Das Buch kommt eher bescheiden daher. Es will seine Leser schon von den einzigartigen Möglichkeiten dieses noch jungen Ansatzes überzeugen, aber ohne missionarischen Eifer, und es weist auch hinreichend und detailliert auf die Herausforderungen sowohl für diejenigen hin, die ihn als Berater anwenden, wie für die Managementteams, die ihn in Anspruch nehmen werden. So wird deutlich, dass es sich um eine anspruchsvolle Methode handelt, die bei den Organisations- und Unternehmensberatern, die sie anwenden, viel Grundlagenwissen und Erfahrung voraussetzt, und zwar mehr, als es auf den ersten Blick aussieht.
Gut herausgearbeitet sind auch die simultanen Möglichkeiten der Informationsgewinnung und -erzeugung durch Management Constellations sowie die sich gegenseitig befruchtenden Transformationen von Sprache zur Abbildung – und zurück – sowohl für eine sich verdichtende Hypothesenbildung als auch für die Umsetzung in konkrete Handlungsstrategien.
Theorie und Praxis gehen eine gute Verbindung ein. Im Vordergrund bleibt jedoch die Anwendung. Es wird erfreulich wenig spekuliert und die Praxis sehr lebendig und umfassend beschrieben. Die Leser bekommen jede Menge Denk- und Handlungsanregungen, und sicherlich wird auch dieses wie das erste Buch der Autoren (Rosselet, Senoner u. Lingg 2007) wieder Ausgangspunkt zu intensiven Diskursen und weiteren kreativen Entwicklungen sein. Richtungweisend und innovativ ist das Buch für Aufsteller auch dadurch, dass es zeigt, wie man sich mit dieser für die Managementwelt erst einmal gewöhnungsbedürftigen und anfangs oft befremdlichen Methode an deren Sprache und Erwartungen ankoppeln kann und wie sie gewinnbringend mit anderen Managementberatungs- und Großgruppenmethoden kombiniert und so noch wirkungsvoller und nachhaltiger werden kann.
Der Ansatz der Organisations- und Managementaufstellungen ist trotz bereits jahrelanger, oft erfolgreicher Praxis immer noch im Stadium des Sichentwickelns und meines Erachtens, was die mögliche Anwendungsbreite betrifft, in seiner Potenzialität bisher nur andeutungsweise erkannt und erprobt. Wie der Ansatz den Möglichkeitssinn in Organisationen und Unternehmen für erfolgreiche Managementprozesse zu entzünden in der Lage ist, so wünsche ich auch ihm selbst, dass sich seine Möglichkeiten immer mehr entfalten können. Dieses Buch könnte dazu beitragen, denn es ist für mich die zur Zeit beste Einführung nicht nur in die Arbeit mit Management Constellations, sondern auch mit Organisationsaufstellungen insgesamt. Deshalb verdient es eine breite Beachtung, und die wünsche ich ihm sehr.
In vielen Gärten der Welt blüht dieser Flieder schon.
Gunthard Weber Wiesloch, im Juli 2010
Zunächst gilt unser Dank Gunthard Weber als einem der großen Förderer der Organisationsaufstellung. Er ist unser lieber Freund und Mentor und hat unsere Arbeit in vielem unterstützt. Auch unseren Kunden gilt unser herzlicher Dank. Sie haben sich auf ein ungewohntes Experiment eingelassen, aus dem wir viel lernen durften. In Gesprächen und Workshops mit Henriette K. Lingg haben wir die Management Constellations entwickelt und in der Praxis erprobt. Unsere Erkenntnisse stützen sich auch auf das Wissen vieler Lehrer und Kollegen. Dazu gehören Guni Leila Baxa, Michael Blumenstein, Christine Essen, Siegfried Essen, Stefan Hausner, Albrecht Mahr, Peter Müller Egloff, Bernd Schmid, Gunther Schmidt, Sneh Viktoria Schnabel, Jakob und Sieglinde Schneider, Fritz B. Simon, Kuno Sohm, Gerhard Stey, Jan Jakob und Bibi Stam, Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd. Die beiden letzteren haben im Verlauf der 1990er Jahre eine Grammatik entwickelt, die für die Theoriebildung und die Lehre von großem Nutzen ist. Von ihnen ist einiges – bewusst und unbewusst – in unsere Praxis und in unser Buch eingeflossen. Einen speziellen Dank möchten wir an dieser Stelle auch Regula Heller Rosselet und Markus Pohlmann für die kritische Durchsicht des Manuskripts und die daraus entspringenden Ideen zu Verbesserungen in inhaltlicher und stilistischer Hinsicht aussprechen.
Claude Rosselet & Georg Senoner Männedorf und Bozen, im Januar 2010
Das 1993 erschienene Buch Zweierlei Glück von Gunthard Weber und die darauf folgenden Arbeitstagungen verliehen dem von Bert Hellinger entwickelten Verfahren des Familien-Stellens kräftigen Schwung: Die systemische Aufstellungsarbeit verbreitete sich rasch im gesamten deutschen Sprachraum und darüber hinaus vor allem in Lateinamerika, Osteuropa, Russland und Asien.
Im Jahr 1994 luden die Unternehmensberater Thomas Siefer und Michael Wingenfeld Bert Hellinger zu einem Seminar ein, in dem es darum ging, die Aufstellungsarbeit im Kontext von Organisationen anzuwenden. Das war der Anfang der »Organisationsaufstellung«. Bis heute blieb diesem Zweig der Aufstellungsarbeit allerdings der große Durchbruch vorenthalten. Und dies trotz intensiver Bemühungen der Vorreiter dieser Methode, insbesondere von Gunthard Weber, das Verfahren weltweit bekannt zu machen.
Es gibt jedoch Nischen, wo sich Manager für das Verfahren begeistern lassen und es in ihr Repertoire von Management-Tools integrieren. Voraussetzung ist ein stabiles Vertrauensverhältnis zu einem Berater, der die Aufstellungsarbeit nur einsetzt, wenn es zweckmäßig ist. Meistens wird dann die Methode mit anderen Interventionspraktiken verknüpft.
In der Betrachtung der Systemaufstellung in Managementkontexten bzw. der Organisationsaufstellung richtet sich dieses Buch denn auch an Manager und Berater, die beim »Hervorbringen von Zukunft« (Mandl 2006, S. 267 ff.) bewusst neue Wege beschreiten wollen, sei es, weil sie das Potenzial »ihrer« Organisation auf innovativere Weise erschließen wollen oder weil sie eingesehen haben, dass den rein vernunftgeleiteten Vorgehensweisen oft die mobilisierende Kraft fehlt.
Manager und Berater müssen immer wieder zur Kenntnis nehmen, dass vieles, was in Plänen steht, nicht umgesetzt wird – und dass sich dagegen anderes erfolgreich durchsetzt, was nie in Plänen festgeschrieben stand. Offenbar entzieht sich die Schnittstelle zwischen Planung und Umsetzung einer rein vernünftigen Handhabung. Besonders schmerzhaft wird dies spürbar, wenn es um radikale Veränderungen geht. Grundlegende Innovationen werden in den seltensten Fällen durch einen Businessplan angeregt. Die Triebkräfte für Innovation liegen zum größten Teil im stillschweigenden Wissen der Organisationen verborgen.
Rationalistischen Ansätzen der Entscheidungsfindung ist eines gemeinsam: Sie neigen zu Trivialisierung und verkürzter Sicht der Verhältnisse. Dabei werden folgende »Erfolgsfaktoren« unterbewertet oder systematisch ausgeblendet: Wünsche und Sehnsüchte, Intuition sowie die in der Praxis gehärtete Erfahrung. Gerade auf diesen Elementen aber baut Exzellenz auf. Allerdings wird Exzellenz auch immer wieder übersehen, weil sie nicht lärmend und angeberisch daherkommt, sondern sich in Disziplin übt. Sie führt im doppelten Wortsinn ein stilles Dasein .
Notwendige Voraussetzung für jede Erneuerung ist der unverstellte und anerkennende Blick, auf das was ist . So kommt eine vorschnelle Bewertung gar nicht erst auf. Erfolgt diese Sichtung dann noch mit der nötigen Genauigkeit und Sorgfalt, so zeigen sich jene Triebkräfte, die etwas zu dem gemacht haben, was es ist. Dadurch gewinnen die Dinge eine Plastizität, die es ermöglicht, nächste konsistente Schritte in eine Zukunft anzuschließen. Eben dies scheint uns das Geheimnis von Emergenz zu sein: eine Zukunft im Einklang mit der Herkunft.
Planung wird damit keineswegs unnütz. Alle Vorhaben mit Ressourcen auszustatten, die nicht in beliebigem Umfang bereit stehen, gehört zu den zentralen Aufgaben des Managements. Hier nun ist Rationalität sehr wohl gefragt. Sinnvoll wird Planung aber erst, wenn ein vitales Zukunftsbild geschaffen ist, das die Bedingungen der Möglichkeit integriert. Sonst wird nur platt die Vergangenheit in die Zukunft fortgeschrieben.
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