Sie schweigt kurz, doch ich weiß … besser gesagt, ich hoffe, dass sie es versteht.
Simone schließt zu mir auf, während wir zum Vorplatz hinuntergehen, und ich unterweise sie in allem, was sie nach meinem Dafürhalten noch tun muss.
Wir stoßen nun auf einen jungen Mann – es muss Mike sein –, der vornübergebeugt neben Carl kniet und weint. Er richtet sich nicht auf und dreht sich auch nicht zu uns um, als wir hinter ihm durch das Tor kommen. Anscheinend vereinnahmt ihn seine Trauer für den Moment einfach zu stark, als dass er Erklärungen für seinen Verlust verlangen will, und darüber bin ich ehrlich gesagt ganz froh, denn schließlich habe ich momentan keine Zeit für Fragen oder Antworten. Deshalb gehe ich einfach weiter zum Haus hinauf und dann links vorbei nach hinten, wo unsere Krankenstation steht.
Das Gebäude war einmal ein recht großer Gartenschuppen, doch wir haben ihn umgebaut und einen Notfalloperationsraum eingerichtet, um niemanden mit Verletzungen oder Wunden in eines der Häuser bringen zu müssen. Glücklicherweise mussten wir ihn noch nicht allzu häufig in Anspruch nehmen.
Mittendrin steht ein stabiler Tisch mit einer Metallplatte und breiten Haltegurten, um Arme und Beine festzuzurren, falls mal ein besonders schmerzhafter Eingriff erforderlich ist, oder wie im jetzigen Fall zur Abwechslung jemand angebunden werden muss, der gebissen wurde. Außerdem kann man eine Kopfhalterung an dem Tisch festmachen. Diese umschließt den gesamten Schädel, sodass dieser nicht seitlich bewegt werden kann. Ein Stirnband fixiert ihn auf der Platte, und ein Knebel aus Holz bietet Beißwütigen Einhalt. Darüber hinaus haben wir anständige Metallschränke für die Dinge, die man im medizinischen Bereich nun mal so braucht. Wände und Boden wurden von mir selbst gefliest, um sie leichter sauber machen zu können, denn ein herkömmlicher Holzschuppen wäre nach der ersten aufwendigeren Operation mit starken Blutverlusten des Patienten unbenutzbar geworden. Ich erinnere mich gern daran zurück, wie ich ihn gebaut habe.
Ich wünsche mir zwar, dass die Zeit wieder langsamer vergehen würde, doch bis auf Weiteres wird wohl keiner meiner Wünsche in Erfüllung gehen. Wenigstens konnte ich meine Familie noch wohlbehalten nach Hause bringen. Ich habe mich fast nackt auf den Tisch gelegt, und jetzt legt mir Simone die Fesseln an. Ihre Tränen fallen dabei auf meinen Körper – ein Tröpfchen hier, eins dort. Meine Kinder kommen jetzt einzeln zu mir, drücken mir die Hand und lassen mich wissen, dass sie mich lieb haben. Ich kann ihnen aber weder meinen Kopf zuwenden noch ihnen erklären, was ich gerade genau fühle, sondern nur die Lampe über mir sehen, verschwommen wegen meiner Tränen.
Greg, Jessica und Lilly kommen nicht herein, was ich ihnen nicht verübeln kann, denn ich selbst würde, glaube ich, auch fernbleiben, wenn ich könnte. Simone küsst das Band an meiner Stirn und verharrt kurz, sodass ich ihren Atem in meinem Haar spüren kann. Zuletzt nimmt auch sie meine Hand und drückt fest zu. Dann höre ich, wie sie neben mir Platz nimmt.
»Ich liebe dich, Eddie. Ich werde bis zum Ende bei dir bleiben.«
Ich kann nicht antworten, denn meine Gedanken verlieren langsam ihren Zusammenhang, als das Fieber einsetzt.
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