Der Aufbau von Artikeln in französischen PrintenzyklopädienEnzyklopädie– Print-~ wird in Mochet/O’Neil (2000) analysiert, wobei diachron die Entwicklung vom 19. Jahrhundert bis hin zu zeitgenössischen Werken verfolgt wird. Zur Analyse wird der Artikel croisade aus La Grande Encyclopédie André Berthelot (1855), Grand dictionnaire universel du XIX e siècle (1869), Nouveau Larousse illustré , Grand Larousse universel (1982–1995), Dictionnaire encyclopédique Quillet , Encyclopédie Universalis „corpus“ (1995), Axis: l’univers documentaire und der CD-ROM-Version Encyclopédie Hachette Multimédia untersucht. Dabei zeigt sich eine Tendenz zur ausführlichen Darstellung, die zwischen einer und maximal sieben Seiten schwankt. Der Artikel enthält in allen Werken außer Quillet eine Einführung, auf die eine chronologische Darstellung der Ereignisse folgt. Dabei setzen die Werke jedoch sehr individuelle Schwerpunkte, was die Darstellung einzelner Themen betrifft. Am Ende des Artikels befindet sich in allen Werken außer Larousse universel eine Zusammenfassung. In fünf der acht ausgewählten Werke wird am Ende des Kapitels eine Einschätzung des Ereignisses in Form eines bilan durch den Autor vorgenommen. In allen Werken außer Axis wird am Ende des Artikels eine Bibliografie angefügt. Eine Signatur des Autors weisen dagegen lediglich die Artikel in La Grande Encyclopédie André Berthelot und in Encyclopaedia Universalis auf. Auffällig ist außerdem, dass lediglich die jüngsten beiden EnzyklopädienEnzyklopädie, Universalis und Axis , über Inhaltsverzeichnisse verfügen. Ebenso ist die Anreicherung der Artikel mit Bildern, Karten und Kästen eine jüngere Erscheinung, die mit dem Nouveau Larousse illustré einsetzt und in der Folge immer stärker genutzt wird. Da das Korpus nicht nur reine Enzyklopädien, sondern auch enzyklopädische Lexikaenzyklopädisches Lexikon enthält, lässt sich in den Werken des Hauses Larousse und im Dictionnaire encyclopédique Quillet ein Teil mit sprachlichen Informationen zum StichwortStichwort feststellen, der für diese Diskurstradition typisch ist. Insgesamt fällt auf, dass die Artikel aus den untersuchten französischen Enzyklopädien und enzyklopädischen Lexika sich im Gegensatz zu einem kurzen Lexikonartikel durch eine diskursive Darstellung nach dem Schema Einleitung – Darstellung – Zusammenfassung auszeichnen. Am Artikelende werden zudem Einschätzungen der Experten und ausführliche Bibliografien angegeben.
Einen anderen Eindruck gewinnen d’Achille/Proietti (2011) anhand des von ihm untersuchten Korpus von Artikeln aus gedruckten italienischen Enzyklopädien. Ebenso wie die französischen Artikel tragen diese selten die Signatur des Autors. Allerdings sind die Artikel insgesamt kürzer gehalten und Fußnoten fehlen zumeist (cf. d’Achille/Proietti 2011: 94).
Die Ergebnisse der ausgewählten Studien zeigen, dass Einträge in Referenzwerken eine eigene Diskurstradition darstellen, die in einen ganzen Textverbund aus weiteren Artikeln, aber auch aus Hilfstexten, wie einem Vorwort, oder einen Index eingebettet sind. Der Zugriff auf die einzelnen Artikel erfolgt über die alphabetische MakrostrukturMakrostruktur– alphabetische, einzelne Artikel sind häufig über Verweise miteinander verknüpft. Die Artikel selbst können zum einen in der eher knappen Form eines Lexikoneintrags und zum anderen in der ausführlichen Form eines EnzyklopädieartikelsEnzyklopädieartikel vorliegen, wobei die Grenzen zwischen diesen beiden Diskurstraditionen fließend sind. In der kürzesten Variante besteht ein Artikel lediglich aus einem grafisch hervorgehobenen StichwortStichwort und einer allgemeinen Charakterisierung, die entweder in Form einer klassischen Definition, aber auch in Form einer Umschreibung des Stichworts vorliegen kann. In längeren Varianten werden mehrere Teilaspekte des Themas in eigenen Kapiteln entfaltet. Dabei versprachlicht das StichwortStichwort ein Konzept und in den Teilkapiteln werden weitere Konzepte beleuchtet, die einen realen Bezug zum übergeordneten Konzept des Artikels haben. Ein EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel versprachlicht ein ganzes Netz aus Begriffen und setzt diese in Relation zueinander. Zusätzlich werden ausführliche EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel durch weitere Teiltexte wie die Angabe des Wissensgebiets, ein Glossar, Tabellen, Quellenangaben, weiterführende Literaturhinweise und eine Signatur ergänzt.
Insbesondere Artikel in den untersuchten Fachlexika und -enzyklopädien zeichnen sich durch einen umfangreichen wissenschaftlichen Apparat aus und sind häufiger von den Experten signiert, weswegen sie eine Nähe zu Handbuchartikeln aufweisen. Diese Tendenz kann auch für fachsprachliche Stichwörter in UniversalenzyklopädienEnzyklopädie– Universal-~ festgestellt werden.
Es ergeben sich jedoch nicht nur Unterschiede zwischen Artikeln in Fach- und UniversalenzyklopädienEnzyklopädie– Universal-~ und zwischen eher allgemeinsprachlichen und eher fachsprachlichen Stichwörtern, sondern die auftretenden Textteile variieren auch danach, in welcher Sprache der Artikel verfasst ist. So fällt die ausführliche Präsentation von Inhalten in französischen Enzyklopädien auf, die Elemente wie Inhaltsverzeichnisse, einführende Resümees, Zusammenfassungen, Bibliografien und in einigen Fällen Abschnitte mit Expertenmeinungen enthalten. In italienischen Enzyklopädien sind die Artikel dagegen kürzer gehalten und häufig fehlen Fußnoten.
3.2.4 Sprachlich-stilistische Merkmale
Je nach Untersuchungskorpus variieren zudem die sprachlich-stilistischen Merkmale eines EnzyklopädieartikelsEnzyklopädieartikel. Hoffmann (1988) nimmt in seiner Studie exemplarische Analysen der deutschsprachigen Artikel Hegel und Donau aus Meyers Universallexikon vor. Der Artikel Hegel zeichnet sich durch wenig komplexe Subjektsphrasen aus. Häufig fungiert das StichwortStichwort in abgekürzter Form als Subjekt. Demgegenüber steht eine expandierte Prädikatsphrase, die komplexe Objekte enthält:
(1) H. suchte die Resultate aller bisherigen Philosophie u. Einzelwiss. sowie die Geschichte in ihrer histor.-widersprüchl. Entwicklung theoret. zu fassen, die Gesellschaft als gesetzmäßigen Selbsterzeugungsprozeß des Menschen durch die (allerdings idealist. interpretierte) Arbeit (Entäußerung u. Vergegenständlichung der menschl. Wesenskräfte) zu erklären (Hoffmann 1988: 138).
Durch diese Struktur wird das ThemaThema des Satzes, Hegel, über das etwas ausgesagt wird, sehr knappgehalten, wohingegen das RhemaRhema sehr lang und der Text damit maximal informativ ist. AbkürzungenAbkürzung ermöglichen zudem eine bessere Nutzung des begrenzten Platzes. Die Verben treten ausschließlich in der 3. Person auf. Der Text ist durch die ständige Bezugnahme auf das Artikelstichwort gekennzeichnet, was zu einer konstanten thematischen Progressionthematische Progression führt. Dabei ist zu beobachten, dass das Artikelstichwort häufig wiederholt wird und keine ProformenProform eingesetzt werden:
(2) Ausgestattet mit einem enzyklopäd. Wissen, entwarf H. ein objektiv-idealist. System, dem die Identifizierung von Denken u. Sein zugrunde lag. Nach H. ist der Weltgeist das tätige Prinzip […] (Hoffmann 1988: 138).
Der Pronominalisierungsgrad ist somit gering und die Sätze werden über die wörtliche Wiederaufnahmewörtliche Wiederaufnahme verknüpft. Häufig werden die einzelnen Sätze ohne Konnektoren nebeneinandergestellt. Der gesamte Artikel wird von einem lexikalischen Netz aus dem Wortfeld ‚Grundbegriffe der idealistischen Philosophie‘ durchzogen. Während diese Beobachtungen für den gesamten Artikel gemacht wurden, lassen sich jedoch auch Unterschiede zwischen den einzelnen Artikelabschnitten feststellen. Beispielsweise fehlt im ersten Satz des Abschnitts allgemeine Charakterisierung das Verb:
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