Die Sonne hat den Nebel vertrieben, als die Detektive aus dem Eingang des Museums kommen.
„Boah. Hab ich einen Hunger!“ Moritz reibt seinen Bauch. „Wie wär’s mit ‚fish and chips‘?“, fragt Laura. „Wir fahren bis Marble Arch, kaufen uns was zu futtern und setzen uns damit in den Hyde Park.“
Moritz grinst. „Die Idee könnte von mir sein.“
„Hätte mir ja einer sagen können, dass in den roten Flaschen Essig ist“, mault Moritz. Statt Ketchup hat er sich Essig auf seine Pommes Frites gespritzt.
Alexander lacht. „Woher sollten wir das denn wissen? Mir wäre das genauso passiert.“ Auch die Mädchen lachen, als Moritz sich schüttelt. „Wir können ja tauschen“, knurrt er.
„Nein danke!“, rufen Laura und Marie wie aus einem Mund und laufen vor, um einen sonnigen Platz am Speaker’s Corner im Hyde Park zu suchen.
„Saskia hat recht“, sagt Marie, die immer noch über den Fall nachgrübelt. „Jeder kann den Erpresserbrief in ihrem Stil geschrieben haben, nachdem alles in der Zeitung stand. Trittbrettfahrer nennt man so was.“
„Bestimmt haben die Täter Fingerabdrücke auf dem Papier hinterlassen. Wenn die im Computer von Scotland Yard sind, werden die Erpresser geschnappt“, überlegt Laura laut. „Wir können wohl im Moment nichts tun.“
„Dann lasst uns doch mal in Ruhe auf dem Camden Lock Market stöbern“, wünscht Alexander sich. „Es gab da so tolle Sachen.“
Die anderen sind einverstanden.
„Vielleicht fällt uns noch irgendwas ein, wie wir Saskias Problem lösen können“, hofft Marie.
Diesmal fahren die Kinder mit der U-Bahn. Auf dem Camden Lock Market bummeln sie ein bisschen herum. Sie bleiben bei einem Zauberer stehen, der auf der Straße seine Kunststücke vorführt. Nach und nach kommen immer mehr Zuschauer und bilden einen Kreis um den Künstler. Während sie gebannt die Zaubertricks verfolgt, spürt Laura in ihrer Tasche das Handy vibrieren. Sie läuft zu einer freistehenden Mauer, weil sie in dem Gewimmel nichts verstehen kann. Aber es ist nur eine SMS mit Werbung. Sie setzt sich auf die Mauer, um ihrer Mutter eine SMS zu schicken. Ein Stück weiter sitzt ein strohblonder junger Mann mit buschigen schwarzen Augenbrauen. Er nimmt gerade sein Handy aus der Tasche und tippt etwas ein.
Der hat entweder seine Haare oder seine Augenbrauen gefärbt , denkt Laura. Irgendwie kommt er ihr bekannt vor. „This is Oliver“, hört sie den Blonden in sein Handy sprechen. Von dem, was dann folgt, kann sie sich nur die Wörter „Plan“, „Geld“ und „Sportwagen“ übersetzen. Sein Lachen erinnert Laura an jemanden, der das große Los gezogen hat.
Vielleicht ist er ein Schauspieler oder ein Popstar. Er hat einen Hit gelandet und sieht sich schon im Geld schwimmen , fantasiert sie und wagt noch einen kurzen Blick. Oliver … Oliver , überlegt sie und ärgert sich, dass ihr dazu nichts einfällt.
Plötzlich wirkt das Gesicht des Mannes grimmig und er spricht leiser.
Irgendwas stimmt mit ihm nicht . Laura denkt an einen Krimi, den sie gelesen hat. Ob er mit einem Komplizen einen Bankraub plant? Wenn sie nur mehr Englisch verstehen könnte!
Da durchfährt es sie wie ein Blitz. Ganz deutlich hört sie die Wörter „Brief“, „Tiere“ und „Zoo“. Könnte er der Erpresser sein? Nein, so einen Zufall gibt es nicht! Aber warum eigentlich nicht? Oder erzählt er nur von einem Film?
Laura sieht, wie der Blonde sein Handy neben sich auf die Mauer legt. Das bringt sie auf eine Idee. Jetzt heißt es schnell handeln.
Laura tippt eine SMS an Marie in ihr Handy. Knapp und klar gibt sie ihr Anweisungen.
Das wird Moritz wieder mal nicht passen , denkt sie. Hoffentlich macht er trotzdem mit!
Laura sieht, wie Marie auf die Jungen einredet. Dann nicken alle. Jeder weiß genau, was er zu tun hat.
Unauffällig beobachtet Laura den Blonden auf der Mauer. Er grinst zufrieden vor sich hin, während er sich eine Zigarette dreht.
Hoffentlich bleibt er noch sitzen , wünscht sie sich.
Dann sieht sie, wie Marie, Moritz und Alexander in ihre Richtung kommen. Moritz trinkt Cola aus einer Flasche.
„Gib mir auch was ab, du Saufbold!“, Marie versucht, ihm die Flasche wegzureißen.
Moritz knufft Marie. „He, was fällt dir ein! Du spinnst wohl!“
Während die beiden sich beschimpfen, kommen sie dem Blonden auf der Mauer immer näher.
„Los, gib mir jetzt die Flasche! Gleich ist nichts mehr drin!“, schreit Marie ihren Freund an und schubst ihn so kräftig, dass er stolpert und dem Verdächtigen genau gegen die Knie fällt. Dabei verschüttet er seine Cola über dessen Hose. Wütend und wild fluchend springt der Blonde auf.
Marie und Moritz gucken ihn erschrocken an. Moritz sagt immer wieder „sorry“ und Marie reicht dem Mann ihre Papiertaschentücher.
Alexander hat sich der Mauer inzwischen von der anderen Seite genähert. Dort liegt immer noch das Handy des Mannes, das dieser in der Aufregung nicht beachtet.
Alexander weiß, welche Taste er drücken muss. Schnell prägt er sich die Nummer ein, die auf dem Display erscheint. Dann verschwindet er um die Ecke und notiert sich die Zahlen.
Bald gelingt es Moritz und den Mädchen, ihrem Freund zu folgen.
An der Ecke treffen sie Alexander. Er reicht Laura einen Zettel. „Das ist die Nummer, die er zuletzt gewählt hat.“
„Danke, Lexi. Das hat ja super geklappt. Saskia muss nachher anrufen, unser Englisch reicht dafür nicht aus.“
„Und was sollte der ganze Quatsch nun?“, will Moritz wissen.
Laura erklärt den anderen, warum das Theater nötig war. Dabei lässt sie den Blonden nicht aus den Augen.
„Boah! Du meinst, dieser Oliver ist der Erpresser?“, fragt Moritz ungläubig.
Laura zuckt mit den Schultern. „Ich weiß, das wäre ein echter Zufall. Aber es ist unser einziger Anhaltspunkt. Vielleicht entpuppt er sich ja doch als berühmter Star, der einen tollen Hit gelandet hat. Auf jeden Fall kommt er mir bekannt vor. Da! Er geht weg. Wir müssen ihn beschatten.“
Das ist leichter gesagt als getan. Als Oliver sich durch das Gewimmel von Menschen zwängt, kommen die Detektive kaum mit.
„Zum Glück sind hier hellblonde Köpfe eher selten“, sagt Marie.
Wenige Minuten später fragt Laura: „He! Wo ist er denn jetzt?“
Keiner der vier weiß, wie das passieren konnte. Aber der Mann ist spurlos verschwunden.
Laura ärgert sich. „Wir sind ja tolle Detektive!“
Ratlos bummeln die Kinder über den Markt. Den Blonden finden sie nicht wieder.
Plötzlich bleibt Moritz stehen und sieht sich nach allen Seiten um. „Ach du Schreck! Jetzt haben wir auch noch Lexi verloren. Und ich hab sein Handy im Rucksack. Los! Wir müssen zurück und ihn suchen.“
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