
Video 4-1Paramarginale Inzision in Kombination mit einem Spaltlappen.
Bei der krestalen Inzision handelt es sich um eine Schnittführung, die sich in der Regel mittig an einem zahnlosen Areal auf dem Alveolarkamm befindet ( Abb. 4-8und 4-9, Video 4-2). Gerade in der Implantologie ist dieser Schnitt sinnvoll. Erfolgen nach der krestalen Inzision noch zwei weitere vertikalen Entlastungen, um einen Trapezlappen zu bilden, so darf sich die Primärinzision nicht zu weit oral befinden, da sonst ein erhöhtes Risiko einer Wunddehiszenz aufgrund der geringen Lappenvaskularisation besteht.
Abb. 4-8Einzeichnung der krestalen Inzision Regio 12 bis 22.
Abb. 4-9Nach Mobilisation des Mukoperiostlappens nach labial und palatinal (dieselbe Patientin wie in Abb. 4-8).

Video 4-2Krestale Inzision mit intrasulkulärer Entlastung an den Nachbarzähnen.
Die (intra-)mukosale Inzision liegt apikal der mukogingivalen Grenze in Bereich der beweglichen Schleimhaut ( Abb. 4-10und 4-11, Video 4-3). Diese Schnittführung wurde in der Vergangenheit gerade in der zahnerhaltenden Chirurgie bei der Wurzelspitzenresektion oder bei der offenen Freilegung und Anschlingung retinierter Zähne eingesetzt: Winkelschnitt nach Reinmöller, Trapezschnitt modifiziert nach Hauberisser, Bogenschnitt modifiziert nach Partsch oder Pichler waren hierbei üblich. Heute hat die (intra-)mukosale Inzision kaum noch Indikationen, da sie bei ausgedehnten apikalen Pathologien oft über den knöchernen Defekt führt, aber auch durch die höhere Lappenmobilität häufiger Wunddehiszenzen zeigt und zudem unschöne Narbenzüge entstehen.
Abb. 4-10Einzeichnung der mukosalen Inzision.
Abb. 4-11Nach Mobilisation des Mukoperiostlappens und Bildung der Sollbruchstellen für die Knochenblockentnahme (derselbe Patient wie in Abb. 4-10).

Video 4-3Mukosale Inzision retromolar rechts für die Entnahme eines Knochenblocks.
Entlastungsinzisionen
Nach der Primärinzision sind oft Entlastungsinzisionen erforderlich, um eine ausreichende Übersicht über das Operationsgebiet zu erhalten, aber auch, um den Lappen spannungsfrei zu mobilisieren und abhalten zu können. Dies kann in horizontaler oder vertikaler Richtung erfolgen.
Bei der horizontalen Entlastunginzision ( Abb. 4-12und 4-13) handelt es sich lediglich um eine Fortsetzung der bereits durchgeführten Primärinzision am Gingivarand in mesialer und/oder distaler Richtung. Eine laterale Erweiterung um mehr als zwei Nachbarzähne ist in der Regel nicht erforderlich. Der Vorteil dieser Entlastunginzision ist, dass dabei auf eine vertikale Entlastung verzichtet werden kann und somit apikal liegende anatomische Strukturen, wie Nerven und Blutgefäße, geschont werden.
Abb. 4-12Nach Einzeichnung der intrasulkulär verlaufenden horizontalen Entlastungsinzision palatinal Regio 14 bis 24 bei einer Zystektomie.
Abb. 4-13Nach Präparation des Mukoperiostlappens und Darstellung des Zystenbalgs (derselbe Patient wie in Abb. 4-12).
Bei der vertikalen Entlastungsinzision ( Abb. 4-14und 4-15) erfolgt der Schnitt von apikal, in der Regel im Bereich des Nachbarzahnes, nach mesial und/oder distal der Primärinzision (Dreieckslappen und Trapezlappen). Innerhalb der befestigen Gingiva wird die Inzision allerdings abgewinkelt, sodass diese rechtwinklig zur marginalen Gingiva verläuft. Wird dies nicht berücksichtigt, entstehen spitz zulaufende Lappenränder und postoperativ ggf. unschöne Einziehungen am Gingivarand. Um das Risiko einer postoperativen Rezession zu minimieren, endet die Entlastungsinzision im mesialen oder distalen Drittel des Gingivarandes eines Zahnes und nie median beziehungsweise am tiefsten Punkt des Gingivarandes oder gar interdental durch die Papille. Ist im Rahmen eines parodontalchirurgischen Eingriffs ein apikaler oder koronaler Verschiebelappen geplant, so kann die vertikale Entlastunginzision auch c-förmig gestaltet werden, mit dem Vorteil, dass der Lappen später einfacher und vor allem spannungsfrei adaptiert werden kann. Im Allgemeinen besteht der große Vorteil einer vertikalen Entlastungsinzision gegenüber der horizontalen darin, dass die Ausweitung des operativen Zugangs lokal begrenzt ist.
Abb. 4-14Nach Einzeichnung der intrasulkulären Inzision ausgehend vom distalen Drittel des Zahnes 11 bis zum distalen Drittel des Zahnes 22 mit vertikaler Entlastungsinzision (apikal Regio 21 sind Narbenzüge von einer vergangenen mukosalen Inzision erkennbar, Zustand nach Wurzelspitzenresektion).
Abb. 4-15Nach Mobilisation des Mukoperiostlappens und Defektdarstellung für die bevorstehende Revision der retrograden Wurzelkanalfüllung inklusive Nachresektion der Wurzelspitze 21 (derselbe Patient wie in Abb. 4-14).
Inzisionen im ästhetischen Bereich
Gerade im ästhetischen Bereich bei Patienten mit hoher Lachlinie sind Rezessionen und unschöne Narbenzüge an der Gingiva, die auf eine falsche Schnittführung zurückzuführen sind, unverzeihlich. Heute existiert jedoch eine gewisse Vorhersagbarkeit, welche Schnittführung welches postoperative Rezessionsrisiko birgt. Die intrasulkuläre Inzision ( Abb. 4-16) zeigt nach einem Jahr eine durchschnittliche Rezession von 0,42 mm, die paramarginale Inzision ( Abb. 4-17) lediglich 0,05 mm. Bei der Papillenbasisinzision ( Abb. 4-18) konnten innerhalb eines Jahres keine Rezessionen beobachtet werden 3 . Im Allgemeinen sind Veränderungen am Parodont durch die Schnittführung vor allem im ersten Jahr zu erwarten, danach verhält sich die parodontale Situation über einen Beobachtungszeitraum von fünf Jahren stabil 4 . Auch wenn nach paramarginaler Inzision seltener und diskretere Rezessionen auftreten, hinterlässt diese Schnittführung häufig unschöne Narben, die beim Lachen exponiert werden können. Daher ist im ästhetischen Bereich die Papillenbasisinzision zu bevorzugen.
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