Viel Freude und Erkenntnis für mehr Meinungsführerschaft wünschen Ihnen ganz herzlich
Alexander Schimansky & Shamsey Oloko
A. Celebrities und Influencer – was macht sie aus und warum wirken sie?
Die Bedeutung von Celebrities und Top-Influencern für das moderne Marketing
Prof. Dr. Alexander Schimansky,Dr. Shamsey Oloko & Dr. Magdalena Bekk
Was bewegt uns an Celebrities? Eine psychologische Reise zu den neuen Meistern der „Pröffentlichkeit“
Jens Lönneker,rheingold salon, Köln
Besser für die Marke – Celebrity-Selektion mit dem Human-Brand-Ansatz
Daniel Althaus,Splendid Research, Hamburg
Mit Celebrity zum Werbeerfolg? Eine Analyse der Effie-Siegerkampagnen
Simone Reifenberger,GWA, Frankfurt am Main
Die Bedeutung von Celebrities und Top-Influencern für das moderne Marketing
Prof. Dr. Alexander Schimansky, Dr. Shamsey Oloko & Dr. Magdalena Bekk
1. Celebrity#Influencer-Marketing – ein Streiflicht zum Status quo
Wissen Sie noch, welche Marken Sie in den letzten Tagen gesehen haben? Wenn ja, haben diese Marken etwas Entscheidendes besser gemacht als alle anderen, die ebenfalls um Ihre Aufmerksamkeit und Gunst buhlten. Sie haben es geschafft, aufzufallen, aus der Masse hervorzustechen, sich merklich von der Konkurrenz zu differenzieren. Dieses Ziel ist in Zeiten von Information Overload, Attention Economy, Ad Blockern und Multi-Channeling ungleich schwerer zu erreichen als noch vor wenigen Jahren, zumal Internet, Mobile Apps und Social Media im Lebensalltag nicht nur da, sondern omnipräsent geworden sind. Umso stärker müssen Unternehmen Mittel und Wege finden, um ihre Angebote noch erfolgreich bei den Menschen zu positionieren.
Von den zahlreichen Marketinginstrumenten zählt der Einsatz prominenter Persönlichkeiten als werbende Fürsprecher von Marken zu einer der bevorzugten Maßnahmen: 2005 arbeitete jede fünfte Kampagne der 500 größten werbetreibenden Unternehmen mit einem Prominenten, 2015 war es in einer Untersuchung von TV-Spots sogar annähernd die Hälfte. 1 Der Grund: Von dem hohen Aufmerksamkeits- und Sympathiefaktor einer Celebrity soll die Wahrnehmung und Differenzierungskraft der beworbenen Marke profitieren. 2 Ganz gleich, ob es sich im Einzelnen um George Clooney oder Lukas Podolski, um Helene Fischer oder Kim Kardashian handelt, es wird immer zur Kenntnis genommen, mit welcher Marke das persönliche Idol auftritt – und mit welcher nicht.
Das gute Geschäft mit der Begeisterung für Stars und Sternchen wird durch zahlreiche TV-Formate belegt, die erfolgreich auf den Promi-Faktor gesetzt haben – von Reality Shows (Promi Big Brother, Promi Dschungelcamp) über Game Shows (Wer wird Millionär? Das Prominenten-Special) und Soaps (Der Bachelor, Die Geissens) bis hin zu Talent-Castingshows (Germany’s Next Topmodel, The Voice of Germany). Diese massenmedialen Laufstege für Prominente haben sicherlich ein Mehr an Präsenz und Nähe zwischen den Menschen und ihren Stars gefördert und einer breitenwirksamen Begeisterung Vorschub geleistet. Dass Promis in der Gesellschaft ein begehrtes Thema geworden sind, ist wiederum bedeutsam für Werbetreibende, denn je größer das Interesse an Stars und Sternchen, desto beliebter ist auch Werbung mit Celebrities. So finden zwei von drei Deutschen Prominente in der Werbung interessant und jedem vierten Deutschen gefällt Werbung mit Prominenten besser als normale Werbung. 3
Die mediale Popularisierung des „Promitums“ hat in der jüngsten Vergangenheit zusätzlichen Schub durch den weltweiten Siegeszug des Internets erfahren. Der freie Zugang zu Twitter, YouTube, Facebook und Instagram mit schier unbegrenzten Reichweiten beschert nicht nur klassischen Stars wie Ronaldo, Jay-Z oder Heidi Klum nahezu ubiquitäre Rund-um-die-Uhr-Präsenz, sondern ermöglicht jedem Menschen quasi über Nacht ein gewisses Maß an Berühmtheit.
Das Aufblühen von Social Media in den letzten Jahren hat eine neue Art Star hervorgebracht, den (Top-)Influencer. So war Justin Bieber 2007 noch ein unbekannter kanadischer Junge von 13 Jahren und ist heute ein globales Jugendidol. Allein mit seinen 76 Millionen Fans auf Facebook bietet er werbetreibenden Unternehmen Zugangsmöglichkeiten zu jungen Menschen auf der ganzen Welt, wie es kaum ein Medienkonzern bewerkstelligen kann. 4 Immer mehr Celebrities und Influencer verfügen über eigene reichweitenstarke Online-Kanäle, die wiederum von werbenden Unternehmen genutzt werden können, woraus neue Spielarten der Medienproduktion als auch der Markeninszenierung resultieren.
Neben Promi-Hype, neuen Stars und Markenkanälen ist die Erkenntnis wichtig, dass sich die Art und Weise der Kommunikation zwischen Celebrities und Menschen grundlegend verändert hat. Seit den Anfängen prominenter Testimonialwerbung vor fast 100 Jahren mit Ginger Rogers und Marlene Dietrich für die Seife Lux bis in die heutige Zeit lässt sich ein Wandel im Erfolg versprechenden Auftreten des Fürsprechers einer Marke nachzeichnen: Nach und nach ist die Rolle des dominant auftretenden Meinungsführers verlassen worden, der weiß, was für andere gut ist, hin zu einer Art freundschaftlichem „Buddy“-Multiplikator, der nichts vorschreibt, sondern unprätentiös vorlebt.
Spätestens mit dem Aufkommen der Influencer geht es werblich nicht mehr um schnödes Anpreisen, Ausloben, Behaupten und Beweisen. Vielmehr hat sich Markenkommunikation wie die Empfehlung eines lieben, guten, alten Freundes anzufühlen. Um diese Rolle glaubwürdig zu füllen, hat sich die Form der (Selbst-)Inszenierung weiterentwickelt. Für ein authentisches Erscheinungsbild geben immer mehr Prominente insbesondere in den sozialen Medien mitunter tiefe Einblicke in ihr Privatleben. Die Teilhabe am Alltag der Stars befriedigt das in der Gesellschaft gewachsene Bedürfnis nach „Pröffentlichkeit“ (wie Jens Lönneker in seinem Beitrag erläutert).
Für Marketingverantwortliche, die nach einem Erfolg versprechenden Werbepartner für die eigene Marke suchen, wird die Entscheidung nicht nur durch die unüberschaubare Zahl an Celebrities und Influencern erschwert, sondern auch durch die Vielzahl an Medien-, Format- und Inszenierungsmöglichkeiten. Daher wollen wir zunächst vorstellen, welche Arten von Celebrities und Influencern bei einem werblichen Einsatz für Marken sinnvollerweise unterschieden werden sollten, um uns dann einer wirkungsbezogenen und strategischen Betrachtung für ein modernes Celebrity#Influencer-Marketing zuzuwenden.
2. Influencer, Celebrities & Co. – ein systematischer Blick
Als „Prominente“ bzw. „Celebrities“ können Persönlichkeiten gelten, die einer breiten Öffentlichkeit nicht nur bekannt sind, sondern sich zudem einer hohen Popularität erfreuen, was auf verschiedenen Faktoren wie Lebensleistung, Expertise, Reputation, Aura, Status, Herkunft, Ruhm oder Charakter beruhen kann. 5 Celebrities im klassischen Sinne sind Berühmtheiten wie Schauspieler, Sportler, Musiker oder Modeikonen, aber auch bekannte Politiker, Wissenschaftler und Unternehmergrößen. So hat Mike Krüger für Hagebau als Hobbybastler renoviert, Cristiano Ronaldo zeigt sich seinen 320 Millionen Followern in Jubelpose für Nike, Gorbatschow bereiste für Louis Vuitton die Welt, Unternehmer Claus Hipp preist die von ihm hergestellte Babykost, und Thomas Gottschalk hat für Haribo alle Langzeitrekorde als Markenbotschafter gebrochen.
Auch fiktionale Charaktere können als Celebrities aufgefasst werden, wenn beispielsweise ein Schauspieler, der als James Bond berühmt geworden ist, diesen auch in einer Werbung verkörpert. Im weitesten Sinne können selbst abstrakte Figuren, die mediale Beliebtheit erlangt haben, werblich eingesetzt werden, wie etwa Meister Yoda, Sponge Bob oder Homer Simpson. Hinzu kommen prominente Markenikonen, die extra für kommerzielle Zwecke geschaffen worden sind, wie Ronald McDonald oder Meister Proper. 6 Im Folgenden soll es aber ausschließlich um reale Personen gehen.
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