Christoph Bauer
Die zwei seltsamen Tiere
Mit Zeichnungen des Verfassers
Liebe Oma
Meine erste Veröffentlichung widme ich, meiner Großmutter, die trotz oftmals schlechter Karten, nie den Kopf in den Sand gesteckt hat und sich aufgeopfert hat für die Menschen, die ihr wichtig waren. Ihre Sprüche und Weisheiten werden für immer einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen haben.
Ein ganz normaler Tag?
Es war sieben Uhr morgens und Tom hatte gerade mit verschlafener Miene den Wecker vom Nachtkästchen geschubst, als Mama die Tür öffnete.
Zum Glück kam sie immer erst nach dem Läuten des Weckers in sein Zimmer, um ihm das Gewand herzurichten. Womöglich hätte er anderenfalls im Halbschlaf noch ihren Kopf und nicht den Wecker erwischt, dachte Tom amüsiert.
Im nächsten Moment verschwand Mama hinter der dicken Flügeltür des großen, hölzernen Kleiderkastens. Und als sie dahinter wieder hervortauchte, legte sie mit einem breiten Lächeln Toms Lieblingshemd neben ihn auf das Bett.
Ein Lächeln, das es Tom jeden Morgen leicht machte, die Füße aus dem Bett zu bewegen und die Müdigkeit abzuschütteln. Eindeutig war es höchste Zeit aufzustehen.
Mama half ihm beim Anziehen der Hose. Passt wie angegossen, hatte die Verkäuferin damals gemeint. Doch enge Hosen hatte Tom nie leiden können. Wenn er zu Hause war, schlüpfte er daher meist in sein bequemes Hausgewand. Eine weite, schwarze Stoffhose und ein rotes Shirt mit einer grinsenden Katze darauf.
Den Rest schaffte er schon alleine. Dann ging er gut gelaunt hinaus in die Küche, wo Mama und Papa bereits auf ihn warteten.
„Du musst dich beeilen“, sagte Mama zu ihm, als Tom immer noch verträumt mit dem Strohhalm in seinem Kakao herumrührte. „Du bist schon spät dran.“
Als Tom endlich den letzten Bissen Butterbrot in seine Backen gehamstert hatte, schwang er sich auch schon ins Vorzimmer und schlüpfte in die dunkelblauen Schuhe mit Klettverschluss, die vom vielen Auf und Zu bald nicht mehr halten wollten.
Die Schultasche hatte er mittlerweile auch schon drei Jahre. Sie war aber noch zuverlässig und farbenfroh wie am ersten Tag.
Papa winkte ihm aus der Küche zu und Mama gab ihm einen dicken Kuss auf die Backe.
„Bis später, Tom. Und pass gut auf in der Schule!“
Zum Glück machte Frau Keppler ihrem Namen keine Ehre, denn sie war allzeit verständnisvoll, freundlich und hilfsbereit zu den Kindern. Tom mochte sie sehr und auch wenn Zahlen ihm gelegentlich Kopfzerbrechen bereiteten, war er bemüht aufmerksam zuzuhören und alles mitzumachen, was Frau Keppler vorrechnete.
Doch auch auf das Ende des Schultags freute er sich jetzt, als er auf die große Wanduhr sah.
In fünfzehn Minuten konnte er wieder heimgehen. Er war gespannt, was Mama heute auf den Tisch zauberte. Denn was es zu Mittag zu essen gab, wusste Tom meist erst, wenn der Duft ihm in die Nase zog.
Eilig radierte er noch das letzte Ergebnis der Rechnung weg, bei dem er sich um eins vertan hatte. Dann fegte er die Brösel des Radiergummis vom Tisch. Wenig später läutete es auch schon 12 Uhr.
In der Garderobe angekommen schlüpfte er aus seinen mittlerweile etwas abgetragenen Filzschlapfen und zog eilig die Schuhe an. Die fluffigen rosa Schlapfen seiner Klassenkameradin brachten Tom unweigerlich zum Schmunzeln. Sie sahen aus, als hätte das Mädchen rosa Häschen an ihren Füßen. Er konnte einfach nicht anders. „Na, ihr beiden“, fragte Tom, kniete sich nieder und streichelte über einen der rosa Schlapfen. Den Blick zu ihr hinauf gerichtet, funkelten seine Augen unschuldig, wie die eines Rehkitz. Dann stand er wieder auf. „Wie heißen denn die beiden?“ Eilig drehte er sich um und flüchtete, mit einem lauten Lachen, vor den ungläubigen Blicken seiner Schulkollegin, hinaus ins Freie.
Draußen vor der Schule dachte er wieder daran, wie gerne er ein Haustier hätte. Einen Hund vielleicht. Der Beste Freund des Menschen, hatte Großvater Tom damals erklärt. Großvater hatte früher auch einen Hund gehabt. Einen großen Bernhardiner. Und Tom hatte sich trotz seiner Größe nicht gefürchtet.
Doch Mama mochte Hunde nicht besonders. Sie meinte, Hunde seien sehr laut und würden nur Ärger machen.
Tom wusste auch, dass Mama als kleines Mädchen bereits Angst vor Hunden gehabt hatte. Warum, das wusste er allerdings nicht.
Papa versuchte gar nicht mit Mama darüber zu sprechen, denn auch er mochte Hunde nicht besonders. Auch wenn er sich nicht vor ihnen fürchtete.
Tom war wohl der Einzige, der sich ein Haustier sehnlich wünschte.
Nachdem Tom sich von seinen Freunden verabschiedet hatte, ging er alleine heim, vorbei am großen Spielplatz. Er musste heute alleine gehen, denn sein bester Freund Paul war nicht zur Schule gekommen.
Er habe leichtes Fieber, hatte Frau Keppler den Kindern erklärt.
Vergnügt fühlte Tom die Schwerelosigkeit, als er jetzt einen Abstecher auf den Spielplatz wagte und über den dicken Rindenmulch hüpfte. Als Tom vorbeiging an dem üppigen Gestrüpp ganz am Rand des Spielplatzes, blieb er abrupt stehen. Eindeutig hatte er auf der anderen Seite jemanden lachen gehört. Doch als er eben noch dorthin gesehen hatte, war niemand zu sehen gewesen. Er ging ein paar Schritte zurück und keiner war dort. Tom dachte, er habe sich verhört und wollte weitergehen, als er erneut ein freudiges Lachen hörte. Er streckte den Kopf nach vorne, sah nach links und rechts – aber niemand war zu sehen. Und als er nach unten vor seine Füße blickte, da standen plötzlich zwei seltsame kleine Wesen vor ihm.
„Gib mir jetzt den Ball“, sagte das eine zu dem anderen. „Ja, fang“, lachte das andere.
Tom sah die beiden einen kurzen Augenblick ungläubig an. Sie spielten dort gemeinsam und warfen einander einen winzigen Ball zu.
Dann drehten sie sich plötzlich zu Tom hin und kamen auf ihn zu.
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