2Hauptsächlich dieser Gründe wegen war stets auch die Politikbemüht, über Staatsvorbehalte an Bodenschätzen und Bergbauberechtigungen oder über Zugangs- und Betriebskontrollen mittelbaren oder unmittelbaren Zugriff oder zumindest wirtschaftslenkenden Einflussauf die Bodenschätze selbst, ihre Aufsuchung und Gewinnung zu nehmen oder zu halten (Westermann, Freiheit, 15 ff. Anm. 2; ders., ZfB 106 (1965), 122 ff.; Boldt/Weller, Einl. Rn 1 ff. m. w. N.; Stiens, Der bergrechtliche Betriebsplan, 13 ff.).
3Auch das BBergGv. 13.8.1980 (BGBl I, 1310, in Kraft seit 1.1.1982 (§ 178); zu Entstehungsgeschichte und Gesetzesinhalt s. Weller, Glückauf 1981, 250 ff.; Boldt/Weller (2016), Einl. Rn 26 ff.) basiert in seinem Ordnungscharakter und seiner Regelungsstruktur auf der Umsetzung öffentlicher oder allgemeiner Interessen an Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen in besonderen Rechtsfolgeanordnungen (Westermann, ZfB 106 (1965), 122 ff.; Stiens, Der bergrechtliche Betriebsplan, 13 f.). So formuliert bereits die AmtlBegr.: „Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Bergbaus und das Allgemeininteressean der Aufsuchung, Gewinnung und Aufbereitung von Bodenschätzen auch aus Gründen der Rohstoffversorgung stehen […] außer Frage“ (Zydek, 32).
3aDer Gesetzgebersieht die Sicherung der Energieversorgung und der Rohstoffversorgung als Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges an. Die ständige Verfügbarkeit ausreichender und kostengünstiger Energiemengen ist eine entscheidende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft (BVerfGE 30, 292, 324 = NJW 1971, 1255; Boldt/Weller (2016), § 1 Rn 2 m. w. N.; Bericht der Ethikkommission Sichere Energieversorgung v. 30.5.2011, S. 26 ff.; Degenhart, ZfB 2016, 145, 148 m.w.N; Dammert, ZfB 2014, 105, 109). Auch das BVerfGhat schon mehrfach die überragende Bedeutung der Sicherung der Energieversorgung für das Gemeinwohl betont. Im sog. Garzweiler II-Urteil wird festgestellt (NVwZ 2014, 211, 228 Rn 287): „Es hat dabei die Sicherung der Energieversorgung durch geeignete Maßnahmen als öffentliche Aufgabe von größter Bedeutung bezeichnet und die Energieversorgung zum Bereich der Daseinsvorsorge gerechnet, deren Leistung der Bürger zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz unumgänglich bedarf“ (BVerfGE 66, 248, 258 = NJW 1984, 1872; ferner BVerfGE 25, 1, 16; BVerfGE 30, 292, 323 = NJW 1971, 1255; BVerfGE 53, 30, 58 = NJW 1980, 759; BVerfGE 91, 186, 206 = NJW 1995, 381).“
4Damit ist ein generelles und abstraktes gesetzgeberisches Interesse(Westermann, Freiheit, 30; ders. ZfB 106 (1965) 122 ff.; Stiens, Der bergrechtliche Betriebsplan, 13 ff., 82 ff.; die Rechtsfolgeanordnungen ergeben sich aus den generell-abstrakten Grundprinzipien des Gesetzes (Westermann), die heute allerdings nach der Analyse von Kühne/Gaentzsch, Wandel und Beharren, 56 ff., durch den Begriff der Verhältnismäßigkeit in die Einzelfallgerechtigkeit der Exekutive verlagert worden sind) an einer einheitlichen gesetzlichen Regelung für alle näher definierten bergbaulichen Tätigkeiten charakterisiert. Einen maßgeblichen und umfassenden normativen Ausdruck findet dieses gesetzgeberische Interesse in der Zweckvorschrift des § 1und den in ihr für den Bergbau festgeschriebenen Leitentscheidungen. Diese geben auch die entscheidenden Hinweise auf den notwendigen Sonderrechtscharakterdes Bergrechts (die Einzelheiten des Sonderrechtscharakters sind besonders deutlich und auch am ausführlichsten diskutiert im Zusammenhang mit den Normen des Betriebsplanverfahrens, insb des Rahmenbetriebsplans. Die Sachgesetzlichkeiten werden aber auch deutlich bei den Regelungen der Bergbauberechtigungen, des Grundabtretungsverfahrens und des Bergschadensrechts. Grundsätzlich auch Heitmann, ZfB 131 (1990), 179 ff.), der durch die geologischen, technischen, wirtschaftlichen und sicherheitlichen Sachgesetzlichkeitenund Zwangsläufigkeiten des Bergbaus begründet und gefordert ist. Zu den Sachgesetzlichkeiten besonders deutlich das BVerwG in dem sog. Moers-Kapellen-Urteil v. 16.3.1989 = BVerwGE 81, 329. Vgl. dazu auch Stiens, Der bergrechtliche Betriebsplan, 8 ff.; Heitmann, ZfB 131 (1990), 179 ff., er nennt diese Feststellungen des BVerwG „Leitlinien für den Bergbau“ und arbeitet den Zusammenhang von Sachgesetzlichkeit und Sonderrechtscharakter besonders deutlich heraus.
2.Bergbauliche Sachgesetzlichkeiten
5Diese Sachgesetzlichkeiten spiegelt § 1 als rechtspolitischen Leitgedanken wider, ohne Begründung umsetzbarer, konkreter Rechte und Pflichten, Berechtigungen oder Beschränkungen, Gebote oder Verbote. Zur Verdeutlichung des inneren sachlichen Zusammenhanges zwischen bergbaulichen Sachgesetzlichkeiten und bergrechtlichen Sonderrechtsnormenist das allerdings ausreichend (Kühne, Bergrechtlicher Rahmenbetriebsplan, 47 f.; Schmidt-Aßmann/Schoch, Bergwerkseigentum, 65 ff.; Schulte, Kernfragen, 44 f.; Stiens, Der bergrechtliche Betriebsplan, 8 ff.; Heitmann, ZfB 131 (1990), 179 ff.; Knöchel, VBl NRW 1997, 117 f.; BVerwGE 74, 315, 318; 61, 329, 334; 81, 329 ff.).
6Dieser innere sachliche Zusammenhang ist nach übereinstimmender Auffassung in Lit. und Rspr. durch folgende Sachgesetzlichkeiten und Zwangsläufigkeiten bestimmt:
– die durch die Lagerstätte vorgegebene und nur in sehr engen Grenzen variable Standortgebundenheitbergbaulicher Tätigkeit ( § 1 Nr. 1);
– die dynamische Vorgehensweisedes Bergbaus, wonach sich Bergbaubetriebe bei ununterbrochener Verringerung der Substanz an Bodenschätzen ständig fortentwickeln und unter dauernder Anpassung an die Lagerstätte verändern. Während bei sonstigen Anlagen der Betrieb der Errichtung eindeutig nachfolgt, sind beim Bergbau Errichtung und Betriebwegen der betriebsplanmäßigen Zulassungserfordernisse sowie der vorbeugenden ständigen Kontrolle ein- und dasselbe;
– die Unvorhersehbarkeit der geologischen Verhältnisse(ausf., insb im Zusammenhang mit der bergbaulichen UVP und Prognosesicherheit, s. Salewski, Die Möglichkeiten markscheiderischer Aussagen, 1 ff.; zusammenfassend hinsichtlich der umfassenden Diskussion m. w. N.s. Stiens, Der bergrechtliche Betriebsplan, 12 f.) und die deshalb erforderliche ständige Anpassung der bergbaulichen Projektean neue Gegebenheiten. Damit ist vor allem die Frage nach Klärung und Rechtfertigung des Befristungserfordernisses(krit. dazu Kühne, Bergrechtlicher Rahmenbetriebsplan, 48; vgl. auch Anm. zu § 52 Rn 9) im Betriebsplanverfahren (§ 52) angesprochen;
– die spezifischen, sich aus der Eigenart insb des untertägigen Bergbaus ergebenden Anforderungen an die Arbeits- und Betriebssicherheit (§ 1 Nr. 2);
– die besonderen und sich typischerweise in Oberflächenschäden manifestierenden Auswirkungen auf die Umwelt (§ 1 Nr. 3)und schließlich
– die historischen Sachgesetzlichkeiten, nämlich die Rechtsprinzipiendes Gesetzes, die für seinen Aufbau und seine Rechtsfolgeanordnungen bestimmend sind (Westermann, ZfB 106 (1965), 122).
Diese Sachgesetzlichkeiten sowie das generelle und allgemeine öffentliche Interesse am Bergbau und seine gesamtwirtschaftliche Bedeutung erfordern und rechtfertigen die besondere Stellung des Bergrechts im System des Bundesrechts. Diese Sonderrechtsposition ist gekennzeichnet
– als umfassende Regelung
– aller bergbaulichen Tätigkeiten,
– in ihren Voraussetzungen,
– ihrer Durchführung und
– ihren Auswirkungen für Rechtsgüter Dritter (Heitmann, ZfB 131 (1990), 180).
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