Bei Überprüfung
würde das Innere allerdings nicht halten,
was das Äußere verspricht.
Hm …
Das Haus, in dem ich heute lebe, steht auf einem Hanggrundstück. Will man ebene Rasenflächen schaffen, braucht man Stützmauern.
Eine dieser Mauern ist baufällig, als wir einziehen. Ein großer Riss durchzieht das Sichtmauerwerk. Den Grund dafür stelle ich fest, als ich sie abreiße: Das Fundament ist nur ein Fundament chen . Gut für mich, denn so hat es meinem Vorschlaghammer wenig entgegen zu setzen.
Doch nun muss eine neue Mauer her. Das Angebot eines Bauunternehmers ist mir zu teuer. Also: selber machen! Warum aber sollte mir besser gelingen, was mein Vorgänger verpfuscht hat? Ich bin nicht Chuck Norris, noch nicht mal ein Maurer. Ich entscheide mich schließlich für eine Gabionen-Lösung. Gabionen sind große käfigartige Drahtkörbe, die mit Steinen gefüllt und aufeinander gestapelt werden. Vorteil: Die Mauer steht auch ohne Fundament wie eine Eins. Nachteil: In eine Mauer meiner Ausmaße passen Tonnen von Material. Wo die Mauer am höchsten ist, ist sie einen Meter dick! Ich brauche Monate, all die Steine von der Straße heraufzuschleppen und die Drahtkörbe zu füllen.
Doch als sie fertig ist, bin ich stolz. Diese Mauer wird niemals Risse bekommen. Diese Mauer wird hier in 200 Jahren noch stehen. Natürlich wird sie das!
Echte Stabilität kommt von innerer Stärke. Um sie zu erreichen, ist mehr Zeit und Schweiß nötig,
aber am Ende
hält das Innere,
was das Äußere verspricht.
Dieses Buch will dir helfen, innerlich stark zu werden. Dieses Buch möchte dich anleiten, hinter deiner äußeren Fassade ein stabiles Leben zu bauen – quasi Steine zu schleppen. Klingt irgendwie nach Arbeit? Ist es auch.
Leichter und oft auch Spaß bringender ist es, in dein äußeres Erscheinungsbild zu investieren – Corvette zu fahren, obwohl du gar keine besitzt. Das tun die meisten von uns fast automatisch. Ich selbst zumindest bin ein Mensch, der von Haus aus dazu tendiert, mehr Zeit, Kraft und Geld auf das Äußere als auf das Innere zu verwenden. Ausbildung, Job, Aussehen, Besitz, Fitness, Image – solche Sachen vernachlässigen wir selten. Sachen, die übrigens keinesfalls unwichtig sind. Doch zu oft kümmern wir uns nicht in gleicher Intensität um die Dinge, die zu unserem inneren Menschen gehören. Dinge wie Charakter, Reife, Persönlichkeit und Glauben.
Das geht oft sehr lange gut. Aber irgendwann fragt einer nach. Irgendwann merkt einer, dass der Sportwagen nur geliehen ist. Irgendwann wird der Druck des Erdreiches am Hanggrundstück zu hoch und die schlecht gebaute Stützmauer bekommt Risse. Sie kann nicht halten, was sie verspricht.
Wenn der folgende Gedanke ab und zu dein eigener ist, dann ist dieses Buch für dich geschrieben.
„Was, wenn ich innen drin nicht halten kann, was ich äußerlich verspreche?“
Ich kenne diesen Gedanken.
Man sagt, der Mensch verliere zum Zeitpunkt des Todes 21 Gramm. 321 Gramm – das Gewicht der Seele. Meine Güte, ich muss sagen, das ist wenig! Wir sind seelische Leichtgewichte. Doch man kann kein großartiges Leben auf eine zu leichte Seele bauen.
Meine Mauer da draußen im Garten – ich sehe sie von dem Ort, an dem ich gerade schreibe – wird vor allem deshalb in 300 Jahren 4noch stehen, weil sie so schwer ist. Ihr Eigengewicht verleiht ihr diese Stabilität.
Dieses Buch will dir helfen, das Gewicht der Seele zu vergrößern.
Bevor ich beschreibe, wie das gehen soll, muss ich dir noch etwas sagen: Ich bin Pastor. Ich glaube an Gott. Nicht nur von Berufs wegen, sondern tatsächlich. Und darum gehe ich davon aus, dass Gott etwas mit dem Gewicht unserer Seele zu tun hat.
Genauer gesagt glaube ich, dass Jesus Christus etwas mit dem Gewicht unserer Seele zu tun hat.
Ich weiß nicht, ob du meinen Glauben teilst. Wenn nicht, bist du jetzt vielleicht drauf und dran, dieses Buch wieder wegzulegen. 5Doch solltest du dich entscheiden weiterzulesen … ich glaube, dann kann ich dir zusagen, dass du für dein Leben profitieren wirst, auch wenn du dem christlichen Glauben am Ende immer noch skeptisch gegenüberstehst.
Ich werde gleich in ein paar kurzen Sätzen erklären, was die Grundlage meines Glaubens und dieses Buches ist, aber dann werde ich auf den restlichen Seiten einfach so tun, als seien wir beide einer Meinung. Du entscheidest selbst, wie du mit dem umgehen willst, was du liest. Du wirst dabei ein paar Dinge über das Christentum lernen. Ein paar Dinge, die dir so bisher gar nicht bewusst waren. Und du wirst feststellen, wie direkt vieles, was Jesus tat und sagte, mit dem alltäglichen Leben eines Menschen im 21. Jahrhundert zu tun hat.
Also – zur Grundlage meines Glaubens und dieses Buches:
Ich glaube, dass diese Welt und das Leben seinen Ursprung in Gott hat. Ich glaube, dass stabiles und echtes Leben aus einer Beziehung zu diesem Gott entsteht. Und ich glaube, dass er in Jesus Christus Mensch wurde, um uns zu zeigen, wie er ist – um uns zu zeigen, wie Menschsein funktioniert – und um uns zu ermöglichen, tatsächlich so zu leben.
Darum ist Jesus Christus auf den nächsten 270 Seiten das Vorbild für alles, was dieses Buch beschreibt. Er ist quasi der Prototyp des Menschen.
Dieses Buch hat das Ziel, dir zu helfen, innere Stärke und Charakter zu entwickeln, und zwar einen Charakter, der dem von Jesus ähnlich ist.
Der dem von Jesus ähnlich ist!
Meine Überzeugung ist also: Ein Mensch mit einem von Jesus Christus geprägten Charakter ist ein Mensch, dessen Seele Gewicht hat und der innen hält, was er außen verspricht. Doch Charakter entwickelt sich nicht von selbst. Charakter muss geformt werden. N. T. Wright 6drückt es auf seine unnachahmlich kluge wie einfache Art so aus:
„Mit dem Charakter ist es wie mit einem lustigen Gesicht, das eine Kinder-Fleischwurst von vorne bis hinten durchzieht. Es ist nicht nur außen aufgedruckt. Wo man die Wurst auch anschneidet, immer kommt das Gesicht zum Vorschein. (…) Der menschliche ‚Charakter‘ ist in diesem Sinne das Denk- und Handlungsmuster, das jemanden durchdringt. Wo du eine Person mit Charakter auch ‚anschneidest‘, immer kommt dieselbe Person zum Vorschein. (…) Der Punkt, um den es geht, ist dieser: Ich weiß im Grunde gar nicht, wie die Wurst mit dem Gesicht hergestellt wird, doch eine Fleischwurst hat normalerweise kein lustiges Gesicht. Irgendjemand hat es erzeugt. So entstehen auch die Charakterstärken, auf denen Jesus und seine Nachfolger als den entscheidenden Zeichen eines gesunden christlichen Lebens bestehen, nicht automatisch. Man muss sie entwickeln.“ 7
Das klingt nach Arbeit. Steine schleppen. Doch es ist Arbeit, die sich lohnt. Denn ich kenne keine Persönlichkeit, die der des Jesus von Nazareth auch nur annähernd vergleichbar wäre, und ich bin überzeugt, dass es das Ziel menschlichen Lebens ist, ihm ähnlicher zu werden 8.
Noch etwas solltest du wissen. Ich bin Pastor, und zwar Pastor einer jungen Kirche, die sich zum Ziel gesetzt hat, den Glauben auf eine Art und Weise zu kommunizieren und zu leben, dass er für eine postmoderne und weitgehend „entkirchlichte“ Generation relevant wird. Ein Merkmal dieser Kirche ist zum Beispiel, dass die Gottesdienste der CityChurch 9(so heißt sie) in einem Multiplexkino stattfinden.
Vor einiger Zeit haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir den Leuten – und damit meinten wir auch uns selbst – helfen können, dass der Glaube wirklich im Alltag ankommt und tatsächlich das Leben verändert, Persönlichkeit entwickelt, Charakter prägt, der Seele Gewicht gibt. Was uns beim Überlegen geleitet hat, war die Überzeugung:
Es muss einfach sein.
Und es muss im normalen alltäglichen Leben stattfinden.
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