Dies führt uns direkt zum Begriff der Metaressourcen. Manche Menschen sind also besonders gut in der Lage, gerade in Belastungssituationen die Gesamtheit ihrer Ressourcen zu aktivieren. »Metaressourcen sind solche inneren Fähigkeiten eines Menschen, welche die Nutzung sämtlicher anderer, innerer und äußerer Ressourcen erleichtern, es ist eine Art übergeordnete Zugangs-Ressource zu den vielfältigen Einzel-Ressourcen« (Rösing 2003, S. 171). In der Stress- und Copingforschung werden insbesondere drei Konzepte von Metaressourcen diskutiert.
Kasten 2.9: Metaressourcen
Self-efficacy (Bandura 1982)
Hardiness (Kobasa 1979)
Sense of Coherence (Antonovsky 1988, 1993)
Self Efficacy (Bandura 1982)
Man kann diesen Begriff mit »allgemeiner Selbstwirksamkeit» übersetzen. Darunter versteht man die Selbstwahrnehmung, die durch das Gefühl geprägt ist, die Dinge »im Griff zu haben«, also in Belastungssituationen aufgrund der eigenen Kompetenz handlungsfähig zu sein und mit unterschiedlichen Problemen erfolgreich umgehen zu können« (vgl. Jerusalem 1990, S. 51). Kann man jene Probleme, die zur Lösung anstehen, bewältigen, entsteht auch ein Gefühl von Kontrolle über das eigene Leben.
Unter hardiness, übersetzbar mit »Belastbarkeit« oder »Widerstandskraft«, versteht man eine hohe innere Überzeugung der Kontrolle über alle Lagen des Lebens, die Fähigkeit sich auf das Leben einlassen zu können und belastende Erfahrungen zum Positiven wenden zu können. Menschen, die diese Fähigkeit haben, sind engagiert, sehen belastende Situationen eher als Herausforderung und suchen aktive Lösungen, Veränderungen und Wachstum.
Sense of Coherence, Koheränzsinn (Antonovsky 1988, 1993)
Antonovsky hat sein Konzept des Kohärenzgefühls auf Basis seiner Forschung zu den Folgen des Holocaust entwickelt. Das Koheränzgefühl ist eigentlich mehr als eine Metaressource. Man könnte es als eine übergeordnete Zusammenfassung einer ganzen Reihe von Copingstrategien und Ressourcen und somit als einen Überbegriff der Salutogeneseforschung verstehen. Dementsprechend definierte Antonovsky den Kohärenzsinn als eine generelle Lebenseinstellung (1993).
Das Kohärenzgefühl besteht in einer »Grundorientierung, die das Ausmaß eines umfassenden, dauerhaften und gleichzeitig dynamischen Gefühls des Vertrauens ausdrückt, sodass
• die Stimuli aus der äußeren und inneren Umgebung des Lebens strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind,
• die Ressourcen verfügbar sind, um den durch die Stimuli gestellten Anforderungen gerecht zu werden,
• diese Anforderungen Herausforderungen sind, die ein inneres und äußeres Engagement lohnen (Antonovsky 1993, S. 127)«.
Es wird damit eine Einstellung beschrieben, die drei Komponenten umfasst: Die Vorhersehbarkeit (comprehensibility), die Handhabbarkeit (manageability) und die Sinnhaftigkeit (meaningfulness) der Welt.
Verstehbarkeit und Vorhersehbarkeit (comprehensibility) resultieren aus unserer jeweils subjektiven Bewertung und Probleminterpretation. Die Fähigkeit, das Problem sachlich zu analysieren und zu definieren und eine klare Vorstellung der Krise zu erarbeiten, führt dazu, dass eine Belastung nicht als zufällig und willkürlich interpretiert werden muss. Dies schafft die Basis für eine konstruktive Bewältigung.
Handhabbarkeit (manageability) heißt Vertrauen zu haben, dass ein Problem lösbar ist und die Möglichkeiten zu seiner Bewältigung zur Verfügung stehen. Dies hängt einerseits von den Fähigkeiten und Ressourcen und andererseits von der Unterstützung durch das soziale Umfeld ab.
Sinnhaftigkeit oder Bedeutsamkeit (meaningfulness) sieht Antonovsky als die wesentlichste Komponente an. Im Gegensatz zu den kognitiven Komponenten geht es darum, der Krise einen tieferliegenden emotionalen Sinn zu geben. Sinnhaftigkeit beschreibt das Grundgefühl, dass das Leben auch in schwierigen Phasen lebenswert ist, bzw. die Einstellung, dass Schwierigkeiten selbstverständlich zu unserer Existenz gehören und Herausforderungen darstellen, die bewältigbar sind und die Möglichkeit zur Reifung bieten.
Natürlich sind Belastungen, wie z. B. Verlust oder Krankheit oft nicht vorhersehbar. Entscheidend ist, wie es gelingt, mit den Belastungen umzugehen und wie weit sich das Kohärenzgefühl auch in nicht vorhersehbaren Situationen aufrechterhalten oder rasch wiederherstellen lässt. Dies hängt davon ab, wie weit es Teil der Identität ist und damit Kontinuität im Leben hat.
Abb. 2.4: Eigenschaften des Kohärenzsinns
Abschließend sei auf den vom französischen Philosophen Michel Foucault (1986) geprägten Begriff »Le Souci de Soi« zu übersetzen mit »Die Sorge um sich« hingewiesen. Er bezeichnet damit die Haltung und das Verhalten eines Menschen, der versucht, das eigene Leben zu gestalten, um ihm eine unverwechselbare eigene ästhetische Form zu geben. Dazu ist es notwendig, die eigene Existenz als Prozess zu begreifen und immer wieder die Perspektive zu wechseln. Man nimmt eine Haltung der Achtsamkeit der eigenen Person gegenüber ein und gestaltet und entwickelt beständig einen eigenen Lebensstil. Dies scheint mir eine Einstellung zu sein, die es ermöglicht auch mit den gefährlichen Strömungen des Lebensflusses fertig zu werden.
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