Verena E. Müller - Marie Heim-Vögtlin - Die erste Schweizer Ärztin (1845-1916)

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Marie Heim-Vögtlin - Die erste Schweizer Ärztin (1845-1916): краткое содержание, описание и аннотация

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In einer Zeit, da der bürgerlichen Frau ein Leben im privaten Bereich der Familie zugedacht war, führte Marie Heim-Vögtlin das Leben einer modernen Frau: Nach einem Medizinstudium an der Universität Zürich arbeitete sie engagiert als Ärztin. Ihre Pflichten als Hausfrau und Mutter hinderten sie nicht daran, sich in privater Wohltätigkeit für soziale Fragen einzusetzen. Marie Heim-Vögtlin nimmt in der Frauen- und Geschlechtergeschichte der Schweiz einen prominenten Platz ein. Sie ist eine jener Frauen, die sich in der bürgerlichen Schweiz des 19. Jahrhunderts ihren eigenen Weg der beruflichen Selbstverwirklichung gebahnt haben. Als praktizierende Gynäkologin und Mutter zweier Kinder vollbrachte sie eine weibliche Pioniertat, die für ihre Zeit unerhört war. Lange galt die erste Schweizer Ärztin als wegweisendes Vorbild. Die 1968er-Generation jedoch stiess sich daran, dass sie als verheiratete Frau den Schutz eines prominenten Gatten genoss und private Wohl-tätigkeit betrieb, statt eine gerechtere Gesellschaftsordnung zu fordern. Die Autorin geht diesen Vor-würfen nach und entwirft ein neues Bild der kämpferischen Frau. Die Biografie beruht auf wissenschaftlichen Grundlagen, richtet sich aber an ein breites Publikum. Sie erscheint im Vorfeld der Feiern zum 175-Jahr-Jubiläum der Universität Zürich.

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Dieses Buch ist nach den neuen Rechtschreibregeln verfasst. Quellenzitate werden jedoch in originaler Schreibweise wiedergegeben. Hinzufügungen sind in [eckige Klammern] eingeschlossen, Auslassungen mit […] gekennzeichnet.

Lektorat: Simon Wernly, hier + jetzt

Gestaltung: Christine Hirzel, hier + jetzt

Bildverarbeitung: Humm dtp, Matzingen

©2007 hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte GmbH, Baden

www.hierundjetzt.ch

eBook-ISBN 978-3-03919-729-3

eBook-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

Inhalt

Einleitung

Das Kind vom Land – Leben in Bözen

Die Eltern: Henriette Benker und Julius David Vögtlin

Eine durchaus gediegene Mädchenbildung

Rudolfine oder die grosse, städtische Welt

Fritz Erismann, charmanter Rebell und Maries erster Verlobter

«Zu sterben wäre ich freudig bereit gewesen» – Schicksalsjahr 1867

Marie Ritter, die verlässliche Vertraute

Das Brugger Kinderspital und seine Gründerin «Tante Rahn»

Die Würfel fallen

Ein «schüchterner Versuch, vom Baum der Erkenntnis zu naschen»

Erste Schritte in der akademischen Welt

Maries Kolleginnen – «über alle Massen zuvorkommend und liebevoll»

Sophie Heim – von der Freundin zur Schwägerin

Susan Dimock, unternehmungslustige Kollegin, schmerzlich vermisste Freundin

Wie man in den Wald ruft, kommt es zurück – Maries Studienkollegen

«Der liebe Professor war überaus besorgt für uns»

Wer den Rappen nicht ehrt, ist des Frankens nicht wert

Die Russinnen kommen – oder: Sturm im Wasserglas

«Jetzt fällt mir der letzte solche Stein vom Herzen» – Studienabschluss

Das «Haus, wo es mir so durch und durch wohl ist» – Marie bei Familie Heim

«An ihrem Ziel das höchste geistige Interesse genommen» – Albert Heim

«… wo die Zitronen blühn» – Marie und Albert auf Hochzeitsreise

Mit Feuer und Flamme für das Frauenstimmrecht

Maries Praxis – das Leben ihrer Wahl

Arnold – Maries «Alleinherrscher»

Im Sommer das «Hüsli», im Winter der Christbaum

Helene und Marie – eine Mutter-Tochter-Beziehung mit Tücken

Die Sternschnuppe – Röslis Geburt und Tod

Der grosse Onkel und sein kleines Geheimnis

«Diese Kinder lasse ich nicht fahren …» – das Ende einer langen Freundschaft

Die Geschichte einer schmerzhaften Ablösung – Arnolds Erwachsenwerden

«Denke an Goethe! Was wäre er als Euer Kind geworden?»

Maries Wunsch: «recht helfen können, nicht nur tröpfliweise»

Von Frauen ins Leben gerufen und von Frauen geleitet – die Pflegerinnenschule

Schwerer Abschied vom Leben

Wie es weiter ging

Anmerkungen

Bibliografie

Bildnachweis

Personenregister

Einleitung

Für mehrere Generationen war Marie Heim-Vögtlin ein wegweisendes Vorbild. Sie gehörte zu den wenigen Frauen, die an der Landesausstellung von 1939 in der Galerie bedeutender Schweizerinnen und Schweizer mit einem Porträt geehrt wurden. Mit der Neuen Frauenbewegung nach 1968 verblasste ihr Stern. Diese Generation stiess sich daran, dass Marie Heim-Vögtlin keiner politischen Bewegung angehörte, dass sie als verheiratete Frau den Schutz eines prominenten Gatten genoss und dass sie private Wohltätigkeit betrieb, statt eine gerechtere Gesellschaftsordnung zu fordern.

Nachdem diese «Neue» Frauenbewegung ihrerseits ins Alter gekommen ist, fördert ein Blick auf Maries Leben Erstaunliches zu Tage. Genau wie die erste Schweizer Ärztin jonglieren auch heutige berufstätige Familienmütter mit zu vielen Bällen aufs Mal. Marie bewältigte ihren anspruchsvollen Alltag trotz regelmässig wiederkehrenden Migräneattacken. Für sich und ihre Nachfolgerinnen hatte sie das Recht auf Bildung erkämpft. Zahlreiche andere Pionierinnen der alten Frauenbewegung setzten sich ihrerseits für die rechtliche und politische Besserstellung der Frau ein. So veränderte sich in der Schweiz gerade in den letzten Jahrzehnten manches zugunsten der Frauen. Marie hätte sich über das Stimmrecht und die rechtliche Gleichstellung von Frau und Mann gefreut, denn die damalige juristische Benachteiligung der Frau zermürbte sie im Alltag.

Als sich die 23-jährige Marie Vögtlin zum Studium entschloss, hatte sie das Glück, an der Universität Zürich auf verständnisvolle Professoren zu stossen. Solche Männer waren die Ausnahme. Die älteste Schweizer Universität, Basel, liess Frauen erst 1890 zu. Marie stand bereits über zwei Jahrzehnte im Beruf, als der Direktor des Klinischen Instituts für Chirurgie an der Charité Berlin, Ernst von Bergmann, 1896 die Frage nach dem Frauenstudium mit einem Satz abschmetterte: «Ich halte die Frauen zum akademischen Studium und zur Ausübung der durch dieses Studium bedingten Berufszweige für in körperlicher und geistiger Beziehung für völlig ungeeignet.» 1Im Jahr 1900 gab es in der Schweiz erst 26 Ärztinnen, 1928, im Jahr der ersten SAFFA (Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit), waren von den rund 3300 in der Schweiz praktizierenden Ärzten 128 Frauen, knapp 3,9 Prozent. In den 1930er-Jahren meldete sich gar eine – allerdings einsame – Stimme in der «Schweizer Ärztezeitung», die Frauen seien vom Medizinstudium auszuschliessen und zum Pflegeberuf hinzuführen, um die Konkurrenz unter Ärzten abzuschwächen.

Der stille Held dieser Biografie ist Maries Vater Julius David Vögtlin. Ohne die Unterstützung dieses konservativen Theologen hätte sie nie ihren Weg gehen können. Er verdient umso mehr Bewunderung, als er persönlich ein Gegner des Frauenstudiums war und aus reiner Liebe zu seiner Tochter handelte. Mutig setzte er sich über die Vorurteile seiner Umgebung hinweg. Nicht nur vertraute er seiner Tochter, er war bereit, für ihre Ausbildung ein halbes Vermögen zu investieren. Die Familienkonstellation erwies sich für Marie ebenfalls als günstig: Die ältere Schwester Anna war bereit, dem verwitweten Vater den Haushalt zu führen. Da der Bruder als Kleinkind gestorben war, standen finanzielle Mittel für eine Ausbildung der Tochter zur Verfügung.

Wäre Marie ein berühmter Staatsmann gewesen, hätten öffentliche Amtsstellen rechtzeitig ihre Dokumente gesammelt und archiviert. Bei Privatpersonen ist die Überlieferung mehr oder weniger zufällig. Kurz nach Maries Tod verfasste die Schriftstellerin Johanna Siebel (1873–1939) eine Biografie. Das Buch erlebte sechs Auflagen, und der Verkauf von 12 000 Exemplaren ist ein Hinweis für das Ansehen, das Marie in jener Zeit genoss. Eine Reihe Briefe, die Siebel zitierte, sind heute verschollen. Bei jenen Briefen, die zum Beispiel im Medizinhistorischen Institut der Universität Zürich erhalten sind, lässt sich Siebels Zuverlässigkeit überprüfen. Alle direkten Zitate sind korrekt, einzig Auslassungen werden nicht angegeben. In der Regel betreffen diese Auslassungen Drittpersonen. In dieser Biografie werden inzwischen verschollene Briefe, die Siebel wörtlich zitiert, als Quelle benutzt.

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