siehst aus, als hätte dir gerade jemand gesagt, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Du hast doch nicht etwa plötzlich Zweifel, oder?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Und es ist wirklich der glücklichste Tag meines Lebens.“ Sie seufzte. „Ich sollte froh sein, dass mein Dad hier ist.“
Ich verstand. „Aber nicht deine Mutter.“
Saylors Mutter hasste Cord. Vor langer Zeit hatte sie eine krankhafte, heiße Affäre mit meinem Onkel gehabt, weshalb sie wohl alles, was mit den Gentrys zu tun hatte, noch mehr hasste. Saylor und sie standen sich nie sehr nah, und als Saylor mit Cord zusammenkam, war das das Ende ihrer Beziehung. Sie hatte zu Saylor gesagt, sie wünsche ihr ein schönes Leben beim Ausbrüten von Gentry-Gören und mit diesem Primitiven verheiratet zu sein. Saylor war weit besser dran ohne diese Ziege in ihrem Leben. Dennoch tat es weh, von der eigenen Mutter verstoßen zu werden. Ich wusste das sehr gut.
„Ich hatte nicht daran gezweifelt, dass sie nicht kommen würde“, sagte Say mit feuchten Augen.
Sie weinte öfter in letzter Zeit, was sicherlich mit der Hormonänderung in ihrem Körper zu tun hatte. Neulich weinte sie zehn Minuten, weil ich vergessen hatte, meine Müslischale auszuspülen.
Ich reichte Saylor eine Papierserviette und sie tupfte sich die Nase ab. Ich dachte darüber nach, etwas pseudo-weises zu sagen, um ihre Stimmung aufzuhellen. Darin war ich gut, und sie hätte mir vielleicht mit einem schwachen Lächeln geantwortet. Doch es wäre nur ein kleiner Tropfen von dem, was sie wirklich brauchte.
Ich berührte sie an der Schulter und sie hob den Blick ihrer grünen Augen. Ich räusperte mich. „Say, es fühlt sich sicher so an, als ob du etwas verloren hast, an einem Tag, an dem du alles haben solltest. Das ist nicht fair. Aber Babe, du hast heute nicht nur Cordero bekommen. Sondern auch zwei Brüder, die für dich über spitze Glasscherben kriechen würden. Vielleicht schmerzt es jetzt ein bisschen weniger.“
Saylor lächelte und vergaß ihre Tränen. „Niemand könnte mehr Glück haben als ich, Chase. Wie könnte es anders sein, wenn ich die Gentry-Brüder an meiner Seite habe?“
Cord kam zu uns, legte seine Hände auf Saylors Schultern und sah mich neugierig an. „Ich weiß, dass du es nötig hast, Chasyn, aber versuch nicht, mit meiner Braut durchzubrennen.“ Er bemerkte Saylors gerötetes Gesicht und kniete sich neben sie. „Was ist los, Baby?“
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