Hans Ostwald unter Mitarbeit von Heinrich Zille
Das Zillebuch
Heinrich Zille
Mit 223 meist erstmalig veröffentlichten Bildern
Covergestaltung: Gunter Pirntke
Illustration: Heinrich Zille
Digitalisierung: Gunter Pirntke
2017 andersseitig
ISBN:
9783961183098 (ePub)
9783961183104 (mobi)
andersseitig Verlag
Dresden
(mehr unter Impressum-Kontakt)
Inhalt
Impressum Impressum Covergestaltung: Gunter Pirntke Illustration: Heinrich Zille Digitalisierung: Gunter Pirntke 2017 andersseitig ISBN: 9783961183098 (ePub) 9783961183104 (mobi) andersseitig Verlag Dresden (mehr unter Impressum-Kontakt)
Einleitung
Zille als Künstler
Zille in der Liebe des Volkes
Wenn man berühmt ist ...
Zille-Feste.
Zille und seine Modelle
Zille-Studien und -Akte
Zille-Mächens
Die Männer der Mächens.
»Milljöh.«
Freiheit.
Der Budenengel.
Zille-Kneipen.
Zille-Fräuleins.
Zille-Kinder.
Die Jugendlichen.
Kleinbürger und Proletarier.
Der fünfte Stand.
Zille als Sozialkritiker.
Aus Zilles Kindheit.
Aus Zilles Lehrzeit.
Aus der Gesellenzeit Heinrich Zilles.
Heinrich Zille und die Soldaten.
Zilles Lehrer und Kollegen.
Zille-Witze.
Zille-Weisheiten.
Motto:
Am Tage: Arbeit, ernster Wille,
Abends: einen Schluck in der Destille.
Dazu ein bisken Kille-kille,
Das hält munter –
Heinrich Zille.
Das Zillebuch –
Es ist selbstverständlich, dass sich dies Zillebuch nicht mit kunstwissenschaftlichen oder kunsttechnischen Betrachtungen abgibt, sondern vor allem der Persönlichkeit des Künstlers gerecht zu werden versucht.
Seine Bedeutung in der Kunst steht fest. Sie ist offiziell von seinen Kollegen durch seine Berufung in die Akademie der Künste anerkannt worden.
Auch in diesem Buch wird hier und da auf einige wichtige Seiten seines Schaffens eingegangen werden. Es soll eine Darstellung seines Gesamtwerkes werden. Das Wesentliche aber ist der Mensch, der aus seinen Werken und aus seinem Wirken zu uns spricht.
Zille ist immer ein ganzer Mensch gewesen. Als seine ersten Zeichnungen aus dem Volke in den humoristischen Zeitschriften auftauchten, um 1900 herum, empfanden alle Leser, dass hier eine durchaus besondere und bedeutende Persönlichkeit sich äußerte. Eine eigenartige, persönliche Auffassung sprach aus dem kräftigen Strich der Darstellung, die eine ebenso geschulte wie eigenwillige Hand erkennen ließ. Das Dargestellte aber selbst: Volk, elendes, gedrücktes Volk, das sich trotz allem den Humor nicht nehmen ließ, das mit Lachen gegen den Druck und gegen seine kümmerliche Lebenshaltung aufbegehrte.
Zille wurde ein Programm.
Was andere in langen Reden und dicken Büchern sagten, wozu andere jahrelange Untersuchungen brauchten, das teilte er durch seinen Zeichenstift mit wenigen Linien mit. Er übermittelte aber mit seinen humorvollen Darstellungen nicht nur Elendsmenschen und Elendswinkel. Mit voller Liebe und mit vollem Bewusstsein berichtete er auch von der Kraft des Volkes.
Seine Gestalten sind durchaus nicht immer Elendsgestalten. Ja, auf den meisten Blättern sind Kinder und Frauen recht wohlgenährt und die Männer robust und kräftig.
Er glaubte ja auch an das Volk. Er glaubt auch heute noch an das Volk.
Vielleicht oft unbewusst half er mitarbeiten an der neuen Zeit. Häufig aber führte ihm auch Empörung über die Zustände die Hand bei seiner künstlerischen Arbeit.
In welcher Zeit reifte er zum Künstler! Bigotterie und brutaler Materialismus von oben und eine heftige natürliche Reaktion des Volkes auf den Druck von oben umgaben ihn in der Jugend und während der Jahrzehnte, in denen er zum Künstler heranreifte. Näheres darüber ist in dem Kapitel: »Zille als Künstler« und in den Kapiteln von seiner Kindheit, seiner Lehr- und Gesellenzeit zu finden. Das waren jene Jahrzehnte, als die Menschen in Deutschland darauf erzogen wurden, barsch kommandiert zu werden. Diese Gemütslage ging aber gegen die germanische Eigenart. Sie war uns erst in Jahrhunderten anerzogen worden. Die Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege hatte besonders das »Radlertum« (nach oben krummer Rücken, nach unten treten) gefördert. Gegen diese Knechtsgesinnung hat sich Zille immer empört.
In diesen Kapiteln äußert er sich auch ausführlich über das, was ihn zum Schaffen drängte, und über das, was ihn zum Zille werden ließ. Hier möge noch eine Mitteilung stehen, die er selbst nach seinem 70. Geburtstag über sich machte:
1. Pfefferkuchen nach einem Zillebild.
Mitmenschen!
Ja – ich erinnere mich; als ich zum ersten Mal, auf Drängen meiner Freunde, in der ersten Schwarz-Weiß-Ausstellung der Sezession, so um 1901 herum, in der Kantstraße neben dem Theater des Westens, meine Zeichnungen hingegeben hatte – Zeichnungen, die viel besser, wahrer waren als die, die ich später zum Broterwerb geleckter, frisierter bringen musste, die das herbe Leben der Armen zeigten –, da standen vor den Bildern viele Menschen; und ich hörte, als ich mal lauschte, wie ein älterer Herr, wie es schien, Militär in Zivil oder Hauptmann an der Majorsecke, zu seiner Dame sagte: »Der Kerl nimmt einem ja die ganze Lebensfreude« – da schämte ich mich, so verstanden zu sein!
Ja, und wie es mir passierte, dass ein reicher Kunstjünger, der »Armut« malen wollte und sich dachte, wenn er meine Modelle, die vom Wedding, hätte – dass er sich dann in das »Milljöh« könnte hineinarbeiten, oder dass ihm die Sache dann besser liege –, der aber auszusetzen hatte, der Mutter der Kinder gegenüber: »Det se doch so wenig sauber und so sehr dreckig wären« und dass die Mutter ihm entrüstet erwiderte: »Ja – und for Zillen ken'n se jarnich dreckig jenuch sind –« Soll man sich da eigentlich nicht schämen?
Da hab' ich mich, als ich das später erfuhr, doch etwas geschämt. – Und als mein lieber Freund Karl Arnold, der Zeichner im »Simplicissimus«, ein Bild brachte, das mich zeigt, wie ich vor zwei »wohlhabenden« Männern »untertänigst« stehe und der wohlhabendste mich mit den Worten anspricht: »Nehm' Se sich noch ne frische Habana, Meister Zille, Sie ham uns mit Ihren Nutten un arme Leute imma so ville Freude jemacht!«
... Da schämte ich mich, dass das so wahr war.
Z.
Wenn Zille auch hinterher in seinem Alter manchmal sich kränkt, dass seine Schilderungen nur als Humoristika aufgenommen werden, so liegt doch in seinem Wesen und seiner Kunst so viel Humor, dass er selbstverständlich nicht nur als Elendsmaler gelten kann. Er selbst steckt so voller Eulenspiegeleien, dass er sogar in seiner Krankheit und unter den Erscheinungen des Alters seinen Humor immer wieder explodieren lassen muss. Näheres darüber findet der Leser in den letzten Abschnitten dieses Buches.
2. Pennbruder. Studie nach der Wirklichkeit.
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