»Hey, David Hasselhoff ist in Europa immer noch ein großer Star«, bemerkte Spencer.
»Gut zu wissen. Meinst du, abgehalfterte Schatzjäger können sich dort ebenfalls durchfüttern lassen?«, fragte Allie.
»Gutes Stichwort«, warf Drake ein. »Wir sollten noch etwas essen, bevor wir abfliegen. Es gibt hier ein paar tolle Restaurants in der Nähe!« Er schaute auf die Uhr. »Wir haben noch drei Stunden, bis wir am Flughafen sein müssen.«
»Man würde ja eigentlich denken, dass uns die CIA die ganzen Sicherheitskontrollen ersparen könnte. Als ob es irgendwelche Anschläge verhindert, wenn wir unsere Schuhe ausziehen und in den Nacktscanner steigen. Ich kann dir ein gutes Dutzend tödliche Waffen aufzählen, die du aus dem Scheiß machen kannst, der im Duty-Free-Shop verkauft wird. Meinen die wirklich, Terroristen haben keinen Internetzugang?«, grummelte Spencer.
»Für eine Sonderbehandlung sind wir wahrscheinlich noch nicht wichtig genug«, meinte Allie. »Außerdem sind schon allein Drakes Hände tödliche Waffen.«
»Absolut«, stimmte Drake zu, »du musst nur eine Waffe oder den Schlüssel zu einem Lambo hineinlegen und Bäm – Game Over für die bösen Jungs!«
Musik durchdrang die Stille, als sich die Schiebetür nebenan öffnete und Kyra auf ihre Veranda schwebte, bekleidet mit einer Yogahose und einem bauchfreien Sportoberteil. Sie hob ihr Bier und prostete allen zu: »Hi.«
Spencer lächelte wie die Grinsekatze aus Alice im Wunderland, woraufhin Allie die Augen verdrehte. »Ebenfalls Hi, schöne Frau«, säuselte er, während Drake etwas peinlich berührt winkte.
»Kommst du morgen eigentlich zu meinem Barbecue? Du hast es doch nicht vergessen, oder?«, fragte Kyra. Die leichte Brise trug einen Hauch von Vanille und Kokos herüber, als sie sich dem gläsernen Geländer näherte. Allie hustete.
»Öhm, ich kann leider nicht dabei sein«, sagte Drake, während die Röte unter Allies bohrendem Blick in seinem Gesicht aufstieg. »Ich muss für ein paar Tage die Stadt verlassen.«
»Ach, das ist aber schade. Dann bin ich mit meinen besten Freundinnen ganz allein. Wie langweilig.«
»Dabei verpasst Drake so ungern eine Orgie. Vielleicht kann man das später wiederholen?«, fragte Allie unschuldig in gesenktem Tonfall.
»Was?«, fragte Kyra. »Moment, ich drehe eben meine Musik leiser.«
»Sie hat gefragt, ob man das wiederholen kann«, warf Spencer ein.
»Hab auf jeden Fall viel Spaß«, schob Drake schnell hinterher.
»Ich versuche es.«
Drake stand auf und verschwand schnell im Haus, bevor das Gespräch eskalieren konnte, und Allie und Spencer folgten ihm. »Lasst mich schnell was anderes anziehen, dann können wir los«, sagte er, und flüchtete, ohne eine Antwort abzuwarten, in sein Schlafzimmer.
Auf Allies Wunsch hin aßen sie wenig später bei einem hervorragenden Italiener in Gravina am Pacific Coast Highway. Dann kehrten sie in Drakes Haus zurück, um auf das Taxi zum Flughafen zu warten. Die Fahrt nach Süden dauerte eine Stunde, dann waren sie im internationalen Terminal und hatten noch zehn Minuten Zeit. Alex wartete am Schalter von Cathay Pacific auf sie, er war lässig in Cargopants und ein zerknittertes Safarishirt gekleidet und sah dadurch eher aus wie ein Backpacker mit Midlife-Crisis, als ein CIA-Agent.
»Schön, dass ihr hier seid«, sagte er. »Der Check-in für die Erste Klasse ist da drüben. Ich fliege Businessclass.«
Drake fiel auf, dass seine Augen ununterbrochen im Terminal hin und her schauten, sogar in dem Moment, wo er sie alle begrüßte.
»Als Festangestellter muss man auf Luxus wohl verzichten«, witzelte Spencer.
»Kein Problem für mich, ich kann im Flugzeug super schlafen. Ich würde vorschlagen, dass auch ihr versucht, euch so viel wie möglich auszuruhen. Denn sobald wir gelandet sind, geht es sofort los. Nur auf die Genehmigungen müssen wir vielleicht noch ein bisschen warten.«
Sie checkten ein und gaben ihr Gepäck auf, dann begaben sie sich zur Sicherheitskontrolle. Natürlich gab es dort die unvermeidliche Schlange, wo gelangweilte Mitarbeiter Omas und Schulkinder durchsuchten, als ob sie Panzerfäuste im Handgepäck dabei hätten.
Nach einer halben Stunde Schlangestehen kamen sie endlich in der geräumigen Wartelounge der Ersten Klasse an. Aufgrund der Größe des Flugzeugs begann das Boarding bereits eine halbe Stunde vor Abflug, also surften sie noch ein wenig im Internet und stiegen dann ein.
Als die Boeing 777 endlich abhob, waren Drake und Allie bereits eingeschlafen. Spencer schaute hingegen zu, wie die Lichter von Los Angeles unter den Flügeln der Maschine verschwanden, während sie in den Himmel stieg. Nun würde das Abenteuer beginnen.
Peking, China
Jiao Long saß an dem langen Konferenztisch, ihm gegenüber sein Vorgesetzter Wu Xiaoping, seines Zeichens zweithöchster Befehlshaber im MSS. Neben ihm saß ein nervöser Techniker, dessen Aufgabe es war, die Server aus dem Hauptquartier von Moontech zu untersuchen.
Xiaoping hörte ungeduldig zu, während Jiao seinen Bericht ablieferte. Als er fertig war, lehnte sein Boss sich nach vorn, zündete sich eine Zigarette an und stieß eine beißend riechende Wolke Rauch in Richtung der Deckenbeleuchtung.
»Dieser Huang wusste also nichts? War er denn kein Komplize von Liu?«, knurrte er.
Jiao schüttelte den Kopf. »Ich bin mir inzwischen sicher, dass er das nicht war.«
»Wird er es überleben?«
»Nein. Er bekam während des Verhörs einen Herzinfarkt. Noch hängt er an den lebenserhaltenden Systemen, doch es wird davon ausgegangen, dass er nicht mehr zu Bewusstsein kommt.«
Xiaoping grunzte und benutzte den Aschenbecher aus Porzellan, wobei er äußerst aufmerksam nur die wenige Asche abstreifte, die nicht mehr glühte. Eine auffällige Angewohnheit, die Jiao schon unzählige Male hatte beobachten können. »Was haben wir denn dann überhaupt für Spuren?«
Jiao sah den Techniker an, der daraufhin begann, in einer weichen, fast schon femininen Art zu sprechen: »Es steht außer Frage, dass der Angriff auf unsere Systeme von Moontech ausging. Aber als ich die Log-Dateien untersucht habe, bin ich auf eine sehr interessante Anomalie gestoßen. Anscheinend haben die Hacker ihren Angriff über einen Trojaner auf die Moontech-Server umgeleitet, sodass es so aussah, als würde er direkt dort aus dem Gebäude kommen.«
Xiaoping wiegelte mit einer ungeduldigen Geste ab. »Das wissen wir bereits.«
»Schon, aber das Interessante ist, dass wir nicht das einzige Ziel waren.«
»Nun spucken Sie es schon aus, wir haben keine Zeit zu verlieren.«
»Es sieht so aus, als hätte Liu auch auf das Netzwerk des US-Verteidigungsministeriums zugegriffen. Und zwar auf ihre wichtigsten, am besten gesicherten Server!«
»Was?«, rief Xiaoping, »Sind Sie da sicher?«
»Absolut. Die Signatur ist … sagen wir einfach, sie ist eindeutig.«
»Wie hat er das geschafft? Diesen Server versuchen wir seit Jahren zu knacken, ohne Erfolg«, warf Jiao ein.
»Ich bin nicht sicher. Das ist das Spannende daran. Aber er hat es auf jeden Fall geschafft.«
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