Nach dem Vorbild der Spätgotik wurden die Flügelaltäre zwischen 1903 und 1911 vom Freiburger Bildhauer Josef Dettlinger geschaffen. Im ehrenden Andenken hat jener Meister zwei Figuren unter die Heiligen gemogelt, die nicht dorthin gehören: Im Josefsaltar, ganz rechts, steht ein Mann mit Steinmetzmütze und Rauschebart, der das Kirchenmodell in der Hand hält. Es handelt sich hierbei um Baudirektor Meckel. Das Antlitz einer großzügigen Spenderin, Theresia Blessing, vermutet man im Porträt der Prophetin Hannah im unteren linken Flügel des Marienaltars. Wer findet die Heiligen in der Figurengruppe?
Die ursprünglich schönen Malereien an den Seitenwänden des Kirchenschiffs waren bei einer Renovierung überstrichen worden. In mühevoller Kleinarbeit hat man diese vor Jahren freigelegt, siehe links und rechts des Mittelschiffs.
Einen kleinen Kirchenführer, herausgegeben von der Erzdiözese Freiburg, finden Sie beim Haupteingang. Er kann für einen geringen Unkostenbeitrag erworben werden.
1
Münster St. Jakobus
Bei der Kirche 2
79822 Titisee-Neustadt
07651 5930
2 In Stein gehauen
Titisee-Neustadt: Skulptur Schwarzwälder
Ein provokantes Bildnis hat der Künstler Peter Lenk vom Bodensee mit seiner Skulptur Schwarzwälder geschaffen. Zu finden ist sie vor dem Eingang des Schuhhauses Jungkind gegenüber dem Neustädter Münster und gehört der Ladenbesitzerin Iris Voelter.
Nackt, grübelnd und seinen Bart kraulend hockt er da und harrt der Dinge, die da kommen. Oder nicht kommen. Einzig Sandalen trägt der Mann aus Stein. »Hauptsache, Schuhe«, steht auf dem Sockel, wenngleich diese Riemchenschuhe nicht die bevorzugte Fußbekleidung eines Einheimischen sind. Lenk hat ihn, den Zugeknöpften, nackig gemacht und zur Schau gestellt, als ob er den Einwohnern der Stadt einen Spiegel vorhalten wolle. Der Bildhauer ist bekannt für seinen scharfen Blick auf die Schattenseiten seiner Zeitgenossen. Anfangs wurden kritische Stimmen zu dem hässlichen Nackedei mitten in der Stadt laut. Fühlte man sich persönlich getroffen? Doch die Gemüter haben sich beruhigt, und die meisten begegnen ihm heute mit einem Schmunzeln. Haben die Menschen sich oder vielleicht ihren Nachbarn heimlich wiedererkannt, oder haben sie sich einfach an den komischen Kautz gewöhnt?
Was will Lenk dem Betrachter mit dieser Figur sagen? Beim genauen Hinsehen erkennt man ein verschmitztes, sympathisches Lächeln unter dem Bart. Was auf dem ansonsten kahlen Schädel auf den ersten Blick wie ein Zopf aussieht, entpuppt sich als Korken. Sein muskulöser Körper sitzt in entspannter, abwartender Haltung auf einem Granitblock. Er beobachtet uns! Wartet er darauf, dass man sich ihm zuwendet? Den Korken öffnet, um in sein Innerstes zu schauen? So, als würde man den Geist aus der Flasche rufen?
Während seine Nacktheit zum verschämten Hinschauen verleitet, bleibt sein Innerstes vorläufig unter Verschluss. Er lässt sich nicht gleich in die Seele schauen. Peter Lenk hat die Mentalität der Hochschwarzwälder in Stein gehauen.
Nebenan beim Feinkost-Bistrot Villinger in der Hauptstraße 6, ein beliebter Treffpunkt im Städtle, entdecken wir eine zweite Skulptur, diesmal aus Holz: Befruchtungen von Simon Stiegeler.
2
Skulptur Schwarzwälder beim Schuhhaus Jungkind
Scheuerlenstraße 1
79822 Titisee-Neustadt
07651 1355
3 Von Kolonialwaren zum Bistrot
Titisee-Neustadt: Villinger
Ein kleines Highlight nach den Besorgungen im Städtle ist für mich das Bistrot Villinger gegenüber dem Münster. Ein angesagter Treffpunkt; nicht nur zum Cappuccinotrinken. Erlesene kulinarische Köstlichkeiten verwöhnen den Gaumen zu allen Tageszeiten.
Katharina Villinger hat das Feinkostgeschäft ihrer Eltern Jürgen und Brigitte zu einem modernen Bistrot umgewandelt. Sie ist die Besitzerin in vierter Generation. Angefangen hat ihr Urgroßvater Albert im Jahr 1900 mit einem Kolonialwarenladen. Damals ging man noch von der Hauptstraße her in das Geschäft, das neben Raritäten wie Stockfisch und Kaffee auch Gerätschaften für die Landwirtschaft im Sortiment hatte. Der Fisch wurde getrocknet in Körben geliefert und über Nacht in Steinbecken im Keller gewässert, weiß Jürgen zu erzählen. Dazu leitete man den Brandbach zwischen den Häusern kurzerhand um. In dieser engen Gasse röstete Albert die Kaffeebohnen. Der Duft dieses Luxusgutes wehte zwischen den Häusern und stieg in die feinen Nasen der Neustädter.
Im Januar 1959 jedoch brannte das Haus ab. Alberts Sohn Herbert baute es wieder auf, ins ehemalige Lädele zog eine Apotheke. Das Lebensmittelgeschäft mit Haushaltswaren kam in den oberen Stock, den man ebenerdig vom Münster her betrat. 1981 übernahm die nächste Generation und modernisierte, aus der Edeka-Filiale wurde ein Feinkostgeschäft. Weitere Umbauten folgten und allmählich schälte sich das Bistrot aus dem Obst-, Gemüse- und Weinsortiment. Neben der gemütlichen Einkehr lässt Katharina sich abwechslungsreiche Veranstaltungen einfallen: Sekt-, Wein- und Ginproben, Musikabende und After-Work-Partys sind schon lange kein Geheimtipp mehr. Glück hat, wer noch eine Eintrittskarte ergattern kann. Zu den kulinarischen Abenden gehören Martinsgans und Valentinsmenü oder eine Krimilesung mit Verköstigung.
Keine 200 Meter vom Bistrot entfernt, neben der Kirche den Berg hinunter, lädt der weitläufige Kurgarten zum Verweilen ein.
3
Villinger
feinekost/bistrot
Hauptstraße 6
Am Münsterplatz
79822 Titisee-Neustadt
07651 1401
www.feinkost-villinger.de
4 Unseren Helden
Titisee-Neustadt: Fullbergkreuz
Von Titisee her kommend, springt einem das Fullbergkreuz, Neustadts heimliches Wahrzeichen, vor allem nachts ins Auge. Es wirkt, als leuchte es den Heimkehrern den Weg.
Woran erinnert das Denkmal? Wer sich die Mühe macht, auf den Fullberg mit seinen 922 Metern zu steigen, wird nicht nur mit einem wunderbaren Blick über die Stadt belohnt, sondern findet die Lösung des Rätsels als Inschrift auf dem Sockel: »Unseren Helden draußen und daheim 1914–18«. Das Kreuz ist eines von zwei Kriegerdenkmälern der Stadt. Das zweite, ein Figurendenkmal vom Neustädter Bildhauer Heinrich Bauser gefertigt, steht auf dem alten Friedhof in der Stadtmitte gegenüber der Friedhofskapelle. Zehn Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden die beiden Denkmäler erbaut und feierlich am selben Tag eingeweiht.
»’s Kritz«, wie es bei den Einheimischen genannt wird, ragt als Mahnmal über 15 Meter in den Himmel. Breitet seine Arme aus, als beschütze es die Stadt und deren Menschen, die ihm zu Füßen liegen. Es ist nur einen Katzensprung von der Jugendherberge entfernt und ein beliebter Ort, um stimmungsvolle Sonnenuntergänge zu erleben. Großen Zulauf erfährt das Kreuz außerdem am letzten Abend des Jahres. Vom Fullbergkreuz aus hat man den besten Überblick, will man Neustadt im Lichterregen der Silvesterraketen erstrahlen sehen.
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