EDELMANN
Der König, die Königin und alle sind auf dem Wege hierher.
HAMLET
In Gottes Namen.
EDELMANN
Die Königin wünscht, Ihr möchtet den Laertes freundschaftlich anreden, ehe Ihr anfangt zu fechten.
HAMLET
Ihr Rat ist gut.
Der Edelmann ab.
HORATIO
Ihr werdet diese Wette verlieren, mein Prinz.
HAMLET
Ich denke nicht. Seit er nach Frankreich ging, bin ich in beständiger Übung geblieben; ich werde bei der ungleichen Wette gewinnen. Aber du kannst dir nicht vorstellen, wie übel es mir hier ums Herz ist. Doch es tut nichts.
HORATIO
Nein, bester Herr -
HAMLET
Es ist nur Torheit; aber es ist eine Art von schlimmer Ahnung, die vielleicht ein Weib ängstigen würde.
HORATIO
Wenn Eurem Gemüt irgend etwas widersteht, so gehorcht ihm; ich will ihrer Ankunft zuvorkommen und sagen, daß Ihr nicht aufgelegt seid.
HAMLET
Nein, ja nicht! Ich trotze allen Vorbedeutungen; es waltet eine besondere Vorsehung über den Fall eines Sperlings. Geschieht es jetzt, so geschieht es nicht in Zukunft; geschieht es nicht in Zukunft, so geschieht es jetzt; geschieht es jetzt nicht, so geschieht es doch einmal in Zukunft. In Bereitschaft sein ist alles. Da kein Mensch besitzt, was er verläßt, was kommts darauf an, frühzeitig zu verlassen? Mags sein!
Der König, die Königin, Laertes, Herren vom Hofe, Osrick und anderes Gefolge mit Rapieren usw.
KÖNIG
Kommt, Hamlet, kommt! Nehmt diese Hand von mir!
Der König legt die Hand des Laertes in die des Hamlet.
HAMLET
Gewährt Verzeihung, Herr! Ich tat Euch unrecht;
Allein verzeiht um Eurer Ehre willen!
Der Kreis hier weiß, Ihr hörtets auch gewiß,
Wie ich mit schwerem Trübsinn bin geplagt.
Was ich getan,
Das die Natur in Euch, die Ehr und Sitte
Hart aufgeregt, erklär ich hier für Wahnsinn.
Wars Hamlet, der Laertes kränkte? Nein!
Wenn Hamlet von sich selbst geschieden ist
Und, weil er nicht er selbst, Laertes kränkt,
Dann tut es Hamlet nicht; Hamlet verleugnets.
Wer tut es denn? Sein Wahnsinn. Ist es so,
So ist er ja auf der gekränkten Seite:
Sein Wahnsinn ist des armen Hamlets Feind.
Vor diesen Zeugen, Herr,
Laßt mein Verleugnen aller schlimmen Absicht
So weit vor Eurer Großmut frei mich sprechen,
Als ich den Pfeil nur sandte übers Haus
Und meinen Bruder traf.
LAERTES
Mir ist genug geschehn für die Natur,
Die mich in diesem Fall am stärksten sollte
Zur Rache treiben. Doch nach Ehrenrechten
Halt ich mich fein und weiß nichts von Versöhnung,
Bis ältre Meister von geprüfter Ehre
Zum Frieden ihren Rat und Spruch verleihn
Für meines Namens Rettung. Bis dahin
Empfang ich Eure dargebotne Liebe
Als Lieb und will ihr nicht zu nahe tun.
HAMLET
Gern tret ich bei und will mit Zuversicht
Um diese brüderliche Wette fechten. -
Gebt uns Rapiere, kommt!
LAERTES
Kommt, eines mir!
HAMLET
Ich werd zur Zierde Eures Ruhms, Laertes;
Mein Ungeschick läßt Eure Kunst erglänzen
Wie tiefste Nacht die Sterne.
LAERTES
Ihr treibt Spott!
HAMLET
Wahrhaftig nicht!
KÖNIG
Gebt ihnen die Rapiere, junger Osrick. -
Ihr wißt doch, Vetter Hamlet, unsre Wette?
HAMLET
Vollkommen: Eure Hoheit hat den Ausschlag
Des Preises auf die schwächre Hand gelegt.
KÖNIG
Ich fürcht es nicht, ich sah euch beide sonst;
Er lernte zu, drum gibt man uns voraus.
LAERTES
Das ist zu schwer, laßt mich ein andres sehn!
HAMLET
Das steht mir an. Sind alle gleicher Länge?
Sie bereiten sich zum Fechten.
OSRICK
Ja, bester Herr!
KÖNIG
Setzt mir die Flaschen Wein auf diesen Tisch!
Wenn Hamlet trifft zum ersten oder zweiten,
Wenn er beim dritten Tausch den Stoß erwidert,
Laßt das Geschütz von allen Zinnen feuern,
Der König trinkt auf Hamlets Wohlsein dann,
Und eine Perle wirft er in den Kelch,
Mehr wert, als die vier Könige nacheinander
In Dänmarks Krone trugen. Gebt die Kelche!
Laßt die Trompete zu der Pauke sprechen,
Die Pauke zu dem Kanonier hinaus,
Zum Himmel das Geschütz, den Himmel zur Erde!
Jetzt trinkt der König Hamlet zu! - Fangt an,
Und ihr, ihr Richter, habt ein achtsam Auge!
HAMLET
Kommt, Herr!
LAERTES
Wohlan, mein Prinz!
Sie fechten.
HAMLET
Eins!
LAERTES
Nein.
HAMLET
Richterspruch!
OSRICK
Getroffen, offenbar getroffen!
LAERTES
Gut, noch einmal!
KÖNIG
Halt! Wein her! - Hamlet, diese Perl ist dein,
Hier auf dein Wohl!
Trompetenstoß und Kanonenschuß hinter der Szene. Gebt ihm den Kelch! [Trompetenstoß und Kanonenschüsse hinter der Szene. ]
HAMLET
Ich fecht erst diesen Gang, setzt ihn beiseit! -
Kommt!
Sie fechten. Wiederum getroffen; was sagt Ihr?
LAERTES
Berührt, berührt! Ich geb es zu.
KÖNIG
Unser Sohn gewinnt.
KÖNIGIN
Er ist in Schweiß und außer Atem. -
Hier Hamlet, nimm mein Tuch, reib dir die Stirn!
Die Königin trinkt auf dein Glück, mein Hamlet.
HAMLET
Gnädige Mutter -
KÖNIG
Gertrud, trink nicht!
KÖNIGIN
Ich will es, mein Gemahl; ich bitt, erlaubt mir.
KÖNIG
beiseit. Es ist der giftge Kelch! Es ist zu spät!
HAMLET
Ich darf jetzt noch nicht trinken, gnädge Frau;
Sogleich.
KÖNIGIN
Komm, laß mich dein Gesicht abtrocknen.
LAERTES
Mein Fürst, jetzt treff ich ihn.
KÖNIG
Ich glaub es nicht.
LAERTES
beiseit. Und doch, beinah ists gegen mein Gewissen.
HAMLET
Laertes, kommt zum Dritten nun! Ihr tändelt;
Ich bitt Euch, stoßt mit Eurer ganzen Kraft!
Ich fürchte, daß Ihr mich zum besten habt.
LAERTES
Meint Ihr? Wohlan!
Sie fechten.
OSRICK
Auf beiden Seiten nichts.
LAERTES
Jetzt seht Euch vor!
Laertes verwundet den Hamlet, drauf wechseln sie in der Hitze des Gefechts die Rapiere, und Hamlet verwundet den Laertes.
KÖNIG
Trennt sie, sie sind erhitzt!
HAMLET
Nein, noch einmal!
Die Königin sinkt um.
OSRICK
Seht nach der Königin!
HORATIO
Sie bluten beiderseits. - Wie stehts, mein Prinz?
OSRICK
Wie stehts, Laertes?
LAERTES
Gefangen in der eignen Schlinge, Osrick!
Mich fällt gerechterweise mein Verrat.
HAMLET
Was ist der Königin?
KÖNIG
Sie fällt in Ohnmacht, weil sie bluten sieht.
KÖNIGIN
Nein, nein! Der Trank, der Trank! - O lieber Hamlet!
Der Trank, der Trank! - Ich bin vergiftet.
Sie stirbt.
HAMLET
O Büberei! - Ha! Laßt die Türen schließen!
Verrat! Sucht, wo er steckt!
Laertes fällt.
LAERTES
Hier, Hamlet! Hamlet, du bist umgebracht;
Kein Mittel in der Welt errettet dich,
In dir ist keine halbe Stunde Leben.
Des Frevels Werkzeug ist in deiner Hand,
Unabgestumpft, vergiftet; meine Arglist
Hat sich auf mich gewendet: sieh, hier lieg ich,
Nie aufzustehn - vergiftet deine Mutter -
Ich kann nicht mehr - des Königs Schuld, des Königs!
HAMLET
Die Spitze auch vergiftet?
So tu denn, Gift, dein Werk.
Er ersticht den König.
OSRICK und Herren vom Hofe. Verrat! Verrat!
KÖNIG
Noch helft mir, Freunde! Ich bin nur verwundet.
HAMLET
Hier, mördrischer, blutschändrischer, verruchter Däne!
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