Martin Selm
Losers' Ball
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Inhaltsverzeichnis
Titel Martin Selm Losers' Ball Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Impressum neobooks
Man kannte doch diese Horrorgeschichten. Von grausamen Verstümmelungen war da die Rede, davon, dass Gliedmaßen abgetrennt und durch die Gegend geschleudert wurden. Er verschwendete keinen Gedanken daran. Hinter ihm lag der Sommer und er, so empfand er es, hatte gerade den Herbst hinter sich gebracht. Es würde der Winter und die Dunkelheit kommen, nein, das stimmte so ja gar nicht, der Winter war doch schon da.
Fragt man schlaue Menschen, die durch ihren Intellekt und die Fähigkeit sich hochgestochen zu artikulieren in der Lage sein müssen, die Beschissenheit dieser fragilen Welt zu erklären, dann stößt man auf Erklärungen, die einen nur vertrösten. Warum gibt es Leid? Damit man die guten Zeiten zu schätzen weiß. Der Mensch braucht schließlich Gegensätze. Ohne Schwarz kein Weiß, ohne Schmerz keine Freude. Ohne Winter keinen Sommer. Was für eine Scheiße, dachte er.
Das kam ihm in etwa so vor, als sagte man all denen, die in der Dritten Welt für unseren Wohlstand schufteten, dass sie eines schönen Tages auch billige T-Shirts kaufen könnten, um so mehr Geld für den neuen Golf, einen gut erhaltenen Mercedes, oder irgendeinen anderen Scheißdreck, mit dem sie sich vor den Nachbarn, diesen bornierten Päderasten profilieren könnten, zu haben. Alles was sie tun müssten, sei zu warten. Klar. Scheiße.
Die Frage war also demnach, den Winter irgendwie hinter sich bringen, um sich dann im Sommer jeden Tag darüber zu freuen, dass es nicht schneite, oder aber, und da blieb ihm ja quasi gar nichts anderes mehr übrig, den Winter Winter sein zu lassen.
Wieder und wieder hatte er über seinen Plan nachgedacht, doch irgendwann war er zu dem Entschluss gekommen, dass er keinen Entschluss fassen konnte, dass die schiere Unmöglichkeit in Gedanken alles durchzuspielen ihm eine Grenze setzte, die zu überwinden er nicht im Stande war. Irgendwie war er dann in die Situation geraten, in der er jetzt war. Der Moment, es ging einfach nur um den Moment. Mit Vielem hatte er gerungen, was, wenn diese Horrorgeschichten stimmten, was, wenn es schief ging? Was, wenn er sich dumm anstellen würde? Klar, dachte er, was soll man da denn schon falsch machen können, aber es war ja andererseits auch keine alltäglich Handlung, die man da vollzog.
Loslassen müsste er, sich einfach seinem Unterbewusstsein hingeben. Sich auf das Innerste und damit auf das Elementarste seiner Persönlichkeit verlassen. Die bewusste Kontrolle an sich selbst abgeben. Scheiße, er klang wie seine Mutter. So ein esoterischer Quatsch. Drogen und Vollsuff hatten ihm den Rest gegeben. Er war im süßen Zustand der Verwirrtheit. Klaren Gedanken war er nicht mehr zugänglich. Da hatte er sich in Bewegung gesetzt und war es noch immer. Bald würde sein Unterbewusstsein wohl eine Entscheidung fällen und er hoffte, dass er dann in der Lage sein würde, sie auch zu akzeptieren. Denn nichts war schlimmer als davon zu laufen, auch wenn man eben davor davon lief.
So, oder so ähnlich hatte er sich das eigentlich immer vorgestellt. Im Prinzip war das Erlebte dem Erträumten sogar relativ nahe. Irgendwie war es dennoch intensiver als er gedacht hätte. Die Kleine schlief noch. Sie war immer noch komplett nackt. Er zog die Decke über sie, bis zu den Nippeln, die ließ er frei. Sie hatte schließlich phantastische Nippel, nicht zu groß, nicht zu rund und nicht zu spitz. Einfach perfekt. Er selbst saß neben ihr und hatte nur seine Unterhose an, die schon wieder kräftig spannte, da er eine monströse Morgenlatte hatte und dringend pissen musste.
Da saß er nun auf ihrem Klo, welches er nach einigem torkelnden Suchen gefunden hatte und versuchte seinen Ständer in die Schüssel zu hebeln, was schmerzte, jedoch nicht so sehr, wie das Brennen, als er schließlich zu pissen begann. Er hatte seine Ladung letzte Nacht scheinbar nicht mit genug Druck in den Gummi gefeuert, da schien noch einiges in der Leitung zu hängen, was die Bahn deutlich verengte. Er stöhnte und musste dabei über sich selber und die abstruse Situation lachen.
Sie schlief noch immer. Außer seinem Pullover konnte er alle seine Sachen finden, auf den Pullover war also geschissen, er konnte ihn genauso gut bereits gestern Nacht irgendwo verloren haben, besoffen genug war er in jedem Fall gewesen. Ob er wohl seine Nummer hinterlassen sollte? Nein, das wäre keine gute Idee. Zum einen war sie verdammt besoffen gewesen und würde es sicher bitter bereuen sich mit einem derart abgerissenen Versager eingelassen zu haben, wenn sie ihn jemals nüchtern zu Gesicht bekäme, zum anderen hatte er nach dem Ficken in ihre Spüle gekotzt, was mächtig stank. Er hatte jedoch nicht die geringste Lust sich in seinem verkaterten Zustand darum zu kümmern. Nein, es war sicher besser die Flucht anzutreten. Die drei wichtigsten Sachen hatte er wieder gefunden, Handy, Geldbeutel und Schlüssel, also ließ er nichts von Bedeutung zurück.
Sie stöhnte kurz auf, wobei er erschrak und kurzzeitig in Panik ausbrach, dann drehte sie sich jedoch auf die Seite und schlief weiter. Nun konnte er zum Abschied nochmal ihren prallen Arsch sehen, der sich aus der Decke hervor geschoben hatte. Mann, dachte er, wie bei einem Banküberfall davon zu kommen. Ob sie wohl wusste was für ein Loser sie da letzte Nacht entsetzlich schlecht gefickt hatte?
Es nieselte und die Welt war grau. Das war ihm recht, Sonnenschein und Hitze machen den schlimmsten Kater noch unerträglicher, wogegen klare, verregnete Luft ein Segen sein kann. Die Menschen, denen er auf dem Weg zum nächsten Bus, oder zur nächsten U-Bahn, oder was es hier auch immer gab, begegneten, waren genauso grau wie das Wetter. Keiner würdigte ihn eines Blickes, alle waren im Stress, mussten zum Meeting, zu einer wichtigen Präsentation der Bilanz, mussten dies und das tun. Es war ein Donnerstag und es musste wohl so gegen acht Uhr früh sein, dass wusste er daher, dass er nie länger als bis halb acht schlafen konnte, wenn er gesoffen hatte. Der Kater weckte ihn stets und fand er keine Kopfschmerztabletten, so war es sein Schicksal in den Tag zu starten. Er war noch gut besoffen, zumindest in einem Maße, das angenehm betäubte, so dass er die Verachtung der ihn umgebenden Menschen zwar spürte, sie ihn jedoch nicht im geringsten interessierte.
Er hatte seinen letzten Job hingeschmissen, nachdem er genug Geld zusammen hatte um die nächsten drei Monate zu überstehen, hatte die Miete im voraus gezahlt und ließ sich nun treiben. Natürlich war das Geld bereits nach einem Monat knapp und er war eigentlich in einer prekären Lage, doch da schiss er drauf, wie auf so ziemlich auf alles, was ihn, oder sein Leben betraf.
>>Entschuldigung, wo fährt hier denn der nächste Bus?<<
Typisch. Da waren lauter graue Menschen unterwegs und den einzigen, den er nach dem Weg heraus aus dieser morgendlichen Hölle fragte, war wohl so etwas wie der Hitler unter den grauen Menschen.
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