»Vielleicht«, sagte sie, und ihre Augen beinhalteten ein Versprechen, das David alles andere beiseiteschieben ließ.
Mats kam mit ihren beiden Getränken zurück zum Kamin und reichte Rian ein Glas mit einer Mischung tropischer Säfte. Sich selbst hatte er Lättöl mitgebracht, alkoholarmes Bier zu erträglichen Preisen.
»Calle sagt, dein Bruder wäre mit dieser Malerin weggegangen«, berichtete er.
»Der Frau, mit der er sich vorhin unterhalten hat?«
Mats nickte und ließ sich in seinem Sessel nieder. Nachdenklich strich er über die Pfeifentasche. »Sie wohnt erst seit kurzem hier, in Svantholm, dem alten Herrenhaus in den Hügeln. Es hat jahrelang leergestanden. Die Vorbesitzer sind vor fünfzehn Jahren oder so bei einem schrecklichen Unglück umgekommen, die ganze Familie, von der Großmutter bis zu den drei Kindern hinunter. Jemand war von außen eingebrochen, hatte sie alle erschlagen und schrecklich verstümmelt. Seither lag eine Art Schatten über dem Haus. Niemand wollte es. Plötzlich kamen Handwerker und haben es renoviert. Dann ist sie dort eingezogen. Birte Granlund.«
Er trank einen Schluck und schaute in das Glas. »Man sieht sie kaum«, fuhr er fort. »Dass sie heute Abend hier war, hat mich gewundert.« Er schüttelte den Kopf und lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Ich kann es nicht erklären. Etwas an ihr gefällt mir nicht.«
Rian versuchte, sich das Bild der Frau in Erinnerung zu rufen, doch es wollte ihr nicht recht gelingen. Vermutlich hatte sie sie zu kurz gesehen.
»Sie ist sehr schön«, sagte sie, denn daran erinnerte sie sich noch. »Es ist nicht ungewöhnlich, wenn David auf so etwas anspricht. Er mag schöne Frauen.«
»Schön?« Mats war überrascht. »Sie ist nicht schön … eine graue Maus, würde ich sagen.«
Rian runzelte die Stirn. »Aber …« Ihr fiel ein, dass sie sich gewundert hatte, warum kein Mann außer David der Malerin solche Beachtung schenkte. Hatte sie nur auf die Zwillinge so schön gewirkt? Waren sie einem Zauber erlegen? Aber Rian hatte nicht einmal ein einziges Wort mit der Frau gewechselt. Oder lag die Erklärung in ihrer Verbindung zu David? Hatte sie gesehen, was er gesehen hatte?
»Du hast recht, Mats«, sagte Rian alarmiert und stellte ihr Glas ab. »Etwas stinkt gewaltig an diesem Fisch. Kannst du mich nach Svantholm bringen?«
Mats nickte, stellte keine weiteren Fragen und stand auf. »Ich glaube, ich nehme vorsichtshalber gleich die Axt mit. Es könnte sein, dass es Zeit wird, unhöflich zu werden.«
David sah auf das leere Whiskyglas in seiner Hand. Irgendwie begannen die Ereignisse für ihn zu verschwimmen, obwohl der Alkohol keine so starken Auswirkungen auf ihn haben sollte. Er konnte sich nicht erinnern, wann Birte die leise Musik angeschaltet hatte, die im Hintergrund lief, oder wann und wie das Licht heruntergedimmt worden war.
Von dem Glas sah er hinunter auf die Frau, deren Kopf in seinem Schoß lag. Mit ihren goldfarbenen Augen erwiderte sie lächelnd seinen Blick. Ihr Haar war offen, floss über seine Beine und umrahmte ihr Gesicht wie eine Aureole. Hell schimmerte ihre Haut dort, wo die oberen beiden Knöpfe ihrer gelben Seidenbluse offenstanden und einen Einblick in ihr Dekolleté gewährten, der seine Gedanken sofort wieder auf anderes lenkte.
David ließ einen Finger an ihrer Wange entlang abwärts zu ihrer Kinnlinie streichen. Sie drehte den Kopf, um spielerisch danach zu beißen und dann kurz seine Fingerspitze mit ihrer Zunge zu umspielen. Die Berührung schickte einen kleinen Schock durch Davids Körper. Mit einem Kuss entließ sie seinen Finger wieder, und er ließ ihn weiterwandern, über ihren Hals abwärts und ihr Brustbein entlang, dabei eine feuchte Linie auf ihrer Haut ziehend. Schließlich stieß er an den ersten geschlossenen Knopf und machte sich daran, das Hindernis zu beseitigen. Sacht schob David seine Hand unter die Bluse und ließ sie wieder hochgleiten, schob dabei ihren BH hoch, bis er Birtes feste Brust umfassen konnte. Sie sah ihn unverwandt an und öffnete leicht die Lippen. Einen Moment kam in David ein Gefühl der Falschheit hoch, doch der zarte Duft ihrer Haut ließ ihn das mit einem gedanklichen Achselzucken abtun.
Er beugte sich hinunter, um sie zu küssen. Birte hob ihm ihr Gesicht entgegen. Als ihre Lippen sich berührten legte sie ihre Hand in seinen Nacken, ließ ihren Kopf wieder in seinen Schoß zurücksinken und zog ihn mit sich. Leicht bohrten ihre Fingernägel sich dabei in seine Haut und verursachten eine Gänsehaut. Er verstärkte den Griff um ihre Brust für einen Moment, dann löste er die Hand und ließ nur die Finger über die weiche Haut und die aufgestellte Brustwarze spielen. Sie atmete scharf ein und ließ ihre Zungenspitze über seine Lippen gleiten, ehe zu seiner vorstieß und sie mit kurzen Berührungen zu locken begann. Als er reagierte, legte sie ihre freie Hand an seine Wange und schob ihn spielerisch gerade so weit weg, dass ihre Lippen sich nicht mehr berührten. Er sah ihre vor Erregung geröteten Wangen und das begehrliche Leuchten in ihren Augen, hörte ihren schnellen Atem und spürte dessen Wärme auf seinem Gesicht. Gerade wollte er sein Gesicht wieder zu ihrem senken, als etwas seine Aufmerksamkeit erregte. Er drehte den Kopf.
»Da ist etwas draußen auf der Terrasse«, sagte er leise.
Birte gab einen Laut des Unmuts von sich. »Das sind nur irgendwelche Tiere«, sagte sie. »Sie kommen manchmal bis hierher, weil das Haus so lange leer gestanden hat. Sie werden auch wieder gehen. Kümmer dich nicht weiter drum.«
Nachdrücklich zog sie seinen Kopf wieder zu sich hinunter und holte ihn zurück in den Sog ihres leidenschaftlichen Kusses. Ein Schwindelgefühl erfasste ihn, während seine Erregung stieg. Er ließ seine Hand von ihrer Brust aus wieder abwärts wandern, ertastete die weiche Haut ihrer Bauchdecke und folgte dann weiter der Reihe ihrer Blusenknöpfe. Sie stöhnte leise, erwartungsvoll, und wölbte sich seiner Hand entgegen.
Als der letzte Knopf aufsprang und der kühle Stoff zur Seite glitt, um ihre weiche Haut preiszugeben, sah er aus dem Augenwinkel erneut eine Bewegung, die irgendwo in seinem Inneren eine Warnglocke ertönen ließ. Das, was sich dort bewegte, war kein normales Tier. Es war zu schwerfällig und zu groß dafür, die Bewegungen zu ungleichmäßig. Erneut löste er sich aus dem Kuss und wollte den Kopf heben, doch Birtes Hand krallte sich in seinen Nacken.
»Hör nicht auf«, flüsterte sie. »Bitte … hör nicht auf.«
David zögerte, dann spürte er einen kalten Luftzug. Er griff nach Birtes Hand in seinem Nacken, zog sie zur Seite und hob den Kopf.
Etwas schob die Terrassentür auf. Birte hatte die Raumbeleuchtung so stark gedimmt, dass die Scheiben kaum spiegelten und David durch sie hindurch eine menschliche Gestalt erkennen konnte, die sich seltsam verkrümmt hielt und mit beiden Händen am Rahmen der Tür zog. Sie schien bemüht, keinen Lärm zu machen, und bewegte die Tür daher nur langsam.
»Da will jemand rein«, zischte David.
»Egal«, murmelte Birte. »Es wird nur Martha sein oder der Gärtner, sie werden gleich wieder verschwinden. Küss mich, David, und vergiss das da draußen … Komm, küss mich …«
Sie legte ihre Finger an seine Lippen und strich sacht darüber. Ein süßlicher Duft stieg in Davids Nase, und erneut wurde ihm schwindlig. Vor seinen Augen schienen die Geschehnisse sich zu beschleunigen, oder seine Wahrnehmung verlangsamte sich. Immer weiter öffnete sich die Tür. Mühsam drehte er den Kopf zur Seite, weg von Birtes Fingern. Inzwischen war die Glastür schon halb aufgeschoben, dass ein Mensch hindurch schlüpfen konnte. David schob Birte zur Seite und sprang auf.
»Wer ist da?«, rief er. Unwillkürlich tastete er nach der Stelle an seinem Gürtel, an der normalerweise sein Dolch hing. Doch der war jetzt im Mantel, und der Mantel hing im Flur.
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