(3) Hegel, Georg Wilhelm Friedrich, 27.8.1770–14.11.1831, bedeutendster Repräsentant der klass. Deutschen Philosophie (Hoffmann 1988: 137).
Ebenso werden im Abschnitt zu Werken und Leistungen die Hauptwerke Hegels in Nominalsätzen aufgezählt. Im Artikel Donau finden sich teilweise ähnliche sprachliche Merkmale. Die Subjekte sind auch dort entweder sehr knappgehalten oder werden ganz ausgespart. Die Verben stehen ausschließlich in der 3. Person, die Prädikatsphrase ist erweitert. Der Artikel ist durch den ständigen Bezug auf das Thema Donau gekennzeichnet, wodurch auch dort eine konstante thematische Progressionthematische Progression vorliegt. Zudem durchzieht den Artikel ein Netz aus Lexemen des Wortfelds ‚Fluss/Strom‘. Die Pronominalisierung und die Verbindung von Sätzen durch Konnektoren werden völlig vermieden. Zusätzlich fällt die Reihung von Verben im Aktiv auf, die von Lokalangaben begleitet werden und so den Verlauf des Flusses beschreiben:
(4) Donau f: zweitlängster Strom Europas; 2.860 km, davon 2.580 schiffbar (ab Budapest für Seeschiffe); Einzugsgebiet 817.000 km2; entspringt mit den Quellflüssen Brigach und Brege im Schwarzwald […], durchströmt den SO Rumäniens, ist danach rumän.-sowjet. Grenzfluß, mündet mit 5.000 km2 großem, sumpfigem, schiff- u. fischreichem Delta […] (Hoffmann 1988: 141).
An Hoffmanns exemplarischen Analysen werden Merkmale ersichtlich, die sich in mehreren Artikeln finden lassen. Dazu gehört die ständige Bezugnahme auf das Artikelthema, was eine konstante thematische Progression erzeugt. Verfahren der sprachlichen Kürze, wie die EllipseEllipse des Kopulaverbs in der Definition, die Reihung von Nominalsätzen, deren Subjekt ausgespart wird, und die Verwendung von Abkürzungen ermöglichen einen ökonomischen Umgang mit dem begrenzten Platzangebot.1 Abhängig vom StichwortStichwort sind die auftretenden Wortfelder. Zudem können auch die verwendeten Verben je nach Lemmatyp variieren, beispielsweise je nachdem, ob es sich um ein statisches oder ein dynamisches Konzept handelt.
Die von Hoffmann für deutsche Artikel festgestellten sprachlich-stilistischen Merkmale bestätigen Fandrych/Thurmair (2011: 108) an ihrem deutschsprachigen Korpus von Artikeln: Progression mit einem durchlaufenden Thema, Wiederholung des Lemmas in abgekürzter Form, elliptischer Stil mit Auslassung des Kopulaverbs, Verzicht auf Konnektoren. Als Stilmittel sind im Korpus ParenthesenParenthese auffällig. Des Weiteren stellen Fandrych/Thurmair (2011) eine hohe Frequenz des Passivs in ihrem Korpus fest, wobei sie darauf hinweisen, dass dieses sprachliche Mittel der Deagentivierung insbesondere im Deutschen bevorzugt verwendet wird und im Englischen metonymische Subjekte verwendet werden (cf. Fandrych/Thurmair 2011: 113). Einer näheren Analyse unterziehen sie außerdem die sprachlichen Verfahren der nominalen Verdichtungnominale Verdichtung, die ebenfalls für das Deutsche typisch sind. Die Verdichtungnominale Verdichtung bewirkt, dass zum Ausdruck des propositionalen Gehalts weniger Formen auf der Textoberfläche erscheinen als in einer expandierten Form, was in romanischen Sprachen beispielsweise durch Konstruktionen mit einem Gerundium oder einem Partizip geleistet werden kann, die einen Nebensatz ersetzen. Im Deutschen stehen für die nominale Verdichtungnominale Verdichtung Wortbildungsmechanismen (Komposition, Substantivierung, Bildung komplexer Adjektive) sowie die Attribuierung zur Verfügung. Häufig folgt die Satzstruktur in EnzyklopädieartikelnEnzyklopädieartikel dem Schema X ist Y , wobei die Nominalphrase in Y durch Attribuierung stark erweitert wird, wie Fandrych/Thurmair am folgenden Beispiel aus dem Artikel mechanische Musikinstrumente illustrieren:
(5) […] Herzstück der m.M. ist seit dem 14. Jh. die Stiftwalze, eine drehbare Holzwalze (später auch Metall) mit vorstehenden Metallwinkeln, Eisenbolzen oder Nagelstiften, die in Umdrehungsrichtung entsprechend dem Rhythmus, in Querrichtung entsprechend der Tonhöhe angeordnet sind, wobei eine Walze mehrere Musikstücke tragen kann (Fandrych/Thurmair 2011: 108).
In diesem Beispiel wird das Element Stiftwalze durch eine Apposition erweitert, die mit eine drehbare Holzwalze beginnt und bis zum Ende des Satzes reicht (cf. Fandrych/Thurmair 2011: 109). Dabei werden verschiedene Verfahren der nominalen Verdichtungnominale Verdichtung miteinander kombiniert, was in dieser Weise lediglich in der deutschen Sprache möglich ist:
Eine solche Kombination von Wortbildung, pränuklearer und postnuklearer Attribution sowie Apposition ermöglicht es, mehrere Merkmale, die teils komplex ineinander verschachtelt sind, beidseitig an eine Nominalphrase „anzulagern“, eine Strukturmöglichkeit des Deutschen, die in anderen europäischen Sprachen nicht in dieser Weise ausgeprägt ist (Fandrych/Thurmair 2011: 109).
Gläser (1990) präsentiert in ihrer Studie sprachlich-stilistische Merkmale von englischsprachigen Fachlexika, Fachenzyklopädien und Fachglossaren. Insbesondere in den Fachlexika lassen sich Verfahren der sprachlichen Kürze feststellen. Häufig wird „auf satzartige Definitionen und Erläuterungen zugunsten elliptischer Aussagen verzichtet“ (Gläser 1990: 93). In Fachenzyklopädien finden sich dagegen eher „längere, ausformulierte Abhandlungen“ (Gläser 1990: 96). Dementsprechend liegt auch die Frequenz von EllipsenEllipse in Fachlexika höher als in Fachenzyklopädien, nämlich in der Fachenzyklopädie bei 4,7 % (cf. Lauer 1986: 102) und im Fachlexikon bei 83 % (cf. Fiedler 1986: 100). Des Weiteren lassen sich Verfahren feststellen, die eine neutrale, unpersönliche Darstellung bewirken. In den untersuchten Artikeln fehlen Pronomina der 1. und 2. Person ebenso wie emotional-expressive Stilmittel. Teilweise treten jedoch in den enzyklopädischen Lexikonartikeln persönliche Stellungnahmen und Wertungen auf, insbesondere wenn sie die sachliche Darstellung unterstützen (cf. Gläser 1990: 102). Zudem ist in den Artikeln der Fachlexika eine hohe Frequenz an PassivformenPassivform zu verzeichnen, während diese in den Artikeln aus den enzyklopädischen Lexikonartikeln niedriger liegt (cf. Gläser 1990: 103). Darüber hinaus weisen enzyklopädische Lexikonartikel im Vergleich zu Artikeln der Fachlexika eine größere Breite an Stilmitteln auf:
Infolge der obligatorischen Informationsverdichtung beschränken sich die Stilfiguren des Lexikonartikels auf die Ellipse, Parenthese und den Parallelismus. In enzyklopädischen Lexikonartikeln ist mit dem Asyndeton, der stilistischen Inversion, dem Nachtrag und einzelnen Metaphern zusätzlich zu rechnen (Gläser 1990: 108).
Die ermittelten Stilmittel stehen in enger Relation zu den kommunikativen Verfahren, die für Artikel in Nachschlagewerken typisch sind. So tritt die ParentheseParenthese in Zusammenhang mit dem Explizieren oder Kommentieren von Sachverhalten auf. Auch bei diesen Verfahren weist der Lexikonartikel ein schmaleres Spektrum als der Artikel der Fachenzyklopädie auf. Während sich der Lexikonartikel vorwiegend auf die Verfahren Definieren und Explizieren beschränkt, werden diese Verfahren im enzyklopädischen Lexikonartikel durch die Verfahren Feststellen, Referieren, Beschreiben, Kommentieren und Beurteilen ergänzt (cf. Gläser 1990: 107). Zusätzlich zu sprachlichen Mitteln, die eine unpersönliche, neutrale Darstellung bewirken, fallen Verfahren auf, die mit der didaktischen Funktion von EnzyklopädieartikelnEnzyklopädieartikel verbunden sind. Göpferich (1995) zufolge sind die EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel in ihrem deutsch-englischen Korpus diejenigen Diskurstraditionen, die den höchsten Anteil an metasprachlichen Elementen beinhalten. Ebenso stellt sie eine hohe Frequenz verallgemeinernder Formulierungen fest (cf. Göpferich 1995: 296; Haß 2016: 13).
Sprachlich-stilistische Merkmale von französischen Artikeln aus Enzyklopädien und enzyklopädischen Wörterbüchern untersuchen Mochet/O’Neil (2000). Die Artikel folgen überwiegend einem sachlich-neutralen Stil. Die Definitionen sind elliptisch, wobei sie im Falle von Universalis nicht als eigenständiger Teiltext, sondern als Teil des einleitenden Resümees erscheinen. Die vergangenen Ereignisse im Artikel zum Stichwort croisade werden im passé simple , imparfait und passé composé präsentiert. Durch den Einsatz des imparfait wird insbesondere in La grande encyclopédie: inventaire raisonné des sciences, des lettres et des arts par une société des savants et des gens des lettres von Dreyfus/BerthelotBerthelot, Marcellin (1886–1902) ein narrativer Stil gepflegt, der in den nachfolgenden Enzyklopädien einer sachlich-neutralen Darstellung weicht. Lediglich der Teiltext bilan enthält in mehreren Enzyklopädien des 20. Jahrhunderts persönliche Urteile der Verfasser:
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