»Wusste ich doch, dass du drauf stehen würdest. Ich habe es selbst auf das Fahrwerk von einem VW Käfer aufgezogen. Es war ein Bausatz. Ich wollte einfach etwas zu tun haben, statt nur faul rumzusitzen.«
»Drake hat mir schon von deinen finanziellen Eskapaden erzählt.«
»Tja, da habe ich mir selbst ein ganz schön tiefes Loch gegraben … und muss jetzt zusehen, wie ich da wieder rauskomme!«
»Schon witzig, dass wir jetzt alle wieder zusammen sind, oder? Wie in alten Zeiten!« Drake lachte, aber er fand selbst, dass es falsch klang. »Das war doch vor gerade mal drei Monaten!«
Spencer lächelte. »Echt, so schnell ging das alles? Und die kleine Allie ist in dieser Zeit erwachsen geworden!«
»Das liegt an den Hormonen. Und dem Kettenrauchen«, witzelte sie.
»Du bist echt eine Marke«, bemerkte Spencer anerkennend und schaute dann in Richtung Drake. »Bin ich zu spät?«
»Hast du keine Uhr?«, fragte Drake.
»Keine, die ich mit nach Thailand nehmen würde!«
»Ich glaube, ich habe noch eine Casio übrig«, sagte Drake, »die beliebteste Uhr bei Terroristen, hat mir der Typ in dem Laden gesagt – die Casio F91-W – wie hätte ich bei so einer Werbung widerstehen können?«
»Solange sie die Zeit anzeigt, passt das für mich.«
Sie ließen sich auf Drakes Sofa nieder und tratschten über die alten Zeiten. Nach einer Weile kam das Gespräch auf Allies Situation zu sprechen.
»Was hast du denn mit deinem ganzen Reichtum angefangen?«, fragte Spencer. Drake hatte Allie schon während der Fahrt vor Spencers Geldsorgen gewarnt, von daher war sie darauf vorbereitet, dass er sie anpumpen könnte.
»Ach, das habe ich alles auf ein Sparkonto gepackt.«
»Wie bitte, machst du Witze? Was bekommst du denn da für Zinsen, 0,001 Prozent im Jahr?«, fragte Spencer ungläubig.
»Nun ja, ich habe im Moment wirklich keine Zeit, mich mit den Feinheiten von Finanzinvestitionen auseinanderzusetzen … ich habe alle Hände voll mit dem Nachlass von meinem Vater zu tun, deswegen wollte ich das Geld erst mal sicher parken.«
»Aber damit lässt du dir so viel durch die Lappen gehen …«
Allie lächelte. »Ich weiß, mir haben dutzende Finanzmanager die Tür eingetreten. Die sind aus allen möglichen Bundesstaaten eingeflogen, um mich davon zu überzeugen, mit ihnen zu arbeiten. Aber ich hatte bei keinem ein gutes Gefühl. Die haben mich alle von oben herab behandelt, als wäre ich ein Idiot oder ein Kind. So nach dem Motto: Zerbrechen Sie sich mal nicht Ihr hübsches Köpfchen. So was hasse ich wie die Pest.«
Drake unterbrach die Diskussion, um das Gespräch wieder auf das dringende Thema des Smaragd-Buddhas zu konzentrieren. »Soweit ich weiß, basiert das alles auf Hörensagen. Der König der Khmer hat den Schatz nie zurückholen können, entweder weil das Gebiet zu gefährlich war, oder weil er ihn einfach nicht wiederfinden konnte. Falls die Geschichte überhaupt wahr ist. Denn soweit wir wissen, gibt es vielleicht gar keinen Schatz und es ist nur eine Legende, die im Verlauf der Jahre immer größer aufgebauscht wurde.«
»So ist es doch eigentlich mit jedem verlorenen Schatz«, kommentierte Allie.
»Das stimmt. Aber was diesen spezifischen Fall so kompliziert macht, ist, dass es in der Region jahrhundertelange Kämpfe gab. Es gibt keinerlei Aufzeichnungen. Es ist alles nur mündlich überliefert und damit reine Spekulation.«
»Zu dumm, dass wir diesmal kein Notizbuch haben, dem wir folgen können«, witzelte Spencer.
In diesem Moment wurden sie durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen.
»Herein, es ist offen!«, rief Drake.
Collins und ein hochgewachsener Mann Ende dreißig traten ein. Der Neuzugang trug Jeans zu einer offenen Anzugjacke mit blauen Streifen, war athletisch gebaut und hatte kantige Gesichtszüge. Er kam mit leeren Händen, wogegen Collins einen Aktenkoffer dabei hatte. Zuerst stellte sich Collins Allie und Spencer vor, dann deutete er auf seinen Kollegen. »Das ist Alex Banyon. Er wird Ihr Einsatzleiter vor Ort sein und Sie in den Dschungel begleiten.«
»Schön, Sie kennenzulernen«, sagte Alex mit einer Stimme, die ebenso beeindruckend war wie sein kantiges Profil. »Darf ich mich setzen? Ich habe das schließlich alles schon mal gehört.«
»Klar«, sagte Drake und stand auf, um einen Stuhl vom Esstisch zu holen. Nachdem sich alle niedergelassen hatten, räusperte sich Collins und stellte den Aktenkoffer neben sich auf den Boden.
»Lassen Sie uns erst über das Flugzeug sprechen. Wie ich Ihnen bereits sagte, war Christine an Bord, als es abgestürzt ist.«
»Woher wissen Sie das so genau?«
Collins blinzelte nicht einmal. »Wir haben unsere Quellen. Sie flog von China nach Thailand und es gab Stürme über Laos und Myanmar. Unsere Annahme ist, dass die Maschine wegen eines technischen Fehlers runterkam. Es könnte auch am Wetter gelegen haben. Aber das werden wir erst mit Sicherheit sagen können, wenn Sie das Wrack gefunden haben.«
»Was hat sie denn in China gemacht?«, fragte Spencer.
»So eine Art spirituelle Auszeit, soweit wir wissen. Yoga, Meditation, solche Sachen.«
»Gehen die Kids heutzutage nicht nach Indien, um das zu machen?«, fragte Allie.
Collins' Augen wanderten in ihre Richtung und sprangen dann zurück zu Spencer. »Vielleicht hat sie zu viele Wiederholungen von Kung Fu gesehen. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie ihre Entscheidung zustande kam. Ich weiß nur, was ihr Vater uns gesagt hat.«
Spencer rieb sich das Kinn. »Was ist mit dem Transponder der Maschine?«
»Aus unbekannten Gründen wurde er ausgeschaltet. Möglicherweise wollte der Pilot nicht verfolgt werden. Das kommt in dieser Gegend ziemlich häufig vor, wegen des florierenden Drogenhandels.« Er öffnete den Koffer und zog einen Aktenordner hervor. Alex ergriff ihn, blätterte kurz durch den Inhalt und gab ihn dann an Spencer weiter.
»Das ist der letzte Schnappschuss von dem Radar der thailändischen Luftsicherung. Laos hat in diesem Gebiet keine hohe Reichweite, bei denen war die Maschine noch gar nicht aufgetaucht. Und Myanmar … nun ja, die reden nicht mit uns«, sagte Alex.
Spencer legte die Satellitenaufnahme auf den Kaffeetisch und betrachtete den eingezeichneten roten Kreis. »Sieht so aus, als wäre der größte Teil davon in Myanmar.«
»Das ist Teil der Herausforderung. Wir arbeiten gerade durch eine dritte Partei daran, Ihnen Genehmigungen für das Überqueren der Grenze zu besorgen. Um nach dem Tempel zu suchen, natürlich.«
»Natürlich«, sagte Spencer. »Aber wie sollen wir so eine Nadel im Heuhaufen finden? Hier steht, dass es um eine Cessna 172 geht, die ist ja kaum größer als ein Lenkdrachen!«
»Warum benutzen Sie nicht einfach eine Drohne«, fragte Allie. »Das sieht man doch heute ständig im Fernsehen. Wäre das nicht effizienter, als uns hinzuschicken?«
»Berechtigte Frage. Aber das Problem mit den Drohnen ist die Akkulaufzeit. Selbst die militärischen Modelle halten nicht sehr lange durch, für die kleineren ist das absolute Maximum eine Stunde. Und alles was größer ist, würde uns verraten. Sowohl Myanmar als auch Laos würden sofort wittern, dass unsere Regierung involviert ist. Und zu guter Letzt würden die Drogenkartelle, die in der Gegend aktiv sind, jede Drohne sofort abschießen. Von daher ist das keine Option.« Collins verzog das Gesicht. »Wir können Ihnen für Ihre Suche aber einen Helikopter organisieren. Sie werden das Gebiet in niedriger Flughöhe nach einem Raster absuchen. Das ist natürlich nicht besonders elegant, aber ich sehe keine andere Möglichkeit.«
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