Für Nina
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ebook im be.bra verlag, 2020
© der Originalausgabe:
berlin edition im be.bra verlag GmbH
Berlin-Brandenburg, 2020
KulturBrauerei Haus 2
Schönhauser Allee 37, 10435 Berlin
post@bebraverlag.de
Lektorat: Gabriele Dietz, Berlin
Umschlag: hawemannundmosch, Berlin
ISBN 978-3-8393-4136-0 (epub)
ISBN 978-3-8148-0249-7 (print)
www.bebraverlag.de
Allerletzter Aufruf!Abschied von Tegel
Angekommen – abgeflogenEinmal rund ums Terminal
RosenkavaliereAbschied und Begrüßung
Wende gut, alles gutNeue Perspektiven nach 1989
Lost & FoundWas nicht angewachsen ist, wird liegen gelassen
Blumen aus AmsterdamStammkunden und Vielflieger
Glanz und GloriaPan Am Berlin
Tegel – Istanbul und zurückDie Anfänge des Charterflugs
Von Sammlern und JägernPlanespotter
Die übliche SchmuggelwareWas soll zum Zoll?
Hunde wollen keine FlügelLieblinge in der Box
Die Angst fliegt mit… und was man dagegen tun kann
Fliegende FlachmännerWer trinkt, bleibt am Boden
»Ready to fly«Die größten Katastrophen
Last call for …Spät und zu spät!
Ein Meer von KoffernWenn nichts mehr fliegt
V.I.A.sSchwierige Passagiere
Gekommen, um zu bleibenFlughafen-Bewohner
Shoppen und SchlemmenZeitvertreib im Hochbetrieb
Sex and Drugs and Rock ’n’ RollSicherheitskontrollen
Auf HöhenflugPromis in Tegel
SicherheitszonenStaatsgäste und Protokoll
PutzickSchmutz- und Klogeschichten
Goodbye TegelEndspurt und Abschied
Chronik des Flughafens Tegel
Bildnachweis
Dank
Die Autorinnen
Alle Schilderungen in diesem Buch beruhen auf wahren Begebenheiten und von den Autorinnen geführten Interviews. Auch wenn vieles unglaublich klingt – nichts ist erfunden! Zum Schutz ihrer Privatsphäre haben wir jedoch (abgesehen von den aus Funk und Fernsehen bekannten Prominenten) die Namen und andere eindeutige Erkennungszeichen aller erwähnten Personen geändert.
ABSCHIED VON TEGEL
Durch die langjährige Teilung der Stadt gab und gibt es in Berlin so einiges doppelt. Zwei Zoos, zwei Opernhäuser, zwei Flaniermeilen, einen Funk- und einen Fernsehturm. Sogar die großen Musiktheater gab es im Doppelpack: das Theater des Westens in Charlottenburg und der Friedrichstadtpalast in Berlin-Mitte. An heißen Tagen vergnügten sich die West-Berliner im damals größten Strandbad am Wannsee, während die Ost-Berliner ihren Müggelsee in Beschlag nahmen. Und natürlich gab es auch zwei (bis 2008 sogar drei) Flughäfen. Vom Ost-Berliner Flughafen Schönefeld flog die Interflug nicht in die große weite Welt, sondern zunächst einmal nur innerdeutsch und in die sozialistischen Brüderländer. Für die Insel West-Berlin war der Flughafen Tegel das Tor zur Welt. Ein Wahrzeichen, das für viele mit Heimatgefühlen verbunden ist und nach der Wende für ganz Berlin zum Symbol der neu gewonnenen Freiheit wurde.
Geschichtsträchtig und bedeutend war der Flughafen Tegel und löste immer wieder nostalgische Gefühle bei den Berlinern aus. Und Erinnerungen: an die erste USA-Reise, an den ersten Flug auf die Kanarischen Inseln, die jährliche Heimreise der »Gastarbeiter« in die Türkei oder an den beliebten Mallorca-Shuttle der Air Berlin.
Es gibt in der ganzen Welt keinen anderen Flughafen, dessen Bedeutung sich so oft änderte. Bereits 2012 sollte er schließen und schloss dann doch nicht. Immer wieder hieß es Abschied nehmen, und dann musste man es doch nicht. Jahrelang wurde die Schließung verschoben und immer wieder aufs Neue abgesagt. Selbst die coronabedingte Betriebsstilllegung im Sommer 2020 entpuppte sich am Ende nur als vorübergehend. Eine Gnadenfrist folgte auf die andere und das Schicksal Tegels gestaltete sich ganz nach dem Motto »Totgesagte leben länger«. In diesen turbulenten Zeiten kochten in Berlin die Emotionen hoch: Über Tegel wurde berichtet, geschrieben, diskutiert, abgestimmt, debattiert. Um Tegel wurde gebangt. Und immer wieder aufs Neue gebangt. Nur kalt ließ das Thema keinen.
Der West-Berliner Flughafen Tegel war schon bei der Eröffnung 1974 eine Besonderheit und ist es bis zur Schließung geblieben. Einst war er der modernste Flughafen Europas, mit der längsten Landebahn und mit einer außergewöhnlichen Architektur. Ein futuristisches Sechseck, eine Architekturikone, die mit der Zeit zu einem Wahrzeichen wurde. Hier spielte sich das glamouröse Zeitalter der Pan Am ab. Hier startete der erste Direktflug nach New York. Hierher durfte jahrzehntelang keine deutsche Airline fliegen. Erst nach der Wiedervereinigung landete die Lufthansa in Tegel, am 28. Oktober 1990, und wurde mit dem Lied »Das ist die Berliner Luft« vom Polizeiorchester in Empfang genommen. Hier kamen John F. Kennedy, Bill Clinton, Barack Obama oder Papst Johannes Paul II. an. Und jährlich Millionen Berliner und Nicht-Berliner.
Der wichtigste Flughafen der Stadt wurde mit der Zeit ein richtiger Berliner mit typischen Berliner Eigenschaften: große Schnauze und ein noch größeres Herz. Schroff, zäh, individuell und gelassen im Angesicht des Chaos. Ein Stehaufmännchen. Gepaart mit einer »Jetzt erst recht«-Mentalität, aus allem das Beste zu machen. Tegel konnte einstecken und war, ganz in Berliner Manier, voller Provisorien. Außergewöhnlich und liebenswert. Ein ehrlicher Flughafen, auf dem es um das Fliegen und nicht um den Konsum ging.
Die innerstädtische Lage machte Tegel auch bei den Touristen beliebt. Obwohl der erste Anblick zuerst viele verwunderte. »Is this the airport? This is so cute!«, staunte eine mit der Delta Airlines gelandete amerikanische Reisegruppe aus New York. Und die hundert Chinesen einer Gruppe aus Peking rieben sich beim Anblick des Hauptterminals verwundert die Augen und ließen ein langes »Oh« und »Ah« folgen.
Fast fünfzig Jahre gab es den Flughafen Tegel. Die Berlinerinnen und Berliner liebten ihn. Das Flug- und Bodenpersonal – vom Piloten bis zu den Reinigungskräften – liebte ihn. Und die Passagiere liebten ihn. Denn an diesem Flughafen herrschte eine besondere Atmosphäre: Die Wege waren kurz, der Umgang miteinander herzlich und familiär. Mitarbeiter aller Airlines packten an, damit der inzwischen in die Jahre gekommene Flughafen die immer höher werdenden Passagierzahlen bewältigen konnte. Solidarität und Kerosin hielten Tegel am Laufen.
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