Nach dem langen, gewaltigen Echo der Stille, die auf die völlig unerwartete Sammlung wohlformulierter Sprüche und Floskeln folgte, legte Erik sein bescheidenstes und wohlwollendes Lächeln auf. Überzeugend und listig erklärte er ihnen, dass er ihnen nun seinen großen Traum darlegen wollte, der alle zu großem Nachdenken und Zufriedenheit anregen werde.
Er behandelte die Schar wie eine erfahrene Buttermagd, die mit neu geschlagener Butter hantierte, als läge in ihrem Tun ein Zauber, bevor sich schließlich alles in eine dichte, zusammenhängende Masse verwandelte. Und trieb auf diese Weise die letzten verbliebenen Tropfen der Flüssigkeit aus ihr hinaus.
Dann erzählte er ihnen von Drangar.
Von dem Ort auf der anderen Seite der Landzunge. Über das Zeichen der sieben verwitterten Klippen im Meer und über Drangar, das ein geschützter Anlegeplatz war. Er hatte die Vorzüge der Hänge und des Wasserfalls aufgezählt, der aus dem Felsen kam. Er zeigte ihnen mehrere Proben des Grases von verschiedenen Stellen, so dass selbst die letzten Zweifler mit offenem Mund staunend nachgeben mussten.
Torhal führte er als Zeugen an, dass sie gemeinsam mit Knechten von Schild-Bjarnes Hof mit dem Bau des ersten Tierstalls begonnen und eine Möglichkeit gefunden hätten, eine Schmiede zu errichten. Deshalb hätten er und Torhal die vielen Ausflüge um die Landspitze herum gemacht. Nach einer wohlüberlegten Denkpause, in der sich das Wasser im Mund wieder sammeln konnte, erinnerte er sie daran, dass jeder Mann durch seine Taten seine Abstammung zeige und durch seine Worte den Grundstock für das Tagewerk liefere und dass er aus dem Geschlecht von Torvald Asvaldsson abstamme.
Jeder konnte sehen, wie sich sein Mund bei diesem Wortschwall mit Wohlbehagen formte. Er gab zu verstehen, dass es kein Zufall sei, dass er es war, Erik, der entschlossen handele. Sie würden schon sehen, dass er Recht habe, und sie würde einsehen, dass keinem damit gedient sei, wenn ein Hof ohne Hausherr sei.
Hiernach erklärte er, es sei sein Wunsch, dass sie die Tagewerke aufteilten. Die Hälfte der Leute vom Hof sollte sich in den helleren Stunden mit dem Aufbau auf Drangar beschäftigen, während sich der Rest etwas ausdauernder um das Notwendige auf dem Hof kümmern sollte.
Auf die vielen Worte Eriks folgte Stille, durch die jedoch Erwartung hervorlugte. Seit langem hatten sie nicht solch einen Gesichtsausdruck gesehen, und nun sah es in ihrer Welt wieder freundlich aus.
Die Leute zögerten, auseinanderzugehen. Der außergewöhnliche Wortschwall hatte sich in ihnen ausgebreitet wie Wärme in einem Haus, das mehrere Feuerstellen hatte. Ihre Sorgenfalten waren verschwunden und sie hatten nun wieder etwas von dem Glanz in ihren Augen zurückbekommen.
Erik spürte den unausgesprochenen Wunsch der Menge nach ein paar zusätzlichen Worten und verwies auf die Chance, dass eine von vielen eifrigen Händen ausgeführte Tat vielleicht Thor besänftigen könnte. Er selbst habe versucht, mit Thor Zwiesprache zu halten, jedoch erfolglos. In dieser Hinsicht sei sein kranker Vater unübertroffen. Daher könnten sie damit rechnen, dass beim Anbrechen des Frühjahrs sein Vater, Torvald Asvaldsson, die Übersiedlung von der kleinen, schmalen Landzunge auf den Hof von Drangar anführen werde. Darauf könnten sie zählen.
Die Kraft von Eriks Worten durchschnitt die zähen Taue, die während des Winters alle zu einem dichten und übel riechenden Ballen verrottenden Strohs zusammengebunden hatten. Torvald würde von seiner Krankheit erlöst und Ulf würde eine Weile von seinen schwermütigen Gedanken befreit. Die Schafe würden von dem wenigen Gras gerettet.
Torvald hielt sich oft lange Zeit in seinem Haus auf und beschäftigte sich mit seinen kleinen Lederbeuteln. Das erste Mal seit Langem rief er Erik zu sich und sie flüsterten zusammen im Dunkeln, und als dann Torvald endlich wieder in das Tageslicht hinaustrat, geschah dies mit breiten Schultern und klaren Worten, die von Drangar handelten.
Sie sollten bald übersiedeln. Thor hatte ihm das gesagt.
Nach dieser Nachricht entwickelte sich auf der kleinen Landspitze geschäftiges Treiben. Das Verstauen aller Gegenstände passierte mit großem Eifer und unter lautem Getöse. Die Knorr wurde aus dem Verschlag geholt und zu Wasser gelassen, und die folgenden Tage waren mit täglichen Touren zu den sieben Klippen ausgefüllt. Der letzte Transport von der Landspitze geschah ungefähr zu der Zeit, als die Überreste des Treibeises den Fjord verließen.
Kaum waren die letzten Kisten und Tonnen in Drangar an Land verladen worden, teilte Erik mit, dass er abfahren wolle. Sein Vater nahm die Nachricht derart ruhig auf, dass sich alle sicher waren, dass er den Entschluss seines Sohnes bereits im Vorhinein kannte. Eriks Mund war in dieser Sache verschlossen gewesen, doch zwischen Vater und Sohn existierte eine Übereinkunft, dass der Aufbruch kommen musste.
Alle erinnerten sich daran, wie frühzeitig Torvald Eriks Abfahrt auf der schmalen Landzunge vorausgesagt hatte, aber in letzter Zeit hatte keiner mehr daran gedacht. Nun ging ein unhörbares, missmutiges Seufzen durch die Menge. Das Seufzen erreichte auch Torvald, erschütterte allerdings nicht dessen Ruhe. Er sprach zu den Leuten vom Hof in einer langsamen Schwere, so dass man glauben konnte, er hätte den ganzen Winter über daran geübt.
- Die schmale Landzunge war zu klein für Erik. Drangar wird es sicher auch werden. Er fährt, da er gerade jetzt spürt, dass das Glück ihm im Blut liegt, und weil der Rotbärtige ihm zuflüstert, dass Zeitpunkt und Wind günstig sind.
Erik hörte mit geschwellter Brust die schleppende Stimme seines Vaters und bemerkte den fahlen Blick unter den welken Brauen und wusste, dass er ihm zur Hilfe kommen musste.
- Der Platz ist für uns beide gewiss zu eng geworden. Das ist alles. Der Hof gehört dir, da ich all die Kraft und Fähigkeit, ihn zu betreiben, nicht besitze. Ich möchte es gerne erlernen, aber nicht hier.
Sein Vater schaute immer noch keinen an, noch nicht einmal Erik.
- Der Platz ist zu eng für zwei Sturköpfe. Darin hast du Recht. Aber es kann sicherlich Unterkunft für beide geschaffen werden. Es ist eher die Ungeduld mit deinem Vater, die dich fortgehen lässt, als mangelnder Platz, und wie wir den Winter über sehen konnten, hast du Lust, selbst zu bestimmen. In dieser Hinsicht kann ich stolz darauf sein, dass man daran deine Herkunft erkennt.
Erik spürte, wie die Worte in ihm widerhallten. Und er merkte, wie sich die folgenden Worte aus seinem Brustkorb drückten. Er tippelte unruhig mit den Füßen und nahm dann Anlauf.
- Es ist nicht meine Absicht, zu fliehen, so wie es wohl bei dir war. Ich möchte herausfinden, was die Ursache für deine Acht war, und dann werde ich auf meine eigene Weise damit abrechnen. Wenn ich zurückkehre, wird es sich zeigen, wie viel Platz in den Hütten in Drangar für Sturköpfe ist.
Torvald zog auf seine altbekannte Weise den Kopf zwischen die Schultern. Erik kannte diese Eigenart und wusste, wie gefährlich sie war. Er dachte, dass er vielleicht zu weit gegangen war.
- Halt die Klappe, Junge. Über Flucht weißt du nichts, und wenn du weiter an so etwas glaubst, wird es dir an Zuneigung und Erbe fehlen. Ich rettete dein Leben, damit du unsere Familie weiterführen sollst. So ist es!
Erik wich bereits bei den ersten Worten zurück, und er wusste nicht, woher seine folgenden Äußerungen kamen.
- Ich tue, was ich tue, und wenn Drangar ein wohlhabender Hof wird, passiert das nicht dank deiner Krankheit, und er wird niemals so wohlhabend werden wie derjenige Hof, den du in Jæren zurücklassen musstest. Das Erbe fiele unter allen Umständen sowieso klein aus.
In diesem Augenblick legte Ulf seine Hand auf den Schaft des Schwertes. Nun geschah das, worauf er einen Winter lang gewartet hatte, und er war bereit.
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