Bereits im August 1929 hatten die Besitzer das Team verkauft, zwei Monate später brach die New Yorker Börse zusammen, die Weltwirtschaftskrise begann. Da half den Senators auch nicht mehr, dass das neue Management es geschafft hatte, wieder mehr Zuschauer anzulocken. Am Ende der Saison 1929/30 hatte es 25.000 Dollar Verlust gemacht. Kurz darauf verkauften die Senators ihren Star-Spieler Frank „King“ Clancy zu den Maple Leafs sowie ihre drei aussichtsreichen Nachwuchstalente zum neuen Team nach Philadelphia. Jeweils für 35.000 Dollar, was sie eine Zeitlang über Wasser hielt, sportlich bedeutete das allerdings ihren Ruin. Die Senators landeten mit nur zehn Siegen aus 44 Spielen auf dem letzten Platz der Canadien Division.
In Philadelphia war die Freude indes groß. Ursprünglich sollten die kriselnden Pittsburgh Pirates nach Atlantic City verkauft werden, doch der Deal platzte, also ging es nach Philadelphia, fortan nannte sich das Team Quakers und spielte in einer für NHL-Verhältnisse eher kleinen Halle mit nur 6000 Plätzen. Als Trainer verpflichteten die Quakers nicht etwa einen erfahrenen Mann, sondern Cooper Smeaton, der zwar durchaus Bezug zum Profi-Eishockey hatte, allerdings nicht als Coach, sondern als bisheriger Chef der NHL-Schiedsrichter. Trotz der drei neuen Talente aus Ottawa waren die Quakers in ihrer Premierensaison noch schlechter, als es die Pirates in ihrer letzten gewesen waren. Aus den sehr übersichtlichen fünf Siegen aus 44 Spielen wurden vier. Der letzte Platz in der American Divison überraschte niemanden. Schnell war auch das Publikum ernüchtert, zwischendurch lockten die Philadelphia Arrows aus einer der vielen Minor Leagues mehr Zuschauer an als die Quakers aus der großen NHL.
Auch Toronto braucht eine neue Halle
Im September 1931 trafen sich die Ligabosse zu ihrem alljährlichen Meeting in New York, um vor allem über die Probleme der beiden Tabellenletzten zu sprechen. Doch es gab weder Käufer vor Ort noch welche in anderen Städten noch sonstige Lösungen. Lediglich für die berühmten Senators gab es eine Idee: Sie sollten für 300.000 Dollar an jemanden verkauft werden, der sie als zweites Team nach Chicago verfrachten wollte, was die Besitzer der Black Hawks allerdings ablehnten, weil sie keine Konkurrenz in der eigenen Stadt wollten. Am Ende des Treffens hatte die NHL nur noch acht Teams. Die Quakers wurden abgewickelt, die Senators setzten aus.
Die Probleme waren damit aber längst nicht gelöst. Finanzielle Sorgen gab es auch bei den Detroit Cougars. Und selbst die Toronto Maple Leafs mit ihrer aufregenden Mannschaft um Starverteidiger „King“ Clancy und den Stürmern Jackson Busher und Charlie Conacher konnten kaum die Kosten decken. Schuld war ihre Halle. Während die Teams aus Montréal, Boston, Detroit, New York und Chicago in den Jahren zuvor neue große Hallen bekommen hatten, spielten die Leafs noch immer in der kleinen und wenig komfortablen Mutual Street Arena für maximal 7500 Zuschauer.
Also war mal wieder Conn Smythe gefragt, der es sich mitten in der Wirtschaftskrise zur Aufgabe gemacht hatte, 1,5 Millionen Dollar einzusammeln, um eine prächtige Halle zu bauen. Toronto war in den Jahren zuvor eine Boomtown geworden. Zahlreiche neue Hochhäuser entstanden, zudem das größte Hotel des britischen Empires sowie ein neuer Hauptbahnhof. Doch der Börsencrash hatte alles geändert. Monatelang rannte Smythe quer durch die Stadt, sprach mit Bankern, Industriellen, Medienvertretern und sonstigen einflussreichen Menschen. Doch wo er auch hinkam, überall begegneten ihm Skepsis und Ablehnung.
In Zeiten, in denen die Regierung knapp 100 Millionen Dollar investierte, um Jobs zu schaffen, war niemand bereit, Geld für die neue Halle eines privaten Eishockey-Vereins auszugeben. Für zahlreiche Menschen im Land hatte sich das Leben durch die Krise binnen weniger Monate schlagartig verändert, Millionen waren arbeitslos geworden, für sie ging es schlicht darum, etwas zu essen auf dem Tisch zu haben. Nicht wenige schafften das nur, indem sie sich bei den vielen Armenspeisungen in die Schlange stellten.
Der entscheidende Mann eines der wichtigsten Franchises der NHL: Conn Smythe rettete die Maple Leafs.
Smythe ließ dennoch nicht locker. Er war schon immer ein Mann der verrückten Ideen gewesen. Abwehrchef „King“ Clancy hatte er vor Jahren nur aus Ottawa zu den Maple Leafs locken können, weil er sein Geld in Sportwetten investiert und gewonnen hatte. Nun sollte der nächste Schritt für die Leafs auf dem Weg an die NHL-Spitze klappen: der Bau der neuen Halle. Dafür tat er alles und konnte im Frühjahr 1931 trotz aller Probleme erste Erfolge verzeichnen.
Als er mehrere Hunderttausend Dollar zusammenhatte, gründete er die Maple Leafs Gardens Ltd., wohl wissend, dass ihm noch mehrere Hunderttausend Dollar fehlen. Also hatte er erneut eine Idee und verkaufte 70.000 Anteilsscheine zu je zehn Dollar. Weitere 35.000 Anteile gab er mit unbestimmtem Wert heraus. Zugleich verpflichtete Smythe seinen Assistenten Frank Selke, nach dem heute die Trophäe für den besten Defensiv-Stürmer benannt ist, sowie Kapitän Ace Bailey zur Mithilfe. Die beiden mussten sich ans Telefon hängen und die Dauerkartenbesitzer abtelefonieren.
Einige Wochen später waren zwar sämtliche Anteilsscheine verkauft, trotzdem reichte es noch nicht, das ganze Projekt drohte zu platzen. Da kam Smythe auf die nächste Idee. Und diese Idee sorgte schließlich dafür, dass eine der legendärsten Arenen der NHL-Geschichte gebaut werden konnte. Die Bauarbeiter sollten auf 20 Prozent ihres Lohns verzichten und diese in Anteilsscheinen bekommen. Smythe war allerdings klug genug, nicht selbst mit ihnen zu verhandeln, er schickte Selke vor, der als gelernter Elektriker und geschätzter Arbeitgeber in der Stadt einen Draht zur Gewerkschaft hatte. Am Ende willigten die Arbeitervertreter ein, weil sie froh waren, dass es für viele ihrer durch die Krise arbeitslos gewordenen Gewerkschaftsmitglieder überhaupt etwas zu tun gab. Die Halle konnte nach den Plänen der prominenten Architekten Ross und Macdonald aus Montréal gebaut werden.
Am 31. Mai 1931 begannen die Abbrucharbeiten des vorherigen Gebäudes, nach nur fünf Monaten waren die 1300 Arbeiter gar komplett fertig. Und noch besser für Smythe: Durch die wegen der Weltwirtschaftskrise immer weiter fallenden Preise für Baumaterialien sparte er 30 Prozent der veranschlagten Baukosten. Einen Tag vor der neuen Saison, am 11. November, war der Maple Leafs Garden fertig. Die Besucher schwärmten von der Architektur, die an eine Kathedrale erinnern würde. Bis heute gilt Smythe deswegen als genialer Strippenzieher und Vater der Maple Leafs. „Conn Smythe hat eine Arena gebaut in einer Zeit, in der es kein Geld gab, um eine Arena zu bauen. Und er baute sie in fünf Monaten, das ist unglaublich. Aber er war einfach dieser stolze Charakter, er war unaufhaltsam“, sagt Ken Dryden, der ehemalige Canadiens-Goalie, der nach seiner aktiven Karriere zahlreiche Bücher über Eishockey und die Gesellschaft schrieb und für die liberale Partei in die Politik ging.
Zum Eröffnungsspiel des Gardens gegen die Black Hawks waren die Straßen rund um die Halle schon Stunden vor dem Spiel verstopft. Drinnen waren schließlich mehr als 12.500 Zuschauer, darunter auch sämtliche Bauarbeiter und die Prominenz der Stadt. Auf den teuren Plätzen „waren genügend Seidenhüte zu sehen, um alle Hochzeiten von jetzt bis Ende Juni auszustatten“, schrieb die Zeitung „Mail“. Und auch wenn das Spiel gegen Chicago mit 1:2 verloren ging, feierten die Maple Leafs am Ende der Saison ihren ersten Stanley Cup. Im Finale gegen die New York Rangers, die Smythe einst entlassen hatten, weswegen er sie wie kein anderes Team hasste. Spätestes jetzt war er endgültig eine Legende in Toronto.
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