Fritsch sprach kein Wort Englisch und hatte noch nie ein Football-Ei gesehen. Die Gäste aus Texas fuhren mit ihm in den 19. Bezirk, denn dort standen noch einige Football-Tore, die US-Soldaten in den 1950er Jahren errichtet hatten. Fritsch trat den Ball über die Querstange und unterschrieb noch an Ort und Stelle einen Vertrag. Der Österreicher war erfreut und auch ein bisschen amüsiert darüber, dass man ihm gutes Geld zahlte, um – wie er sagte – „einen komischen Sport auszuüben“.
Doch er schlug sofort ein. Gleich im ersten Spiel der Saison 1971, gegen die St. Louis Cardinals, wurde Fritsch auf den Rasen geschickt, um ein Field Goal zu erzielen. Einer der Gegenspieler rief ihm zu: „Du versagst, Fritsch, du versagst!“, doch da er ihn ja nicht verstehen konnte, lief der Ex-Fußballer einfach an, trat den Ball durch die Stangen und erzielte damit die siegbringenden Punkte.
„Wembley-Toni“ (Nr. 16) gegen Ende seiner zweiten Karriere als Footballer. Hier kickt er für die Houston Oilers in einem Spiel gegen die Oakland Raiders.
Im folgenden Jahr wurde er der erste – und bisher einzige – Österreicher, der den Super Bowl gewann, den Titel in der NFL. Als Fritsch seine zweite Karriere 1985 beendete, waren ihm 157 Field Goals gelungen, darunter 13 am Stück in den Playoffs. Gil Brandt, der für die Personalentscheidungen der Cowboys verantwortlich war, sagte: „Von dem Tag, an dem er zu uns kam, war er einer der Jungs. Er hatte keine Ahnung von American Football, er wusste einfach nur, wie man einen Ball tritt.“
Fritsch ist nicht der einzige Super-Bowl-Sieger, der als Fußballer begonnen hat. (Der Amerikaner Matt Bahr spielte in der 2. US-Liga Soccer, bevor er mit den Pittsburgh Steelers und den New York Giants Erfolge feierte.) Aber er ist der einzige, der auch im Fußball wichtige Titel holte, denn er sammelte drei Meisterschaften und zwei Pokale in Österreich. Und so vergaß er nie den Sport, der ihn eigentlich bekannt gemacht hatte. Als er 2005 im Alter von nur 60 Jahren an einem Herzanfall starb, hatte er gerade seine Eintrittskarten für ein Champions-League-Spiel zwischen Rapid Wien und dem FC Bayern abgeholt.
Interessanterweise ist der Mann, dessen Leistungen in beiden Sportarten denen von Fritsch noch am nächsten kommen, ebenfalls ein Österreicher: Anton „Toni“ Linhart. Er bestritt in den 1960ern sechs Länderspiele für die Fußballnationalelf seines Landes und war später bei den Baltimore Colts in der NFL unter Vertrag. Zwei Jahre in Folge, 1975 und 1976, kamen die Colts in die Playoffs, schafften es aber nicht zum Super Bowl. In beiden Saisons wurde Linhart allerdings ins Pro-Bowl-Team gewählt (also zum All-Star-Spiel der NFL berufen), woran ersichtlich wird, dass er nicht nur ein großer Fußballer war, sondern auch ein richtig guter Footballer.
Trotzdem kennen manche Leute Linhart aus ganz anderen Gründen. Er spielte nämlich eine wichtige Rolle bei einem der skandalösesten Spiele auf britischem Boden. Es wurde am 8. Mai 1963 zwischen dem Gastgeber Schottland und Österreich in Glasgow ausgetragen und war ein Freundschaftsspiel. Allerdings nur auf dem Papier, muss man hinzufügen, ruft man sich ins Gedächtnis, was der Schotte Dave Mackay über die Partie berichtete: „Ich glaube, alles fing damit an, dass sie uns bespuckten. Die drehten wirklich durch, sie waren nicht mehr richtig im Kopf.“
Elf Minuten vor dem Ende führten die Schotten 4:1. Österreich spielte nur noch mit acht Mann, weil man einen seiner Akteure verletzt vom Platz getragen hatte und zwei andere des Feldes verwiesen worden waren. (Horst Nemec wegen Meckerei, Erich Hof für etwas, das die britische Presse eine „teuflische Grätsche in Hüfthöhe“ nannte.)
Glaubt man Mackay, dann sorgten sich die Schotten nicht um ihre Führung, sondern um ihren Anführer: „Wir versuchten, Denis Law zu beschützen, den sie wie einen Hasen hetzten.“ Der Österreicher, der ihn schließlich kriegte, war der Mann, der auch das einzige Tor der Mannschaft erzielt hatte: der zukünftige NFL-Star Linhart. In der 79. Minute senste er Law um, und als der Gefoulte vor lauter Schmerzen nicht sofort wieder aufstehen konnte, hatte Schiedsrichter Jim Finney genug gesehen. Er brach die Partie einfach ab. „Ich hatte das Gefühl, dass ich das tun musste, bevor jemand wirklich ernstlich verletzt wurde“, erklärte Finney anschließend. Vielleicht war Linhart tatsächlich gar nicht so schlecht beim American Football aufgehoben.
Wer hat die meisten Kopfballtore in einem Spiel erzielt?
Der beste, wenn auch etwas überraschende Kandidat auf diesen Titel ist ein großer, kräftiger Stürmer aus Brasilien, der auf den Namen João Ramos do Nascimento getauft war, den man aber nur als Dondinho kannte. Er spielte in den 1930er und 1940er Jahren für mehrere Klubs, darunter große Vereine wie Atlético Mineiro und Fluminense.
Warum ist es etwas überraschend, dass gerade dieser Spieler Anspruch auf einen Rekord erheben kann? Nun, wie sein Sohn später schrieb, entsprachen wuchtige Kopfbälle eigentlich nicht dem Naturell der Brasilianer: „Normalerweise hätte ein solcher Spieler aus England kommen müssen. Aber damals gab es in Brasilien einen Spieler, der einige tolle Kopfballtore machte. Er hieß Baltazar. Deswegen sagte jeder über meinen Vater, dass er der ,Baltazar vom Lande‘ wäre.“
Eine Mahlzeit bei den Nascimentos. Links Dondinho, in der Mitte der junge Pelé, dem von seiner Mutter, Dona Celeste, eine gute Portion serviert wird.
Der Sohn, der diese Zeilen verfasste, ist der Grund, weshalb sich noch heute viele Leute an Dondinho erinnern, obwohl er kein großer Star war. Er nannte seinen Sohn nämlich Edson Arantes do Nascimento – besser bekannt als Pelé. In dessen Autobiografie heißt es weiter: „Man sagte, dass Dondinho einmal fünf Tore in einem Spiel köpfte. Als ich später in meiner Karriere auf 1 Treffer kam, versuchten einige Reporter herauszufinden, ob diese Behauptung wahr war oder nicht. Und sie war es – die Journalisten vermeldeten, dass der einzige Torrekord, der nicht Pelé gehörte, von seinem Vater aufgestellt worden war!“
Ganz so eindeutig ist die Sache nicht. Es herrscht nämlich ein wenig Unklarheit darüber, bei welchem Spiel Dondinho sich in den Rekordbüchern verewigte. Victor Cunha, ein ehemaliger Präsident des Vereins Atlético Clube Três Corações, behauptet, dass es sich um eine Partie zwischen Atlético TC und Rio Vermelho gehandelt habe, die die Hausherren 6:1 gewannen. Doch die meisten Quellen – darunter zeitgenössische Publikationen und die Homepage von Pelés ehemaligem Klub Santos FC – verweisen auf ein Derby zwischen zwei Klubs aus der Stadt Itajubá: Yuracán FC gegen Smart Club am 5. August 1939. Dondinho spielte für Yuracán und steuerte zum 6:3-Sieg fünf Tore bei, alle per Kopf.
Einer der Augenzeugen war Dondinhos Mannschaftskollege Eloy Menezes, später bekannt als General Eloy Menezes – ein berühmter Reiter, der an drei Olympischen Spielen teilnahm und sogar Präsident des CNE wurde, des einflussreichen Nationalen Sportrates des Landes Brasilien.
Welcher Spieler hat den härtesten Schuss?
Читать дальше