Halten wir fest: Die Wirkung von Celebrities und Influencern in der Markenkommunikation beruht auf der von der Zielgruppe wahrgenommenen Kongruenz im Sinne von Ähnlichkeit und Passung in dem Wirkungsdreieck Marke – Prominenter – Zielgruppe.
Entscheidend ist nun die Klärung der Frage, auf welchen Dimensionen aus dem Universum möglicher Kriterien eine Übereinstimmung zwischen Celebrity, Marke und Zielgruppe erfolgen sollte, um einen positiven Einfluss auf zentrale Erfolgsgrößen der Werbe- und Markenwirkung zu erzielen. Wie Abbildung 2zeigt, wird das wahrgenommene Image einer Celebrity vor allem durch ihre Attraktivität, Expertise, Vertrauenswürdigkeit und Persönlichkeit bestimmt. 31 Ähnlich ist für die Identität einer Marke ihre Leistung, Kompetenz, Persönlichkeit und Wertehaltung wichtig. 32 Das Selbstkonzept als dritte Größe besteht aus den zentralen Einschätzungen eines Menschen zur eigenen Persönlichkeit, Intelligenz und Kompetenz, die seine Person im Wesentlichen ausmachen und damit essenziell für sein Selbstwertgefühl und die eigene Identität sind. 33 Das Selbstkonzept bildet den zentralen Referenzpunkt für den Ähnlichkeitsabgleich zwischen Marken- und Celebrity-Image im Verhältnis zum Konsumenten selbst. 34 Um in der Forschung einen besseren Wirkungsvergleich der Kongruenzen zu ermöglichen, können Selbstkonzept, Markenimage und Celebrity-Image durch ähnliche Persönlichkeitseigenschaften abgebildet werden. 35
Betrachten wir den Erkenntnisstand der Forschung zur wahrgenommenen Kongruenz auf den genannten Kerndimensionen in ihrer Wirkung auf Erfolgsgrößen wie die Glaubwürdigkeit der Werbebotschaft, das Gefallen der Werbung, die Markensympathie, das Markenimage sowie Preisbereitschaft und Kaufintention.
Attraktive Celebrities erhöhen die Produkterinnerung, steigern die Identifikation mit der Werbebotschaft und fördern das Kaufverhalten. 36 Mehr noch: Einer attraktiven Celebrity werden automatisch weitere positive Stereotype zugeschrieben, die sich auch auf das Produkt übertragen. 37 So werden attraktive Personen oftmals auch als intelligenter und sympathischer beurteilt als weniger attraktive Menschen. 38 Grund dafür ist das meist unbewusst wirkende Attraktivitätsstereotyp, wonach alles, was schön ist, auch gut ist („what is beautiful is good“). 39 Der Attraktivitätseffekt kann sogar noch Tage nach dem Werbekontakt positiv auf die Einstellung zur Marke wirken. 40
Die Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft einer Werbung hängen wesentlich von der Wahrnehmung ab, ob die Celebrity über besondere Sachkenntnisse in der beworbenen Kategorie verfügt oder gar als anerkannter Experte gilt. 41 Je mehr Expertise einem Prominenten zugesprochen wird, desto überzeugender wirkt er als Markenfürsprecher. 42 Insbesondere weniger attraktive Celebrities sollten für die notwendige Glaubwürdigkeit eine hohe Expertise für das Produkt vorweisen. 43 Kann ein Prominenter keinerlei Spezialkenntnisse vorweisen, sollte er wenigstens als begeisterter Laie auftreten, um ein glaubwürdiger Botschafter für die Marke zu sein, wie etwa der Humorist und Sänger Mike Krüger als Hobbybastler für Hagebaumarkt. Bei den Deutschen scheinen Celebrities einen gewissen Glaubwürdigkeitsbonus zu genießen, denn immerhin 43 Prozent glauben, dass Prominente die Markenprodukte, für die sie werben, auch selbst nutzen bzw. konsumieren. 44
Zur Übereinstimmung von Mensch und Marke zeigt sich: Marken profitieren von wünschenswerten Persönlichkeitseigenschaften, wenn diese von der Zielgruppe in Verbindung zum eigenen Selbstbild gebracht werden. 45 So steigt die Präferenz für die Marke mit zunehmender Ähnlichkeit zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit. 46 Konkret konnte für die drei Persönlichkeitsdimensionen Aufrichtigkeit, Erregung (excitement) und Kultiviertheit bei wahrgenommener Ähnlichkeit ein positiver Effekt auf die Kaufbereitschaft nachgewiesen werden. 47 Insbesondere bei hohem Markenbewusstsein und Produktinvolvement werden Marken, die mit der eigenen Persönlichkeit übereinstimmen, sympathischer beurteilt und stärker präferiert als Marken, die als unpassend zur eigenen Person gefunden werden. 48
Zur Übereinstimmung von Mensch und Celebrity zeigt sich: Positive Auswirkungen auf den Erfolg der beworbenen Marke hat auch die Ähnlichkeit zwischen Celebrity- und Konsumentenpersönlichkeit. Je ähnlicher sich Konsumenten zu einer prominenten Person wahrnehmen, desto positiver wird die Werbung mit ihr empfunden. 49 Zudem begünstigt eine hohe Ähnlichkeit die Identifikation mit anderen, so dass die Beziehung zu ihnen intensiver erlebt wird, wie sich an der Begeisterung für Lieblingsmusiker und -schauspieler zeigt. 50 Eine starke Identifikation mit Celebrities kann die Kaufwahrscheinlichkeit für viele verschiedene beworbene Produkte erhöhen – von Bankdienstleistungen und Flugreisen über Fotoapparate bis hin zu Sportgetränken und Speiseeis. 51 Nicht von ungefähr werden für Marken gern beliebte Musikstars engagiert wie Helene Fischer (Meggle, Garnier, Tchibo), Justin Bieber (Telekom) oder Robbie Williams und Dave Gahan (beide für VW). (Die Vorteile von Musikern vertieft Jan Voss in seinem Beitrag.)
Zur Übereinstimmung von Marke und Celebrity zeigt sich: Konsumenten haben eine positivere Einstellung zum Produkt und zeigen eine höhere Kaufbereitschaft, wenn die Persönlichkeit der Celebrity zur beworbenen Marke passt. 52 Eine positive Wirkung tritt auch bei einer wahrgenommenen Übereinstimmung hinsichtlich der Attraktivität von Celebrity und Marke ein. So zeigen sich Vorteile zur Attraktivität einer Celebrity für beworbene Schönheitsprodukte u. a. auf die Kaufintention. 53 Der Match-up-Effekt konnte auch zur Vertrauenswürdigkeit und Expertise aufgezeigt werden. 54 Passen Marken- und Prominentenimage nicht zusammen, kommt es zum gegenteiligen Pinocchio-Effekt: Die Werbung erscheint wenig glaubhaft und kommt beim Kunden so schlecht an, dass die Celebrity nach der Kampagne für weniger glaubwürdig gehalten wird als zuvor. 55
In letzter Zeit wird kontrovers diskutiert, wie stark Konsumentenselbstbild, Markenimage und Celebrity-Persönlichkeit zueinander passen sollten, um die Werbewirkung und Kaufbereitschaft erfolgreich zu beeinflussen. Die Befunde reichen von positiver Kongruenz über moderate Abweichung bis zu kompletter Inkongruenz. 56 Ist eine hohe Ähnlichkeit bzw. Passung nun von Vorteil oder eher von Nachteil? Ist zum Beispiel für Luxusmarken eine hohe Ähnlichkeit zur Marke und Celebrity notwendig oder reicht bereits ein gewisses Faible für Status und Prestige zur Aktivierung von Imagetransfer und Kaufintention aus? 57 Für eine Lösung könnte die Richtung des Selbstkonzept-Abgleichs eine wichtige Rolle spielen: Geht es für den Konsumenten um sein Ideal- oder sein Realselbst als Bezugspunkt zur Marke und Celebrity? Für die Bedeutsamkeit dieser Unterscheidung spricht das Ergebnis, dass sich die Kongruenzen zwischen Markenpersönlichkeit und tatsächlichem Selbstkonzept im Vergleich zum Idealselbst unterschiedlich stark auf die Identifikation mit der Marke und die Produktzufriedenheit auswirken. 58 Allerdings sind die Ähnlichkeitsausprägungen für das Bedürfnis nach realer Bestätigung im Unterschied zur idealen Ergänzung oder Erhöhung noch wenig untersucht, wie auch der Einfluss verschiedener Strategien zur Stärkung des Selbstkonzepts. 59
Ein umfassendes Bild der Wirkungsweisen von Celebrity#Influencer-Kommunikation zeigt nicht nur die Erfolgsseite, sondern auch mögliche Gründe für Wirkungslosigkeit und Misserfolg. Grundsätzlich sollte die Werbepräsenz von Stars eine gewisse Grenze nicht überschreiten, um Wear-out-Effekte zu vermeiden. Selbst wohlwollende Fans eines Stars reagieren auf massive Werbeeinsätze genervt. Wirbt eine Celebrity für mehrere Marken gleichzeitig (wie auch hintereinander weg), leiden Interesse, Sympathie, Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft von Werbung, Marke und Celebrity gleichermaßen. Der Werbe-Overkill betrifft nicht nur die klassische Promiwelt, sondern insbesondere auch Top-Influencer in den sozialen Medien.
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