86152 Augsburg
Brechthaus
Auf dem Rain 7
86152 Augsburg
0821 3240
www.brechthaus-augsburg.de
10 Bilderreigen im Rokoko
Augsburg: Schaezlerpalais
Die Anekdote, dass die 14-jährige Marie Antoinette in dem wunderschönen Rokokosaal ihre Schuhe durchgetanzt haben soll, gefällt mir besonders gut. Musste die Tochter Maria Theresias doch später als Gattin Ludwigs XVI. von Frankreich ihr Leben unter der Guillotine beenden. Von diesem Schicksal ahnte das junge Mädchen glücklicherweise nichts, als es auf dem Weg nach Versailles in Augsburg Station machte und am 28. April 1770 im Schaezlerpalais Ehrengast bei der glanzvollen Eröffnung des Festsaals war.
Das architektonische Prachtstück gönnte sich der Bankier Benedikt Adam Freiherr von Liebert, Edler von Liebenhofen. Er hatte anstelle des geschichtsträchtigen Patrizierhauses aus dem Spätmittelalter, in dem Kaiser Maximilian I. abstieg und Philippine Welser geboren wurde, ein Rokoko-Palais errichten lassen. Das Herz des Baus war der zweistöckige Festsaal, dessen Deckengemälde dem alles verbindenden Welthandel huldigt – und damit die aktuelle Globalisierung glatt vorwegnimmt.
Bis 1958, als Wolfgang Freiherr von Schaezler es der Stadt schenkte – mit der Auflage, es ausschließlich für kulturelle Zwecke zu nutzen –, befand sich das Gebäude im Familienbesitz. Heute beherbergt das aufwendig restaurierte Palais die Deutsche Barockgalerie, die Grafische Sammlung und die Gemäldesammlung des wegen seiner Nazi-Verstrickungen umstrittenen Kunsthändlers Karl Haberstock mit Bildern von Tiepolo, Veronese und van Dyck.
Vom Schaezlerpalais kommt man in die Katharinenkirche, wo seit 1835 die älteste Filialgalerie der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen untergebracht ist – mit Werken der Augsburger und der schwäbischen Schule aus der Zeit des Spätmittelalters und der Frührenaissance. Hier kann man auch Dürers Porträt von Jakob Fugger dem Reichen bewundern und Bilder von Hans Holbein dem Älteren.
Der heute wieder im Rokokostil gestaltete Garten des Palais bildet mit dem Gebäude eine Einheit und ist für jedermann zugänglich.
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Schaezlerpalais
Maximilianstraße 46
86150 Augsburg
0821 3244102
www.schaezlerpalais-augsburg.de
11 Hort der Erinnerung
Augsburg: Synagoge und Jüdisches Kulturmuseum
Wer nicht genau hinschaut, übersieht eines der wichtigsten Gebäude in der Augsburger Innenstadt: die Synagoge. Denn zunächst fällt der Blick nur auf eine abweisende Mauer. Wer das wunderbare Gebäude dahinter betrachten will, muss bei der israelischen Kultusgemeinde klingeln. Sie verwaltet den Kuppelbau aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts und das Jüdische Kulturmuseum, das 1984 als erstes selbstständiges Museum seiner Art nach dem Krieg gegründet wurde.
Es war eine selbstbewusste jüdische Gemeinde, die sich 1917 die imposante Synagoge mit ihrem reichen ikonografischen Innenleben leistete. Die 1.200 Mitglieder verstanden sich als Teil der Augsburger Gesellschaft, hatten viele von ihnen doch maßgeblich zur Blüte der Stadt beigetragen. Dieser Tempel im byzantinischen Stil mit Jugendstilelementen war Ausdruck ihres damaligen bürgerlichen Selbstverständnisses. Erstaunlich, dass die Synagoge die Pogromnacht von 1938 äußerlich fast unversehrt überstand. Die Schäden im Inneren wurden zwischen 1974 und 1985 beseitigt, die fast orientalische Pracht wiederhergestellt.
Wer mehr über das Schicksal der Augsburger Juden im Dritten Reich erfahren will, kann sich im angegliederten Jüdischen Kulturmuseum informieren. In der Ausstellung wird ihre Kultur und Leidensgeschichte ebenso dokumentiert wie die Geschichte der Synagoge und die Wiederbelebung der jüdischen Gemeinde. Durch Zuwachs aus den Oststaaten ist sie nach dem Krieg wieder auf 1.800 Mitglieder angewachsen. Auch Mietek Pemper, der Oskar Schindler (berühmt geworden durch den Spielberg-Film Schindlers Liste) dabei half, Juden zu retten, und 2011 im Alter von 91 Jahren in Augsburg starb, gehörte ihr an. Im Lesecafé erinnert der berühmte Coca-Cola-Schriftzug an den Designer Walter Landor. Der Sohn von Fritz Landauer, dem Architekten der Augsburger Synagoge, hat dieses unverwechselbare Schriftbild gestaltet.
In der Literaturhandlung gibt es nicht nur Bücher zur jüdischen Geschichte, Postkarten und jüdische Kultgegenstände, sondern auch eine kleine Auswahl an koscherem Wein.
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Synagoge und Jüdisches Kulturmuseum Augsburg
Halderstraße 6–8
86150 Augsburg
0821 513658
www.jkmas.de
12 Prophetenfenster und Blumenrabatten
Augsburg: Dom Mariä Heimsuchung
Weithin sichtbar sind die beiden Glockentürme des Augsburger Doms, 62 Meter hoch und seit dem Mittelalter ein Wahrzeichen der Stadt. Man muss nicht besonders fromm sein oder gar katholisch, um vom Anblick des mächtigen Gotteshauses beeindruckt zu sein. Mögen auch Architekturpuristen ob des Stilsammelsuriums die Nase rümpfen, ich liebe den romanisch-gotischen Mariendom mit der unterirdischen Krypta.
Es ist nicht verwunderlich, dass sich Romanik, Gotik, Barock, Neogotik und Klassizismus in diesem Bau vermischen. Wurde doch die Basilika, deren Ursprünge auf das 9. Jahrhundert zurückgehen, ja womöglich sogar bis ins 4. Jahrhundert zurückreichen, immer wieder erweitert, verwüstet und – im Stil der jeweiligen Zeit – neu aufgebaut. Protestantische Bilderstürmer richteten im 16. Jahrhundert mehr Schaden an als der Zweite Weltkrieg, den der Hohe Dom fast unbeschadet überstand. Erhalten blieben die unschätzbaren Prophetenfenster, die als älteste Beispiele dieser Kunst in Europa gelten, das riesige Christopherus-Fresko am Eingang sowie die wunderschönen Tafelbilder, die Hans Holbein der Ältere 1493 gemalt hat. Den gotischen Skulpturen an den beiden Eingangsportalen haben Wind und Wetter, vor allem aber der Straßenverkehr arg zugesetzt. Sie mussten restauriert und teilweise erneuert werden. Auch die römischen Ausgrabungen auf dem Domplatz leiden unter der Luftverschmutzung.
Auf dem Fronhof zwischen dem Dom und der ehemaligen Fürstbischöflichen Residenz, wo heute die Regierung von Schwaben residiert, ist von der Umweltbelastung kaum etwas zu spüren. Im Schatten der hohen Bäume und mit Blick auf blühende Blumenrabatten mit den Domtürmen im Hintergrund kann man an diesem Ort wunderbar ein paar Stunden verträumen. Als meine Kinder noch klein waren, war ich mit ihnen oft auf dem kleinen Spielplatz am Friedensdenkmal.
Der nahe barocke Hofgarten mit seinem Goldfischteich ist im Sommer der Lieblingsplatz aller Generationen.
12
Dom Mariä Heimsuchung
Frauentorstraße 2
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