Joachim Schroedel - Mit Segenskreuz und Handy

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Der Nahe Osten ist aus unserer westlichen Sicht oft eine verkannte Region, die viele Ängste schürt: Islamismus, Attentate, Christenverfolgung …Dagegen steht die Hochkultur Ägyptens, die Wiege der Menschheit, Pharaonen und Pyramiden. Diese
Gegensätze begleiten den Autor seit zwanzig Jahren bei der Betreuung der deutsch-sprachigen Katholiken dieser Region. Und gerade diese letzten zwei Jahrzehnte waren für den gesamten Nahen Osten von großer Bedeutung.
Msgr. Schroedel gewährt Einblick in seine biographischen Notizen, in Geschichten, die das Leben schreibt. Diese sind Ausgangspunkt vertiefter Reflexionen über Christentum und Islam, Kultur und Religion, Ost und West. Dabei ist ihm die Begegnung wichtiger als Diskussion oder Diskurs. Denn wer dem Orient begegnet, der wird verwandelt!

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Impressum

1. Auflage 2016

© Patrimonium-Verlag

In der Verlagsgruppe Mainz

Alle Rechte vorbehalten

Erschienen in der Edition »Patrimonium Theologicum«

Patrimonium-Verlag

Abtei Mariawald

52396 Heimbach/Eifel

www.patrimonium-verlag.de

Gestaltung, Druck und Vertrieb:

Druck & Verlagshaus Mainz

Süsterfeldstraße 83

52072 Aachen

www.verlag-mainz.de

Abbildungsnachweis:

Umschlag: Stockvault.net/Geoffrey Whiteway

ISBN-10: 3-86417-048-6

ISBN-13: 978-3-86417-048-5

Gewidmet meinem Bischof

Karl Kardinal Lehmann,

Bischof von Mainz,

zu seinem achtzigsten Geburtstag

in Dankbarkeit

VORWORT

Ein Wort macht hier immer wieder die Runde, besonders bei denen, die neu nach Ägypten kommen: »Entweder man liebt es, oder man hasst es!« Ägypten ist nach mehr als 20 Jahren eine Heimat geworden. Und dennoch gebe ich meine Heimat nicht auf, sie trägt mich, aus ihr stamme ich. Aber ich weiß: Diese »neue Heimat« Ägypten, der ich begegnen durfte und immer noch darf, prägt mein Verständnis von meiner »eigentlichen« Heimat, meinem geliebten Rheinhessen und meiner Vater- und Mutterstadt Mainz.

Begegnung bewirkt Veränderung. Aber auch nur dann, wenn ich Begegnung zulasse, und sie nicht als »Zusammenstoß« definiere.

Dieses kleine Werk möchte zeigen, dass Begegnung froh machen kann. Begegnung verändert und bereichert. Und dies auf allen Feldern des Menschseins, bis hin zu tiefen Fragen des Woher und Wohin, zu den Fragen der Religion und der Konkretisierung des religiösen Lebens.

Ich möchte nichts anderes sein, als katholischer Priester. Und als solcher möchte ich die Botschaft verkünden, dass Gott nicht irgendwo verborgen im Himmel sitzt, sondern uns nahe gekommen ist. Dass Weihnachten der Anfang und Ostern die herrliche Vollendung unseres und des Herrn Jesus Christus Leben ist.

Einen kleinen, facettenhaften Einblick in 20 Jahre Ägypten soll dieses Buch geben.

Ich danke allen, die mir in diesen Jahren begegnet sind – nicht zuletzt auch denen, die mir und der Markusgemeinde Kairo unfreundlich, dialogfrei und negativ begegnet sind. Dank dafür, dass uns Kräfte zugewachsen sind, die wir nie für möglich gehalten hätten. Ich bete weiter für sie.

Danke den Lebenden und Verstorbenen unserer Markusgemeinde! Danke den Patres und Schwestern, die uns geholfen haben. Danke den Borromäerinnen in Ägypten, die einer eigenen Würdigung bedürften! Danke den Muslimen und Christen, die Verständnis für uns aufbrachten.

Einen herzlichen Dank an Ruth Badawi, die das Manuskript durchgesehen hat. Und jetzt schon: jeder Druckfehler, jedes falsche Komma, wird uns im Himmel nicht negativ angerechnet!

Kairo, am 25. Januar 2016,

Fest der Bekehrung des Hl. Apostels Paulus,

Fünfter Jahrestag des Aufstandes

Gegen Unrecht und Unterdrückung in Ägypten

Joachim Schroedel

ZUR ORIENTIERUNG

»Sie können in ganz Nordafrika Gemeinden gründen«! Ein Satz, mit dem mir augenzwinkernd der damalige Leiter des »Katholischen Auslandssekretariats«, Pfarrer Norbert Blome, den Weg nach Ägypten ebnete!

Seitdem sind mehr als 20 Jahre vergangen. Zwei Jahrzehnte Seelsorgetätigkeit in Ägypten und von hier aus fast »sternförmig« in Syrien, dem Libanon, Jordanien, zeitweise Israel, Libyen, Eritrea und Äthiopien.

Dieses Büchlein soll keine Biographie sein, sondern Einblick in die Arbeit und das Leben eines Menschen geben, der seit September 1995 fest in der Region lebt und bereits 1976/77 und 1979/80 in Palästina/Israel sein kleines »Zuhause« gefunden hatte. Dabei wird viel Persönliches gesagt werden, wichtiger aber ist mir, dass der Leser Einblick in eine Region erhält, die gerade heute als eine der problematischsten Regionen der Welt angesehen wird. Der »Nahe Osten« scheint seit Jahrzehnten ein Pulverfass zu sein, dem man sich eigentlich nicht nähern sollte. Die politische Situation überdeckt dabei den Blick auf die Menschen, die hier leben. Ägypter und Palästinenser, Syrer und Jordanier, Libanesen, Hunderttausende von Arbeitern aus dem fernen Osten … und natürlich auch Tausende von Deutschsprachigen. Und blickt man auf die Religionen und Konfessionen; neben den Muslimen, die zweifelllos den größten Bevölkerungsanteil des Nahen Ostens darstellen, gibt es Christen! Dies wird, nach meiner Erfahrung, allzu oft geflissentlich übersehen.

Aber es sind eben nicht nur Christen der, wie es bei uns in Deutschland zumeist heißt, »beiden großen Kirchen« (und damit sind Katholiken und Protestanten gemeint, unter geradezu sträflicher Missachtung der Orthodoxen oder Orientalen!).

Mit drei Geschichten, die eigentlich exemplarisch für die letzten 20 Jahre sind, möchte ich beginnen.

Warum wollen Sie dort sterben?

Seit Mitte der achtziger Jahre hatte ich die große Freude, an der St. Lioba – Schule in Bad Nauheim als Schulseelsorger und Religionslehrer tätig zu sein. Durch meine Freisemester, die ich in Jerusalem verbringen durfte (1976-77) und durch einen weiteren Aufenthalt nach Beendigung meines Studiums (1979-80), bei dem ich mich prüfen wollte, ob ich eine Berufung zum monastischen Leben hätte, war ich zum Liebhaber des Nahen Ostens und vielleicht auch etwas zu einem kleinen Experten geworden. In der Tat ist wohl bei diesen Aufenthalten die Grundlage geschaffen worden, auch heute noch im Nahen Osten zu leben – nach immerhin fast 40 Jahren.

Immer war es mir eine Freude, über Jerusalem, das Heilige Land zu beiden Seiten des Jordan und über die ganze Region zu berichten und so das »Fünfte Evangelium« (Pater Bargil Pixner, einer meiner Professoren an der Dormitio-Abtei hat wohl diesen Begriff geprägt) mit in die Verkündigung einzubeziehen. Einmal war ich von einer Gruppe Religionslehrern eingeladen, einen Studientag über das Heilige Land zu halten. Grundlage für meine Vorträge war der historische (oder historisierte) Weg des Volkes Israel und des Stammvaters Abraham.

Ich muss wohl mit so viel Begeisterung erzählt haben, dass in einer Vortragspause einer der Kollegen zu mir kam und sagte: »Ihnen merkt man die Liebe zur ganzen nahöstlichen Region wirklich an«! Meine spontane Reaktion: »Ja, ja; wahrscheinlich werde ich dort auch mal sterben.«

»Warum wollen Sie dort sterben?«, fragte er mich. Er kenne einen Religionslehrer-Kollegen, der an einer deutschen Schule in Kairo unterrichten würde. Leider hätte man dort keinen katholischen, deutschsprachigen Priester … und seit Jahren würde man vom »Katholischen Auslandssekretariat« einen Seelsorger erbitten. Doch die Bischöfe stellten ja wohl niemanden frei …

Wenn ich wollte, würde er den Kontakt zu diesem Kollegen einmal herstellen. »Vielleicht wäre vor dem Sterben im Nahen Osten auch noch etwas Seelsorge für eine deutsche Gemeinde möglich« – sagte er schmunzelnd.

Leider habe ich den Kontakt zu diesem Kollegen verloren. Doch er war es, der den »Startschuss« gegeben hatte.

»Warum wollen sie dort sterben?« – Ein Satz, der mich dann in den letzten 20 Jahren manchmal auch fast handgreiflich begleitet hat. Ägypten, so musste ich eben auch erfahren, ist nicht nur das Land von Sonnenschein, Pyramiden und Meer; es ist auch ein Land größter sozialen Unterschiede und Verwerfungen. Ein Land, in dem Armut und mitunter echte Verzweiflung herrschen. Aber immer wohl auch ein Land, das durch die Religion und die Furcht vor der Strafe Gottes geprägt ist.

Eine zweite Geschichte, jetzt schon aus Ägypten, schließt sich an.

Geld her! Oh, ein Abuna!

Es war vor einigen Jahren nach dem Empfang der Deutschen Botschaft zum Tag der Deutschen Einheit. Seit 2005 lebe ich »auf dem Lande«, nicht zuletzt auch, um unseren Gemeindegruppen (Kinder, Jugendliche, Senioren, ausländische Besucher) eine Art »Pfarrhaus« zu geben – und ganz egoistisch auch für mich, der nach dem Stadtleben in einer 20-Millionen-Stadt genug von den Abgasen und dem ständigen und krankmachenden Lärm hatte. Wer in sog. »Mega-Citys« lebt weiß; lange Wege zurücklegen gehört zum Alltag.

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