manches bittre Leid erfahren
von der Liebe Glut.
Doch das Holz ist gar zu teuer,
und erlöschen will das Feuer,
Ma foi! und das ist gut.
Das bedenke, junge Schöne,
schicke fort die dumme Träne,
und den dummen Liebesharm.
Ist das Leben dir geblieben,
so vergiss das alte Lieben,
Ma foi! in meinem Arm.
76 Himmlisch wars, wenn ich bezwang
meine sündige Begier,
aber wenns mir nicht gelang,
hatt ich doch ein gross Pläsier.
77 Blamier mich nicht, mein schönes Kind,
und grüss mich nicht unter den Linden;
wenn wir nachher zu Hause sind,
wird sich schon alles finden.
78 Selten habt ihr mich verstanden,
selten auch verstand ich euch,
nur wenn wir im Kot uns fanden,
so verstanden wir uns gleich.
79 Doch die Kastraten klagten,
als ich meine Stimm erhob;
sie klagten und sie sagten:
Ich sänge viel zu grob.
Und lieblich erhoben sie alle
die kleinen Stimmelein,
die Trillerchen, wie Kristalle,
sie klangen so fein und rein.
Sie sangen von Liebessehnen,
von Lieb und Liebeserguss;
die Damen schwammen in Tränen,
bei solchem Kunstgenuss.
80 Auf den Wällen Salamancas
sind die Lüfte lind und labend;
dort, mit meiner holden Donna,
wandle ich am Sommerabend.
Um den schlanken Leib der Schönen
hab ich meinen Arm gebogen,
und mit selgem Finger fühl ich
ihres Busens stolzes Wogen.
Doch ein ängstliches Geflüster
zieht sich durch die Lindenbäume,
und der dunkle Mühlbach unten
murmelt böse, bange Träume.
„Ach Señora, Ahnung sagt mir:
Einst wird man mich relegieren,
und auf Salamancas Wällen
gehn wir nimmermehr spazieren.“
81 Kaum sahen wir uns, und an Augen und Stimme
merkt ich, dass du mir gewogen bist;
stand nicht dabei die Mutter, die schlimme,
ich glaube, wir hätten uns gleich geküsst.
Und morgen verlasse ich wieder das Städtchen,
und eile fort im alten Lauf;
dann lauert am Fenster mein blondes Mädchen,
und freundliche Grüsse werf ich hinauf.
82 Über die Berge steigt schon die Sonne,
die Lämmerherde läutet fern;
mein Liebchen, mein Lamm, meine Sonne und Wonne,
noch einmal säh ich dich gar zu gern!
Ich schaue hinauf, mit spähender Miene —
leb wohl, mein Kind, ich wandre von hier!
Vergebens! Es regt sich keine Gardine; —
sie liegt noch und schläft, und träumt von mir.
83 Zu Halle auf dem Markt,
da stehn zwei grosse Löwen.
Ei, du hallischer Löwentrotz,
wie hat man dich gezähmet!
Zu Halle auf dem Markt,
da steht ein grosser Riese.
Er hat ein Schwert und regt sich nicht,
er ist vor Schreck versteinert.
Zu Halle auf dem Markt,
da steht eine grosse Kirche.
Die Burschenschaft und die Landsmannschaft,
die haben dort Platz zum Beten.
84 Schöne, wirtschaftliche Dame,
Haus und Hof ist wohlbestellt,
wohlversorgt ist Stall und Keller,
wohlbeackert ist das Feld.
Jeder Winkel in dem Garten
ist gereutet und geputzt,
und das Stroh, das ausgedroschne,
wird für Betten noch benutzt.
Doch dein Herz und deine Lippen,
schöne Dame, liegen brach,
und zur Hälfte nur benutzet
ist dein trautes Schlafgemach.
85 Dämmernd liegt der Sommerabend
über Wald und grünen Wiesen;
goldner Mond, am blauen Himmel,
strahlt herunter, duftig labend.
An dem Bache zirpt die Grille,
und es regt sich in dem Wasser,
und der Wandrer hört ein Plätschern
und ein Atmen in der Stille.
Dorten, an dem Bach alleine,
badet sich die schöne Elfe;
Arm und Nacken, weiss und lieblich,
schimmern in dem Mondenscheine.
86 Nacht liegt auf den fremden Wegen,
krankes Herz und müde Glieder; —
ach, da fliesst wie stiller Segen,
süsser Mond, dein Licht hernieder.
Süsser Mond, mit deinen Strahlen
scheuchest du das nächtge Grauen;
es zerrinnen meine Qualen,
und die Augen übertauen.
87. Der Tod, das ist die kühle Nacht,
das Leben ist der schwüle Tag.
Es dunkelt schon, mich schläfert,
der Tag hat mich müd gemacht.
Über mein Bett erhebt sich ein Baum,
drin singt die junge Nachtigall;
sie singt von lauter Liebe,
ich hör es sogar im Traum.
88 „Sag, wo ist dein schönes Liebchen,
das du einst so schön besungen,
als die zaubermächtgen Flammen
wunderbar dein Herz durchdrungen?“
Jene Flammen sind erloschen,
und mein Herz ist kalt und trübe,
und dies Büchlein ist die Urne
mit der Asche meiner Liebe.
Die Nordsee
Erste Abteilung
Huldigung
Ihr Lieder! Ihr meine guten Lieder!
Auf! auf! und wappnet Euch!
Lasst die Trompeten klingen,
und hebt mir auf den Schild
dies junge Mädchen,
das jetzt mein ganzes Herz
beherrschen soll, als Königin.
Heil dir! du junge Königin!
Von der Sonne droben
reiss ich das strahlend rote Gold,
und webe draus ein Diadem
für dein geweihtes Haupt.
Von der flatternd blauseidnen Himmelsdecke,
worin die Nachtdiamanten blitzen,
schneid ich ein kostbar Stück,
und häng es dir, als Krönungsmantel,
um deine königliche Schulter.
Ich gebe dir einen Hofstaat
von steifgeputzten Sonetten,
stolzen Terzinen und höflichen Stanzen;
als Läufer diene dir mein Witz,
als Hofnarr meine Phantasie,
als Herold, die lachende Träne im Wappen,
diene dir mein Humor.
Aber ich selber, Königin,
ich kniee vor dir nieder,
und huldgend, auf rotem Sammetkissen,
überreiche ich dir
das bisschen Verstand,
das mir aus Mitleid noch gelassen hat
deine Vorgängerin im Reich.
Am blassen Meeresstrande
sass ich gedankenbekümmert und einsam.
Die Sonne neigte sich tiefer, und warf
glührote Streifen auf das Wasser,
und die weissen, weiten Wellen,
von der Flut gedrängt,
schäumten und rauschten näher und näher –
ein seltsam Geräusch, ein Flüstern und Pfeifen,
ein Lachen und Murmeln, Seufzen und Sausen;
dazwischen ein wiegenliedheimliches Singen –
mir war, als hört ich verschollne Sagen,
uralte, liebliche Märchen,
die ich einst, als Knabe,
von Nachbarskindern vernahm,
wenn wir am Sommerabend,
auf den Treppensteinen der Haustür,
zum stillen Erzählen niederkauerten,
mit kleinen, horchenden Herzen
und neugierklugen Augen; –
während die grossen Mädchen,
neben duftenden Blumentöpfen,
gegenüber am Fenster sassen,
Rosengesichter,
lächelnd und mondbeglänzt.
Die glühend rote Sonne steigt
hinab ins weit aufschauernde,
silbergraue Weltmeer;
Luftgebilde, rosig angehaucht,
wallen ihr nach; und gegenüber,
aus herbstlich dämmernden Wolkenschleiern,
ein traurig todblasses Antlitz,
bricht hervor der Mond,
und hinter ihm, Lichtfünkchen,
nebelweit, schimmern die Sterne.
Einst am Himmel, glänzten,
ehlich vereint,
Luna, die Göttin, und Sol, der Gott,
und es wimmelten um sie her die Sterne,
die kleinen, unschuldigen Kinder.
Doch böse Zungen zischelten Zwiespalt,
und es trennte sich feindlich
das hohe, leuchtende Ehpaar.
Jetzt am Tage, in einsamer Pracht,
ergeht sich dort oben der Sonnengott,
ob seiner Herrlichkeit
angebetet und vielbesungen
von stolzen, glückgehärteten Menschen.
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