Kurhessen Therme
Wilhelmshöher Allee 361
34131 Kassel-Bad Wilhelmshöhe
0561 318080
www.kurhessen-therme.de
8 Rösti, Spätzli und Geschnätzlätz
Kassel: Restaurant Matterhorn-Stübli
Es gibt nicht viele Restaurants in Deutschland, die sich der Schweizer Küche verschrieben haben. In Kassel gibt es, für mich, das beste. Dabei ist das Matterhorn-Stübli von außen so unscheinbar, dass man Gefahr läuft, daran vorbeizufahren oder -laufen. Innen wartet ursprüngliche und feine Schweizer Küche.
So landete ich an meinem ersten nordhessischen Abend, es war der 16. Juni 2004, im Matterhorn-Stübli, betrieben von Familie Holzhauer. Seitdem bin ich vermutlich mehr als hundert Mal dort gewesen und habe geschlemmt: Klassisch mit Röstispezialitäten, Züri Geschnätzlätz und Käsfondue, traditionell mit Chäsbrägel, Käsesuppe, Raclette und innovativ mit Chili-Weißweinsuppe oder Appenzeller Hähnchenbrust.
Das »Stübli« ist fein und bodenständig zugleich, typisch schweizerisch-nordhessisch. Seit einigen Jahren führt Sohn Yves das Restaurant. Er hat neben den Standards hauptsächlich saisonale Einflüsse auf die Karte gebracht. Die hausgemachten »Herbst-Spätzli«, mit frischen Pilzen, Walnüssen, Speck und Zwiebeln angebraten, mit Birnen verfeinert und mit Bergkäse überbacken, sind eine Sensation. Im Frühling warten besondere Spargelinnovationen und der Hang der Familie in Richtung Amerika manifestiert sich im »Röschti USA«, stilecht mit Ei und Bacon. Die Wein- und Digestivkarte kann sich sehen lassen und ist dabei äußerst preisgünstig.
Es wäre müßig, hier einen Lehrgang in Suisse Cuisine zu veranstalten, denn erstens bekommt man alles erklärt, zweitens habe ich mir meine Kenntnisse auch erst dort erarbeitet und drittens wird man eigentlich nie nur einmal dort zu Gast sein. Für mich ist das Stübli kulinarische Heimat, gleich ob im Winter im gemütlichen Lokal oder im Sommer auf der kleinen Terrasse. Zum Abschluss ein Pflümli und die Welt ist schweizerisch-schön mitten in Nordhessen.
Fragen Sie mal nach Käsefondue mit Kartoffeln statt Brot. Einzigartig, wenngleich sich der Hunger für mindestens 20 Stunden verabschiedet.
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Matterhorn-Stübli
Wilhelmshöher Allee 326 32634131 Kassel
0561 39933
www.matterhornstuebli.de
9 Ein kleiner Park für eine große Frau
Kassel: Sophie-Henschel-Platz
»Nichts Außergewöhnliches«, mag denken, wer an diesem kleinen Park an der Wilhelmshöher Allee unweit des ICE-Bahnhofs vorbeiläuft oder -fährt. Dieser Platz bietet jedoch große Kasseler Personen- und Industriegeschichte. Zudem ist er, samt seiner Umbauung, ein Idyll am Rande des Stadtteils Wehlheiden. Man ist mitten in der Stadt und doch im Grünen.
Es sollte nur ein netter kleiner Park werden, der die Prachtmeile Wilhelmshöher Allee mit dem dahinterliegenden Rot-Kreuz-Krankenhaus verbindet, durch die spätere Bebauung des Geländes ist eine architektonische Idylle entstanden. Benannt ist der Platz nach einer der großen Bürgerinnen der Stadt und einer der ersten Frauen Deutschlands, die um die Wende ins 20. Jahrhundert einem großen Industriekonzern vorstand. Nach dem Tod ihres Mannes übernahm sie 1894 die Leitung der gesamten Henschelfabriken, die Lokomotiven für die ganze Welt bauten, und führte sie in eine glänzende Zukunft. Dadurch war sie relativ schnell eine der reichsten Frauen im Kaiserreich. Den Reichtum setzte sie auch für zahlreiche Spenden ein. 1908 wurde das Kasseler Rot-Kreuz-Krankenhaus gebaut. Sophie Henschel hatte Grundstück und Geldmittel dafür zur Verfügung gestellt. Sie starb 1915. Der geplante Park zwischen Krankenhaus und Wilhelmshöher Allee wurde erst nach ihrem Tod realisiert. Um den Park herum errichtete die damalige Kali-Industrie AG an drei Seiten Wohnungen für Mitarbeiter.
Letztlich sieht es heute noch so ähnlich aus wie in den 1920er-Jahren. Man sitzt in einer grünen Idylle an einem wichtigen Platz, denn Sophie Henschel hat, als historische Figur, noch heute einen ganz hohen Stellenwert in Kassel. An sie zu erinnern, gehört gewissermaßen zur Bürgerpflicht. Nicht umsonst hat sie dank ihres sozialen Engagements und ihrer Leistung als Unternehmerin den vor Jahren von der lokalen Presse per Leserentscheid verliehenen Titel »wichtigste Kasseler Persönlichkeit« bekommen.
Die vor den Häusern verlaufende Virchowstraße auf Höhe des Platzes ist eine der schönsten Alleen der Stadt Kassel.
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Sophie-Henschel-Platz
Ecke Wilhelmshöher Allee/Virchowstraße
34121 Kassel
10 Schicke Gründerzeit und Jugendstil
Kassel: Spaziergang durch den Vorderen Westen
Der Westen ist für viele Städte ein Indiz für alt gewachsene, bessere Wohnviertel. Das trifft auch auf Kassel zu und seinen Vorderen Westen. Der Stadtteil ist geprägt von Altbauten, Gründerzeit und Jugendstil sowie großzügigen Wohnungen, auch heute noch.
Wie in vielen anderen Städten ist Kassel-West (offizieller Name bis 2010) ein ehemals feiner Stadtteil. Leider hat auch hier die fatale Bombardierung Kassels ihre Spuren in Form von 1950er-Jahre-Architektur in den zerbombten Zwischenräumen hinterlassen. Aber große Teile des Viertels hatten Glück und präsentieren sich heute fein restauriert und in altem Glanz. Die Lebensader deutet mit der Friedrich-Ebert-Straße und dem August-Bebel-Platz auf die sozialdemokratische Geschichte der Stadt, auch wenn die Namen der großen Sozialisten nicht so recht zum großbürgerlichen Ambiente zu passen scheinen.
Menschen mit großen Namen haben zeitweise hier gelebt. Samuel Beckett war in den 1920er-Jahren Dauergast bei Onkel und Tante, hauptsächlich aber wegen der Liebe zu seiner Cousine Peggy. Rita Hayworth machte eine Stippvisite zur Truppenunterhaltung in den 1940er-Jahren und der Stummfilmregisseur Friedrich Wilhelm Murnau verbrachte seine Kindheit hier.
Mir hat es der alte Teil zwischen Stadthalle und der Kneipenmeile angetan. Buchläden, Feinkostläden, Biomärkte, Cafés und Kneipen zieren heute den Stadtteil. Kreative Modegeschäfte (zum Beispiel für maßgeschneiderte Korsetts) geben den besonderen Kick. Sapori D’Italia am Bebelplatz mausert sich in der Mittagszeit zur gern besuchten Ersatzkantine und in der Friedrich-Ebert-Straße wartet mit dem Voit eines der Kasseler Top-Restaurants. Man kann hier prima lustwandeln und sich in vermeintlich bessere Zeiten zurückdenken. Die Wohngegend ist hoch geschätzt, ein vorübergehender Aufenthalt aber ebenfalls schön.
In der Querallee an der Ecke Goethestraße findet sich der Filmladen, Kassels erstes Programmkino mit Filmen jenseits des Massenangebots.
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Vorderer Westen
Rund um Kongress Palais Kassel
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