Dann bringt der Briefträger einen an Herrn Ernst adressierten, handgeschriebenen Hannes Brief an ihren Mann Brief, der bei Doris Verdacht erregt. Sie öffnet ihn und liest den Inhalt. Es handelt sich um einen langen Brief von Hanne, Herrn Ernsts Ehefrau. Sie bittet ihn darin um Verzeihung und deutet vorsichtig ihre Bereitschaft zur Rückkehr an. Doris versteckt den Brief und bekundet in einem Selbstgespräch ihre Absicht, bei Herrn Ernst zu bleiben und alles Notwendige für ihn und seinen Haushalt zu tun. Ihre Äußerungen klingen beinahe so, als ob sie sich für ein Leben an der Seite dieses Mannes entschieden hätte.
Auch bei einem Kinobesuch kommt es nicht zu den von Doris erhofften Annäherungen; während der Filmvorführung denkt Herr Ernst wieder an seine Frau. Als sie beide zu Hause sind, wagt es Doris nicht, einfach in sein Schlafzimmer zu gehen und sich ihren Empfindungen zu überlassen. Obwohl Doris mit ihrem augenblicklichen Leben sehr zufrieden ist, könnte sie es sich noch wunderbarer vorstellen, wenn sich Herr Ernst auch körperlich für sie interessieren würde. Am Ende überlegt sich Doris sogar, ihren Pelzmantel zurückzuschicken und quasi gegen die Ausweispapiere einzutauschen. Das soll ihre Zugeständnis an Herrn ErnstGegenleistung an Herrn Ernst sein, wenn er seinerseits damit aufhören würde, in den Gesprächen ständig seine Frau zu erwähnen. Um schließlich ein »Glanz« (S. 196) für Herrn Ernst zu sein, beschließt sie, ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen. Sie schreibt einen Brief an die ehemalige Besitzerin des Pelzes und kündigt darin seine Rückgabe an. Herrn Ernst unterrichtet sie vorerst nicht von ihrer Absicht.
Doris rätselt immer wieder über Herrn Ernst körperliche Distanziertheit und denkt über die mangelnden Gemeinsamkeiten zwischen sich und ihm nach. Zu ihrer Überraschung kommt es doch noch zu der von ihr sehnlichst herbeigewünschten Annäherung. Herr Ernst küsst Doris auf den Hals, was bei ihr eine Intensivierung ihrer Gefühle hervorruft. Schließlich ist sie bereit, ihm ihre »wahre« (S. 205) Liebe zu offenbaren, indem sie ihm ihren Brief an die Eigentümerin des Pelzes zeigt und ihm verschiedene Dinge schenkt. Schließlich gesteht sie Herrn Ernst, dass sie all das nur aus Liebe zu ihm tut. Damit hat sie Herrn Ernst überrumpelt. Glückselig sinken sich die beiden in die Arme und verbringen die Nacht miteinander.
Wenige Tage nach der gemeinsamen Nacht küsst er sie und spricht sie dabei mit dem Vornamen seiner Frau an. Doris wird schmerzhaft klar, dass er nach wie vor seine Frau Hanne liebt und es ihr nicht gelungen ist, sie aus seiner Erinnerung zu verdrängen. Sie beschließt schweren Herzens, sich von ihm zu Trennung trotz Gefühlen füreinander trennen, obwohl sie ihn liebt.
Sie holt Hannes Brief aus dem Versteck und schickt ihn noch einmal an Ernsts Adresse; anschließend begibt sie sich zu Ernsts Ehefrau und drängt sie, umgehend zu ihrem Mann zurückzukehren. Hanne verspricht es ihr und bekennt, dass es vor allem ökonomische Gründe sind, warum sie zu ihm zurückkehren will; sie liebe Ernst »nicht zu sehr« (S. 213).
Doris findet sich wieder im Wartesaal des Bahnhofs Friedrichstraße ein, wo sie sich mit einem anderen jungen Fahrgast über die vorausgegangenen Erlebnisse unterhält. Während der Unterredung wird ihr klar, dass nicht nur ihr Lebensentwurf misslungen ist, sondern dass sie mittlerweile nicht mehr zur Gesellschaft gehört. Da sein Zug geht, müssen sie das Gespräch abbrechen. Doris ist nun völlig allein und ratlos. Darüber hinaus besitzt sie kein Geld mehr für das alltägliche Leben.
Doris Letzte Hoffnung: Karl hofft, auf Karl zu treffen. Ihr ist in den vergangenen Monaten in Berlin klar geworden, dass viele Männer nur Frauen heiraten, die aus ihrer eigenen Klasse stammen, dass die soziale Herkunft und die Bildung bei der Eheschließung eine große Rolle spielen und sie deshalb wohl keine Chancen hat, einen Mann aus der Oberschicht zu finden, der ihren Vorstellungen entspricht. Es gelingt Doris nicht, klare Gedanken zu fassen. Sie will zwar immer noch nicht arbeiten, aber sie will zu Karl, um mit ihm zusammen das Leben zu bestreiten. Sollte er sie nicht mehr wollen, bliebe ihr die Möglichkeit, eine Prostituierte wie Hulla zu werden. Damit schließt sie nicht mehr aus, das Schicksal so vieler anderer Frauen auf den Straßen Berlins zu teilen. Nach etwa neun Monaten Aufenthalt in Berlin gewinnt sie am Ende die Einsicht: »Auf den Glanz kommt es nämlich vielleicht gar nicht so furchtbar an.« (S. 219)
Abb. 3: Figurenkonstellation
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