Martin Rafelt
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Satz und Gestaltung: Die Werkstatt Medien-Produktion GmbH
ISBN 978-3-7307-0307-6
Inhalt Prolog Eine Anmerkung zu Mainz 05 Jürgen Klopp, Autodidakt Klopp und das große „Wie“ Exkurs: Bedeutung der Taktik Klopp, Pressing und Gegenpressing Klopp und Organisation Klopp, Krawietz, Buvač – das Triumvirat Exkurs: Konzeptfußball: Explizite Bewusstheit Klopp, der emotionale Taktik-Rhetoriker Klopp, der Medienmann Mannschaftsentwicklung Implikationen für dieses Buch 2008/09: Ein vielversprechendes Debüt Zu Anfang – erste Lichtblicke Spieleranalyse und TransfergeschickKlopp und die unterschätzte Schwierigkeit von Spielerbewertungen Strategische Grundausrichtungen Spielerporträt: Neven Subotić Spielerporträt: Mats Hummels Probleme Aufschwung und Siegesserie 2009/10: Stille Weiterentwicklung Eingespieltheit statt Neuzugänge – von wegen Umstellung auf 4-4-1-1 Exkurs: Zwischen Druck und Stabilität Die Rollenverteilung Masterplan Spielerentwicklung Spielerporträt: Marcel Schmelzer Schwache Endphase kostet die mögliche Champions-League-Qualifikation 2010/11: Der Sensationsmeister Vollgas-Tiqui-taca Etablierung des Gegenpressings Spielerporträt: Shinji Kagawa Scheitern in der Gruppenphase der Europa League Die Rückrunde: Kaltstart und langer Atem Der Vorsprung wird ins Ziel gerettet Exkurs: Gegenpressing 2011/12: Doublesieg mit Anlauf Das Abenteuer Ballbesitzfußball Spannende, aber instabile Struktur Stabilisierung per Ballbesitz ohne Spielmacher Spielerporträt: Sebastian Kehl Entwicklungen als Weichenstellung Überragende Kontermannschaft Defensive steht, Konter nutzen sich ab Überragendes Saisonfinale mit Doppelschlag gegen Bayern Szenenanalyse: Die pendelnde Doppelsechs 2012/13: Etablierung auf internationalem Parkett Defensive Findungsphase Inkonstanz gegen Durchschlagskraft Spielerporträt: İlkay Gündoğan „Internationale Klasse“: Passende Gegner und abgeklärter Umschaltfokus Exkurs: Herausrücken Unscheinbare Fortschritte im Winter und Frühjahr Spektakuläre Champions-League-Endrunde Die große Spielanalyse: Das Champions-League-Finale 2013 Erste Halbzeit: Passives 4-4-2-Angriffspressing des BVB Ein Spiel der zweiten Bälle Zweite Halbzeit: Heynckes mit effektiver Feinjustierung Vollgasfußball auf dem Olymp 2013/14: Ein unscheinbarer Kurswechsel Das neue Pressing: Anpassungsfähig und zwingend Spielerporträt: Kevin Großkreutz Abhängigkeit von der gegnerischen Strategie Verletzungsmisere zerstört Stabilität Exkurs: Laufen durch Laufen: Veraltete Trainingsmethodik? Spielerische Probleme im Zentrum Langsame Fortschritte Systemanalyse: Pressingdynamik im neuen Hybridsystem Systemumstellungen prägen das Saisonfinale 2014/15: Ein Ende mit Schrecken Fokus auf Systeme Aufbauspiel über Schlüsselakteure Personelle Struktur Exkurs: Die Bedeutung des Zentrums Henrikh Mkhitaryan: Der perfekte Klopp-Spieler als Symbol des Scheiterns Gegen jede Statistik – Borussia Chancentod und andere Anomalien Stabilisierung in der Rückrunde Ein ordentliches Ende 2015/16: You’ll never walk alone Pressingmechanismen Systemwechsel und Rollenverteilung Licht und Schatten Ausblick: Der Glaube an Training Der ungeplante Epilog: Klopp schlägt den BVB Autor und Bildnachweis
„Uns ging doch allen der Arsch hier auf Grundeis, vor dreizehn Monaten. Als wir nach‘m Bielefeld-Spiel hier langgelaufen sind und hier war‘s mucksmäuschenstill. Und es war tot hier in diesem Trainingsgelände.“
Wir schreiben den 23. April 2008. Ein aufgebrachter Thomas Doll echauffiert sich über den medialen Umgang mit ihm. Er hat am vergangenen Wochenende das Finale des DFB-Pokals verloren. Nach einem aufopferungsvollen Spiel hatte Luca Toni in der Verlängerung den Siegtreffer für den FC Bayern erzielt. Durch die Finalteilnahme hat sich der BVB sicher für die anstehende UEFA-Cup-Saison qualifiziert, was Doll gerne als Erfolg verbuchen würde. Doch der öffentliche Fokus liegt auf der Liga, wo den Schwarzgelben nur ein Sieg in den letzten acht Spielen gelang. Vor dem anstehenden 30. Spieltag liegen nur Energie Cottbus, Arminia Bielefeld und sieben Punkte Differenz zwischen Borussia Dortmund und einem Abstiegsplatz.
Auch insgesamt bestand Anlass zur Sorge: In den vier Jahren zuvor war der Verein dem finanziellen Ruin, der Insolvenz und dem Zwangsabstieg nur knapp entronnen und musste nun schon das zweite Jahr in Folge gegen den Abstieg spielen. Den folgenden Aufschwung, der über zwei deutsche Meisterschaften und einen Pokalsieg bis ins Endspiel der europäischen Königsklasse führte und den BVB als zweite große Kraft des deutschen Fußballs etablierte, konnte niemand ahnen – und auch nicht, dass dieser rapide Weg nach oben ein Gesicht tragen würde: das von Jürgen Klopp.
Zurück zum 23. April 2008. Thomas Doll will sich auf den unangenehmen Abstiegskampf konzentrieren, doch ist angespannt und genervt von den Wechselgerüchten um seine Spieler. Auch die Diskussionen um seine Person nehmen ihn mit; noch am Tag des Finales hatten Medien Jürgen Klopp als seinen möglichen Nachfolger vermeldet. Seiner Frustration verschafft er auf der Pressekonferenz Luft. Seine Wutrede wirkt unkoordiniert, stellenweise gestottert. Inhaltlich ist sie wirr. Sie wird später in Bundesliga-Rückschausendungen neben den legendären Ausrastern von Trapattoni, Hoeneß oder Völler gesendet werden. Der Satz, der hängen bleibt: „Das ist doch alles bla bla bla, ist das doch.“ Kein konstruktiver Satz, kein Satz, der die Menschen überzeugt. Vor allem kein Satz, der Spiele gewinnt.
Vier Wochen später. Der BVB hat die Bundesliga-Saison 2007/08 auf Platz 13 beendet, seiner schlechtesten Platzierung seit 20 Jahren. Ein einziger Sieg aus den letzten fünf Spielen reichte für den Klassenerhalt. Mit 62 Gegentoren ist die Mannschaft von Thomas Doll der defensivschwächste Bundesligist. Die Analyse der Saison fällt sehr negativ aus. Doll tritt am 19. Mai 2008 zurück. Eine Entscheidung, die sich als einer der wichtigsten Schritte in Dortmunds Vereinsgeschichte entpuppen wird.
Vier Tage später. Dolls Nachfolger wird öffentlich vorgestellt. Der als Favorit gehandelte Jürgen Klopp übernimmt den BVB. Aus Mainz folgen ihm seine Co-Trainer Željko Buvač und Peter Krawietz. Von nun an bleiben andere Sätze hängen, wenn sich der Cheftrainer von Borussia Dortmund der Presse stellt.
Bei seiner Vorstellung skizzierte Klopp seine fußballerischen Vorstellungen in klaren Ansagen. Seine Idee von spektakulärem, direktem Fußball und einer mannschaftlich geschlossenen, extrem intensiven Pressingarbeit beschrieb er schon damals. Vor allem seine versprochenen „Vollgasveranstaltungen“ hallen bis heute nach – wie nicht zuletzt der Titel dieses Buches zeigt. Mit seiner hemdsärmligen, lockeren Art fand Klopp schnell Anklang bei den Fans, und es entwickelte sich zügig eine Aufbruchstimmung. Diese feuerte er mit klaren und zielgenauen Ansagen weiter an, ohne sich der üblichen Floskeln zu bedienen. Wenn einige seiner Sätze heute wie Floskeln klingen, dann deshalb, weil sie im Laufe der letzten Jahre breitflächig adaptiert wurden. Viel „investieren“, „unangenehm“ sein, „Gier entwickeln“, dies und das.
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